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Zu meinen Kindheitserinnerungen gehört der Gang zum Wochenmarkt, an der Hand meiner Großmutter. Nachdem Gemüse und Obst eingekauft waren, ging es unfehlbar zum Blumenstand. Dort kaufte Oma die Blumen der Saison, um die Schnittblumen daheim in einer Vase zu arrangieren.
Natürlich ging das nicht so einfach, denn das musste mit der notwendigen Sorgfalt und sehr akkurat vor sich gehen. Da schnitt der Großvater mit einem scharfen Messer die Stängel ein wenig angeschrägt zurecht. Das sollte dafür sorgen, dass die Schnittblumen länger frisch blieb, wie mir versichert wurde. Dann wurden die Osterglocken, Tulpen oder auch der Flieder in eine passende Vase gestellt und hatten nur diese einzige Aufgabe des Schönseins. – Bis sie dann welkten und weggeworfen wurden. Meist war das am Samstagmorgen der Fall.
Blumen auf der Anrichte, das war ganz einfach notwendig für ein anständiges Ambiente damals. Großmutter hatte keine besonders glückliche Hand für das Arrangement, und Großvater ging es vor allem um Exaktheit. Da musste jeder Stängel gleich lang sein, sonst wäre es ja unordentlich gewesen. Aber auf jeden Fall war es wichtig, dass sie da waren.
Mir taten sie ein wenig leid, die schönen Blumen. Obwohl ich bei jedem der sehr häufigen Waldspaziergänge ebenfalls abpflückte, was mir in die Finger kam. Die kleinen, sehr gut gemischten Sträußchen blieben dann meist an irgendeinem Rastort liegen oder wurden unterwegs fallengelassen. Als ich ein wenig älter geworden war, passte ich besser auf und stellte meine Ausbeute in kleine Gläschen mit Wasser. Gänseblümchen waren es meist, weil ich die besonders liebte.
Heute sind die meisten kleinen Blumenläden verschwunden. Sträuße gibt es beim Discounter für sehr wenig Geld und man kann schnell einen Verlegenheitsstrauß zum Grillgut und den Brötchen in den Einkaufswagen packen, weil man dringend ein Mitbringsel braucht. Die hübschen kleinen Gebinde sind nicht unbedingt ungefährlich, da sie oft über längere Strecken reisen müssen und dabei einigermaßen frisch bleiben sollen. Sie haben ihr spezielles, chemisches Make-up, damit der niedrige Preis sich überhaupt rechnet. Pestizide sind eine mögliche Zutat, ebenso wie Aufhübscher aus der Sprühdüse. Aber das nur am Rande.
Mit den Jahren sah ich Blumen und Blüten mit völlig anderen Augen. Eine Vase mit lebendigen Sträußen hat es nie mehr gegeben. Weder kaufe ich Schnittblumen noch verschenke ich sie. Wenn ich den Anblick von Blumen genießen will, gehe ich aus der Haustüre und bewundere die angelegten Rabatten im Städtchen. Der Wald und die Wiesen sind wahre Bilderbücher, voll mit den herrlichsten Pflanzen.
Wozu sollte man etwas in die Wohnung stellen, das sofort nach dem Pflücken oder Schneiden anfängt zu sterben? Man kann sie berühren, die Nase verwöhnen mit dem Duft und sich ganz einfach daran freuen, dass es solche kleinen Wunder gibt. – Und wenn man weitergeht, leben sie weiter bis ihr natürliches Ende gekommen ist.
Wenn Kräuter geschnitten werden, ist das eine völlig andere Sache. Sie dienen der Ernährung oder auch dem Wohlbefinden und werden nicht einfach zum Welken irgendwo auf einen Tisch gestellt. Für Gemüse oder Obst gilt dasselbe, denn niemand stellt sich einen Blumenkohl zur Zierde auf den Esstisch.
Aber die vielen Wild- und Gartenblumen, die auch für die Insekten so wichtig sind, die sollte man doch da belassen, wo sie sind: im Garten auf der Wiese. Da gehören sie hin und erfreuen kann man sich auf jeden Fall an ihnen.
Da gibt es schöne Alternativen aus Stoffen oder besonderem Papier, denn es muss und soll ja kein Kunststoff sein. Wer gerne florale Dekorationen hat, kann ja darauf zurückgreifen. Das Echte wächst zu unser aller Freude draußen auf den Wiesen und im Wald – man muss nur hingehen. Das sollte man sowieso so oft wie möglich tun.
© "Machen Sie keinen guten Schnitt: Blumen sind lebendig. Warum man keine Schnittblumen kaufen sollte": Textbeitrag von Eleonore Radtberger, 05/2019. Beide Abbildungen: Winfried Brumma (Pressenet). Die Abbildung unten zeigt den Buchsgarten zu Weihenstephan im Jahr 2013.
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