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Der berühmte Schauspieler Lars Andraschko saß gemütlich in seinem luxuriösen Haus in einem Nobelviertel Hamburgs und sah sich von dem Krimidreiteiler "Nachts in Hamburg" die letzte Folge an, in der er den Drogen-Dealer Sven König spielte. Gegen Ende der dritten Folge sollte er verhaftet werden.
Alles lief bestens, seine Karriere brummte, und er war mit Mitte 40 im besten Mannesalter. Schwarze Locken mit einzelnen grauen Strähnchen umrahmten sein gut geschnittenes Gesicht und an seiner Figur war nichts auszusetzen. Er tat auch viel für sein Aussehen, denn das war seiner Karriere förderlich. So konnte man ihn manches Mal durch den nahe gelegenen Park joggen sehen und in seinem eigenen Fitness-Studio, das sich in seinem Haus befand, trainierte er regelmäßig. Die Mädchen und Frauen schwärmten für ihn. In seinen Filmrollen spielte er immer den "Guten", den Saubermann; er spielte in Serien Pfarrer, Ärzte, gute Ehemänner und Väter und er stand immer auf der Seite der Gesetze, auf der richtigen Seite. Es war sein Wunsch, auch mal den Bösewicht zu spielen. Das erklärte er immer spitzbübisch grinsend, wenn er ein Mikrofon und eine Kamera vor seiner Nase hatte und interviewt wurde. Nun hatte das endlich geklappt mit der Rolle des Drogendealers.
Zwei seiner inzwischen drei Ehen waren schon gescheitert und Joana, seine jetzige, dritte Ehefrau war vor kurzem ausgezogen, mitsamt ihrem gemeinsamen dreimonatigen Söhnchen. Dabei hatten sie immer betont, wie sehr sie sich liebten. Ihre jeweiligen Scheidungsanwälte waren vollauf damit beschäftigt, diese Scheidungen in die Länge zu ziehen. Ein großer Teil seines Vermögens war bei seinen beiden vorhergehenden Scheidungen draufgegangen, denn seine beiden Ex-Frauen, Hiltrud und Maja, verlangten einiges von seinem Vermögen. Zwei Söhne und zwei Töchter hatte er mit seinen beiden Ex-Frauen, und für seine Kinder musste er Unterhalt löhnen. Allen seinen drei Frauen war zu eigen, dass sie sehr viel jünger waren als er.
Nur gut, dass es beruflich bei ihm so gut lief. Hollywood habe sich auch schon bei ihm gemeldet, erklärte er in seinem letzten Interview. Ob das stimmte, wusste niemand, aber schaden konnte es nicht, wenn sich deutsche Filmemacher um ihn reißen sollten – was ihm auch mit dieser Äußerung gelungen war. Dabei wurden die ihm zugesandten Drehbücher immer schlechter – seine besten Filme hatte er schon lange hinter sich. Und "Nachts in Hamburg" war auch nicht gerade das Gelbe vom Ei. Er hatte sich schon seine Gedanken darüber gemacht, wie er seinen Lebensstandard halten wollte, wenn die dritte teure Scheidung über die Bühne gehen sollte, und ihre jeweiligen Rechtsanwälte wollten ja schließlich auch noch etwas haben für ihre Dienste.
Von seiner neuen Freundin Sabrina wusste noch niemand etwas; was ihn verwunderte, denn er hatte kein Privatleben. Die Regenbogenpresse stürzte sich auf ihn, woran er teilweise selbst schuld war. Eine Zeitlang hatte es seiner Eitelkeit nur zu sehr geschmeichelt, wenn er in sämtlichen Zeitschriften stand – zumeist mit einer schönen Frau an seiner Seite. Alles um ihn und seine Person wurde in der Öffentlichkeit gnadenlos breitgetreten. Inzwischen ödete es ihn nicht nur an, es störte ihn; immer gut aussehen und gute Laune haben ging langsam über seine Kräfte. Er wollte seine Ruhe haben, und es kostete ihn viel, immer ein freundliches Gesicht zu machen. Immer mehr wurde ihm bewusst, dass ihn die Leute, besonders die Frauen, nie als Menschen ansahen, sondern nur als den berühmten, gut aussehenden Schauspieler. Ob er auch daran dachte, dass es mal ein Ende haben könnte mit seiner Karriere? Wahrscheinlich nicht.
Sabrina – jung, schlank, rothaarig, sehr attraktiv, sehr teuer und nicht sehr erfolgreich – war vor einiger Zeit in sein Leben getreten. Schließlich lagen seine Ausgaben über seinen Einnahmen. Er hatte sich schon lange eine andere Einnahmemöglichkeit gesucht – und es wäre ihm nur recht, wenn ihn die Leute in Ruhe lassen würden. Es war der Fluch des Ruhmes.
Immer wieder überfielen ihn zu Recht düstere Ahnungen, aber er konnte nicht mehr zurück, und Sabrina konnte er nicht bei sich halten, wenn er ihr nicht den Luxus bot und ihre Forderungen nicht erfüllte. Inzwischen wusste er, dass sie ihn nicht liebte. Und als er dachte, dass die Öffentlichkeit nichts von Sabrina wusste, war sie ohne sein Wissen vor eine Kamera getreten und hatte alles über ihr und sein Privatleben preisgegeben – was dieser Beziehung nicht so guttat. Lars musste schließlich öffentlich zugeben, dass er "etwas" mit Sabrina hatte; er machte gute Miene zum bösen Spiel. Sie allerdings betrachtete ihn als "Sprungbrett" für ihre eigene Karriere als Schauspielerin. Sie erhoffte von ihm den Sprung ins Filmgeschäft.
Wenn er sich auf der Straße oder in Läden zeigte, wurde er von den Leuten, besonders von Frauen, angesprochen. Zu Beginn seiner Karriere baten sie ihn um ein Autogramm; jetzt wollten die meisten ein Selfie mit ihm, was er ihnen zwar eine Zeitlang gerne gewährte, ihm aber mit der Zeit lästig wurde.
Gerade erfolgte seine Verhaftung auf dem Bildschirm, als es an der Tür klingelte. Unmut stieg in ihm hoch; wer störte ihn da jetzt? Er betätigte den Türsprecher. Die Polizei stand vor der Tür und verlangte Einlass. Er hatte so eine Ahnung, was sie von ihm wollten.
"Herr Andraschko, aufmachen, wir müssen Sie festnehmen wegen Drogenhandels. Sie sind eindeutig überführt."
Es stimmte und Lars wurde blass. Er hatte es schon lange geahnt, dass sie ihm einmal auf die Schliche kommen würden. Flüchten nützte ihm nichts, denn das war nur ein Eingeständnis seiner Schuld. Mal abgesehen davon hätte er nirgends hinkönnen – so bekannt, wie er war. Kleinlaut ließ er die Polizisten eintreten und während er im letzten Teil des Dreiteilers verhaftet wurde, wurde er gleichzeitig im Privatleben auch verhaftet – beidesmal wegen Drogenhandels.
Seine Karriere war wohl beendet. Sabrina hatte sich von ihm getrennt, aber wenigstens hatte er noch einmal für Schlagzeilen gesorgt, wenn auch für negative.
© Der Geschichte "Das Leben des Schauspielers Lars Andraschko" soll eine wahre Begebenheit zugrunde liegen; die Namen der handelnden Personen wurden von der Autorin Ulla Schmid erfunden; 06/2019. Bildnachweis: "Gitter am Abend" von Winfried Brumma (Pressenet).
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