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Die Menschen der Wiederaufbaugeneration in Wien der 1950er-Jahre haben nur einen Wunsch: Sie wollen aus den Trümmern nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine neue Zukunft aufbauen. Die männliche Hauptfigur, ein Heimkehrer, konnte seine Ausbildung nicht beenden, weil er nach Kriegsende wegen seines nationalsozialistischen Engagements der Universität verwiesen wurde. Nur mit Hilfe von Beziehungen schafft er es in den Staatsdienst und gründet eine Familie. Traumatische Kriegserfahrungen belasten ihn, aber er verdrängt sie, denn die Beseitigung der materiellen Not ist vorrangig.
Sein Leben wendet sich zum Besseren, als ihm ein Karrieresprung gelingt. In der neuen Position kommt er zu Ansehen und Geld. Alles scheint wunderbar gelungen, bis er die Bekanntschaft eines verurteilten und frühzeitig entlassenen Kriegsverbrechers macht. Von Jugend an mit Nazi-Ideologie indoktriniert, lebt seine alte Gesinnung wieder auf, und er lässt sich auf eine enge Freundschaft ein. Seine Frau ist nicht einverstanden mit der Gesellschaft, in der sich ihr Mann bewegt und weigert sich, an einschlägigen Treffen teilzunehmen. Es kommt zu heftigen Auseinandersetzungen, die ihr gemeinsames Leben in Frage stellen.
"Rattenfest" beschreibt das Lebensgefühl einer Generation, die ihr zerstörtes Land wiederaufbaute. Der Roman ist gleichzeitig eine Bestandsaufnahme des Alltäglichen. Werte werden wieder in Erinnerung gerufen, die inzwischen fast verblassten: Bescheidenheit und Hilfsbereitschaft, Solidarität und Schulterschluss. Aber auch die Kehrseiten werden aufgezeigt: Negieren der Vergangenheit, engstirnige Moral und gewaltsame Erziehungsmethoden.
Ratten ziehen sich wie ein roter Faden durch die Handlung. Als Tiere und Menschen sind sie immer wieder anzutreffen. Sie vermehren sich und sterben nicht aus, sind intelligente und kreative Überlebenskünstler. Aber sie gelten auch als hinterhältig, feige und verschlagen.
Buchempfehlung: Der lesenswerte Roman von Linda Woess ist als Taschenbuch (376 Seiten) sowie als E-Book im Handel erhältlich.
Ihr Lachen war immer intensiv und ansteckend, und wenn sie im Beisein ihrer Enkelin einen ihrer schallenden Heiterkeitsausbrüche hatte, dann konnte sich das Kind dem nicht entziehen. Beiden liefen die Tränen in Bächen die Wangen hinunter, wenn sie etwas erheiterte. Sie mussten sich dann rasch auf den nächsten Stuhl setzen, weil das Lachen ihre Muskeln so weich machte, dass sie keine Kraft mehr hatten, aufrecht zu stehen. Sie bogen sich buchstäblich vor Lachen, und das Kind rannte oft auch schnell auf die Toilette, sonst hätte es in die Hose gepinkelt. Das passierte auch einmal tatsächlich, als die Klaviersaite riss.
Pengg!!! Ein lauter Knall durchriss die Stille. Ein Schuss? Sie sprang auf und rannte zum Fenster, das auf den Hof ging und blickte unruhig um sich. Das Kind war sehr erschrocken, blieb aber sitzen. Es konnte nicht mehr aufstehen, weil es sich in der Sekunde des Knalls in die Hosen gemacht hatte. Dann fing das Mädchen zu lachen an. Aus Verlegenheit und aus Scham, um zu kaschieren, dass es ihre Hose und wahrscheinlich auch den Polstersessel nass gemacht hatte. Ihre Großmutter sah sie an, wusste nicht, worum es ging, lachte aber sofort mit.
Das Lachen der beiden wurde stärker. Sie konnten nicht mehr sprechen und lachten immer weiter. Die Lachsalven regten ihren Kreislauf an, steigerten den Blutdruck und pumpten reichlich Sauerstoff in ihr Blut, sodass sie rote Wangen bekamen. Ihre Gesichtsmuskeln spannten sich, ihr Bauch zuckte auf und nieder, Zwerchfell und Stimmbänder vibrierten. Sie lachten und lachten. Ihre Augenbrauen hoben sich, und die Nasenlöcher weiteten sich. Sie zogen die Mundwinkel nach oben und verengten ihre Augen zu schmalen Schlitzen. Das laute Gelächter der Beiden erzeugte schätzungsweise fünfhundert Schallschwingungen pro Sekunde. Das Kind lehnte sich zurück, denn seine Beinmuskeln erschlafften. Die Blasenmuskulatur entspannte sich und plötzlich wurde ihm bewusst, dass es sich nochmals, und diesmal vor Lachen, in die Hose pinkelte.
"Joi ischtenem (Mein Gott)! Lachen ist gesund!", stöhnte die Großmutter und trocknete ihre Lachtränen. Sie wirkte rundherum glücklich und entspannt. Ihr Lachen hatte jede Menge Glückshormone ausgeschüttet. Dieses Mal nicht, aber oft regte das heftige Lachen ihre Verdauung an, verringerte ihre Rücken- und Kopfschmerzen und half sogar gegen ihre gelegentliche Schlaflosigkeit. Lachen war wie Magie und wirkte auf die Beiden erregend und berauschend. Es war ihre beste Kommunikation, bei der sie sich ohne Worte verständigten. ...
Buchtipp: "Rattenfest", ein Roman von Linda Woess, ist eine Zeitreise in die 1950er-Jahre. Bisherige Rezensenten bescheinigen der Autorin einen flüssigen Schreibstil. Zudem sorgt die Handlung, in der die authentisch wirkenden Hauptfiguren sehr gut eingebettet sind, für eine außergewöhnlich unterhaltsame Lesezeit.
Linda Woess, die sich als sprachgewaltige Autorin mit sehr viel Einfühlungsvermögen und Humor etabliert hat, kommt aus Wien und arbeitete als Kommunikatorin nicht nur in Österreich, sondern auch in Belgien, Deutschland, Italien und der Schweiz. Zur Jahrtausendwende kehrte sie nach Wien zurück und beschäftigte sich vorwiegend mit Themen aus den Bereichen Wirtschaft und Technik.
2006 entstand ihr Sachbuch "Der österreichische Glücksfaktor: Analysen und Perspektiven zur mentalen Standortsicherung". Anschließend widmete Woess sich dem Schreiben von Romanen, die von ungewöhnlichen Ereignissen und spannenden Beziehungen handeln. Als Selfpublisherin veröffentlichte sie bisher drei Romane: In "Verführt im Netz" geht es um Liebesbetrug im Internet. "Der grausame Abschied" behandelt die tabuisierten Themen Liebe und Loslassen, während "Rattenfest" vom Wiederaufbau einer Familie in den Jahren nach den Zweiten Weltkrieg erzählt.
Das Autorinnenprofil von Linda Woess bei Amazon hält Sie über Neuigkeiten auf dem Laufenden.
© "Eine Zeitreise in das Wien der 1950er-Jahre": Buchempfehlung zu "Rattenfest", mit Texten der Autorin Linda Woess, sowie Zitaten aus Kundenrezensionen (Amazon), 04/2018.
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