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"Kannst Du mir da einen Rat geben?" Das ist eine oft gestellte Frage – und wohl die allermeisten von uns lassen sich nicht lange bitten. Nun hat das "Rat geben" allerdings gewisse Tücken, denn es ist nicht so einfach. Ein Rat beinhaltet eine Empfehlung – sonst eigentlich nichts. Dabei kommt es auch auf die Sichtweise des Ratgebenden an: "Ich würde, wäre das mein Problem, so und so handeln ..." Hier wird also nur eine andere Sicht der Dinge erklärt. Der Ratsuchende kann die von anderen Personen genannten Lösungen abwägen, die jedoch nur aufzeigen, wie andere mit diesem oder jenem Problem umgehen würden.
Man kann auch direkt fragen: "Was würdest du tun, wärst du an meiner Stelle?" Das wäre eine Möglichkeit und ist auch ziemlich einfach ... in der Theorie. Denn erstens einmal will nicht jeder, der mit einem Problem kommt und um Rat fragt, einfach nur eine Meinung oder verbale Hilfe. Gar nicht so selten soll man sich weit über das Sprechen hinaus einbringen – der Rat an sich spielt keine so große Rolle. Hier ist es sinnvoll nachzufragen, was nun eigentlich wirklich gewünscht wird: tätige Hilfe oder tatsächlich einfach das Auseinandersetzen mit einem Problem. Dann kann entschieden werden, was man für den anderen tun kann oder vielleicht auch will.
Wie aber viele Ratsuchende bestätigen können, gibt es auch den umgekehrten Fall. Da ist die nette Person, die über alles eine Meinung hat und vieles weiß, und die man deshalb auch gerne fragt, wie man ein Problem lösen könnte. Auf taube Ohren stößt man zwar nicht – es gibt da allerdings einen Haken, denn der nette Berater schießt nun ebenfalls über das Ziel hinaus und ist tödlich beleidigt, wenn nicht genau das getan wird, was er/sie vorgeschlagen hat. "Ich helfe dir, aber du tust dann auch genau das, was ich sage!" Dieser mit Sicherheit nette Mensch hat da etwas missverstanden – denn, was er für richtig hält oder für ihn auch durchaus richtig wäre, ist es für andere nicht zwingend.
Probleme sind meist nur scheinbar gleich – die Umstände machen es für jeden anders. Wer also aus Gründen der Selbstbestätigung seine Lösungen anderen aufzwingen will, bietet keine wirkliche Hilfe. Man muss sich einlassen können und flexibel sein, will man sich mit Dingen auseinandersetzen, die andere belasten. Was für uns einfach scheint, türmt sich vor dem Freund vielleicht wie ein Gebirge auf ... und umgekehrt. Wer wirklich mit gutem Rat zur Seite stehen will, muss sich Zeit nehmen, die Sache von mehr als einem Standpunkt aus betrachten, sowie vor allem objektiv bleiben.
Hat man Pech, stößt man genau auf diese Ratsuchenden, die einem ohne große Anstrengung die Nerven blank legen. Da gibt es zum Beispiel diejenigen, die zwar fragen, aber längst wissen, was sie tun werden und eigentlich nur bestätigt werden wollen. Tut man das nicht, werden sie sogar streitlustig – sie verteidigen ihre vorgefasste Meinung bis aufs Blut. Wieso sie dann überhaupt einen Rat suchen, ist ein Miraculum. Wahrscheinlich ist es ihre Weise, sich damit auseinanderzusetzen. Das tut allerdings nur ihnen einigermaßen gut.
Der schlimmstmögliche Fall ist der Jammerer: Dieser Typ bringt es fertig, seinen Mitmenschen stundenlang immer wieder darzulegen, wie schlecht es ihm geht – zum Beispiel in seiner Beziehung. "Was soll ich nur tun, ich bin total am Ende ..." ist der Refrain des Liedes, das die Zuhörer von allem abhält, was sie selber tun wollten. Dann, nach Stunden, in denen sich die engagierten Freunde wirklich eingebracht haben, auf einen Teil ihres Nachtschlafes verzichtet und mit rotgeränderten Augen immer neue Vorschläge machen, steht das bejammernswerte Opfer dann auf, um sich in die Arme der/des Liebsten zu werfen ... bis zum nächsten Streit. Das ist kein Hilfesuchen, das ist dreiste Ausbeutung freundlicher Menschen und sollte auf jeden Fall nicht begünstigt werden. Solche Zeitgenossen sind daran zu erkennen, dass die Ratschläge nicht zu ihnen durchdringen, da sie mit dem Wiederholen des Refrains beschäftigt sind.
Ein wirklich Ratsuchender wird aufmerksam zuhören und auf das Gesagte eingehen – ebenso wie ein guter Ratgeber. Guter Rat ist also nicht teuer, er kostet Engagement und natürlich etwas Zeit – aber einfach ist er nicht.
© "Was soll ich nur tun? Ist guter Rat wirklich teuer?": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010. Illustration: Thomas Alwin Müller, littleART.
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