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England, im Jahre 1086: Kaum zwanzig Jahre nach der normannischen Eroberung sind die Gräben zwischen der alteingesessenen Bevölkerung und den neuen Herren immer noch tief. Sire Geoffrey hat als Vertreter des normannischen Adels eine Angelsächsin geheiratet und führt ein grausames Regiment. Sein Sohn Roger sehnt sich nach der Anerkennung durch den Vater, wird aber von ihm gedemütigt.
Hoffnung findet Roger in seiner Beziehung zu Gwennaol, dem bretonischen Mädchen. Doch je besser die beiden sich kennenlernen, umso mehr gerät Roger in ein tödliches Spiel, das nicht nur das Leben seiner Familie bedroht, sondern auch seine Liebe zu Gwennaol auf eine harte Probe stellt.
Der historische Roman "Das bretonische Mädchen" wurde als broschierte Ausgabe im Mai 2019 im Fehnland-Verlag veröffentlicht. Der 406 Seiten starke Roman von Birgit Constant um "Starke Frauen des Mittelalters" ist auch als E-Book erhältlich.
Sire Geoffrey stützte sich mit beiden Händen auf den Tisch, erhob sich und ließ den Blick in der großen Halle schweifen. Mit lauter Stimme verkündete er: "Für die Ermordung eines Normannen kennen die Gesetze König Williams nur eine gerechte Strafe. Wir werden das Urteil bei der nächsten Gerichtsversammlung in zwei Wochen fällen." Er drehte sich zur Seite, um den Raum zu verlassen.
"Es tut mir leid, dass ich ihm nicht helfen konnte", murmelte Roger und ließ den Kopf hängen.
Sein Vater hielt inne und brummte. "Du hast versagt."
Rogers Puls begann, in seinen Schläfen zu hämmern. Nein, habe ich nicht. Das hat Mutter auch gesagt. Er hob den Kopf. "Ich habe mein Bestes versucht, um ihn zu retten."
"Das war nicht gut genug."
"Nicht gut genug?" Roger war, als würde sein wallendes Blut die frische Wunde von innen zum Platzen bringen. "Bjarni hat mir die ganze Wange aufgeschlitzt. Ich bin blutüberströmt weitergerannt, aber es war zu spät. Was hätte ich denn noch tun sollen?"
"William hätte keinen Moment gezögert, um dich zu retten."
"Ich habe nicht gezögert!", rief Roger. William hätte gerade so lange gewartet, wie ich noch am Leben gewesen wäre, bevor er eingegriffen hätte. "Seht mich doch an! Würde ich so aussehen, wenn ich gezögert hätte?"
Sein Vater betrachtete ihn. "Ich sehe einen Sohn, der meine Anordnungen missachtet und auf den ich mich nicht verlassen kann."
Roger stampfte auf und zeigte mit der offenen Hand auf den dicken Verband auf seiner rechten Wange. "Ich habe versucht, William zu retten", brüllte er. "Mein Gesicht ist deswegen für immer entstellt. Mein ganzes Leben lang wird mich die Narbe an diesen Tag erinnern. Und ihr tut, als hätte ich bloß dagestanden? Als wäre nichts gewesen?"
Sire Geoffreys Gesicht blieb regungslos. "Du lebst. William ist tot."
Die Unterredung war beendet. Sire Geoffrey drehte sich weg und marschierte zum Ausgang. Hugues de Borre, der aufmerksam das Gespräch beobachtet hatte, hob den Kopf sichtlich zufrieden, als er an Roger vorbeiging, um dem Gutsherrn zu folgen. Die anderen Gefolgsleute schlossen sich wortlos an.
Roger stand schwer atmend und mit halb geöffnetem Mund da und sah dem Zug nach.
"Wordwringa!" Er schlug mit voller Wucht mit beiden Fäusten auf den Tisch, als würde es helfen, die Tränen des Zorns zu unterdrücken, die ihm in die Augen stiegen.
Eine dunkle Stimme ließ ihn herumfahren. "Es ist nicht deine Schuld."
Roger blickte in das zerfurchte, sonnengebräunte Gesicht von Oswulf, dem angelsächsischen Fechtmeister. Die moosgrünen Augen unter den buschigen Brauen hatten etwas Unergründliches und strahlten dennoch mehr Wärme aus, als Roger je bei seinem eigenen Vater entdeckt hatte. Oswulfs stattlicher Schnurrbart verdeckte größtenteils seinen Mund, so dass man nie genau wusste, ob er gut oder schlecht gelaunt war. Allerdings änderte sich an seiner Stimmung ohnehin wenig. Im Gegensatz zu Roger, dessen Launen so schnell umschlagen konnte wie das Wetter im April, vereinten sich in Oswulf die Ausgeglichenheit, Reife und Erhabenheit eines lebenserfahrenen Kämpfers, wofür er von seinen Landsmännern bewundert und von den Normannen respektiert wurde.
Oswulf machte eine kurze Kopfbewegung zum Ausgang hin. "Komm!" Er schritt voraus und winkte mit einem knappen Fingerzeig den anderen Knappen. Roger schloss seinen Mund und folgte Oswulf, dessen Gang trotz seiner fast vierzig Jahre noch erstaunlich leichtfüßig und gleichzeitig raumgreifend war. Oswulf galt nicht umsonst immer noch als der beste Fechtmeister Englands – und der unerbittlichste. ...
Lieben Sie das Mittelalter? Wie die spannende Geschichte um Roger und Oswulf weitergeht, lesen Sie im historischen Roman von Birgit Constant.
© Für die Verwendung der Textauswahl aus "Das bretonische Mädchen" und des Coverbildes sagen wir der Autorin Birgit Constant und dem Fehnland-Verlag herzlichen Dank, 05/2019.
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