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Eine der schillerndsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts war der selbsternannte Magier Aleister Crowley. Eigentlich hieß er Edward Alexander Crowley, wurde 1875 in Großbritannien geboren und versuchte sich zeitlebens in vielen Dingen. So erzielte er beachtliche Erfolge als Bergsteiger, einem Sport, den er sehr schätzte. Außerdem war Crowley Buchautor, Verleger, Okkultist sowie Mystiker und Dichter.
Er schuf mit einer Künstlerin, der Malerin Lady Frieda Harris, ein vom ästhetischen Standpunkt aus wunderschönes Tarotdeck, das noch heute eines der meistbenutzten ist. Die Symbolik des Tarot variierte Crowley allerdings sehr stark und veränderte insbesondere das System der Hofkarten.
Crowley war der Sohn streng religiöser Eltern, die das tägliche Studium der Bibel als unerlässlich ansahen. Der junge Crowley wurde, nach seinen eigenen Schilderungen, von Folter und Schmerzen ebenso angezogen wie von Blut, jedenfalls was Schilderungen solcher Dinge betraf. Sie erregten ihn, auch die Vorstellungen von sich selber als Opfer, ungemein. Nach seiner magischen "Erweckung" trieb ihn sein unstetes Leben um – er war Mitglied des berühmten "Golden Dawn-Ordens" und kam mit den Ideen der Rosenkreuzer in Berührung. Aleister Crowley war auch tatsächlich einmal Mitglied einer Freimaurerloge – allerdings einer, die nicht anerkannt war.
Was ihn so besonders machte, den Magier von eigenen Gnaden, muss vor dem Hintergrund seiner Zeit gesehen werden. Seine Auffassung zu Sexualität und anderen Dingen waren eine Unerhörtheit, machten ihn jedoch zu einer Berühmtheit, die zwar von der Masse als abstoßend, aber eben doch als unwiderstehlich interessant empfunden wurde. In Zeiten der bürgerlichen Moral waren Crowleys "Exzesse" skandalös, der Nimbus des Bösen war unausweichlich. Polygamie und homosexuelle Neigungen waren zwar durchaus nicht selten – aber eben mit einem strengen Tabu belegt. Crowley brach sozusagen die Siegel, und tat was er tat in der, vielleicht aber auch für die Öffentlichkeit. Er suchte verzweifelt nach Zugang zu den verschiedenen Mysterien – jedenfalls zu denen, die in seiner Zeit in Mode waren (einige davon, wie zum Beispiel die jüdische Kabbala, haben auch heute noch großen Stellenwert und auch Anhänger).
Um tiefer in die Materie einzudringen, begann Crowley mit Drogen zu experimentieren. Er hielt zeitlebens den Drogenkonsum für ein probates Mittel, ja mehr noch: für eine Lebensanschauung, was er in seinem Buch "Diary of a Drug Fiend" ("Tagebuch eines Drogennarren") bekundete, obgleich er auch auf die Gefahren hinwies. Er war übrigens bis zu seinem Tod im Jahre 1947 heroinabhängig. Im Laufe der Zeit trieb sein Hang zur Selbstdarstellung sonderbare Blüten, so begann er sich in Hinblick auf die biblische Zahl des Bösen "666" als "Großes Tier" zu bezeichnen. Er glaubte eine Affinität zu dieser Zahl zu haben und sah sie als bindend für sein Schicksal an.
Es heißt, dass Aleister Crowley Tieropfer als durchaus angebracht für gewisse Zeremonien ansah, was ihm den Ruf eines Satanisten einbrachte, das er allerdings zeitlebens nie bestätigte und das wahrscheinlich auch nicht den Tatsachen entsprach. Die "Church of Satan" sieht Crowley nicht als Satanisten und auch nicht als Vorläufer für die Bewegung. Es gibt allerdings verschiedene Gruppierungen, die sich auf Crowley beziehen, so wie Ende der 1960er-Jahre die Gruppe um den Massenmörder Charles Manson.
Die Wirkung Aleister Crowleys ist abhängig von dem Hintergrund seiner Epoche. Heute würde man ihn vielleicht völlig anders sehen. Ein junger Mann mit stark erkennbarer Vorliebe zu Praktiken des BDSM und mit homophilen Neigungen ist nichts Ungewöhnliches mehr. Seit der sexuellen Revolution regt sich niemand mehr über Polygamie und Promiskuität auf. Die Vorliebe für magische Lehren oder morbide Zirkel ist längst gesellschaftsfähig. Davon ausgenommen ist das Töten von Tieren zu rituellen Zwecken, diese widerliche und lebensverachtende Praktik ist geächtet. Rauschgiftsucht ist ebenfalls tägliche Realität. Es würde Aleister Crowley heutzutage schwerfallen, sich so zu profilieren, wie er es zu seiner Zeit konnte. Wahrscheinlich würde man ihn als Spinner betrachten, vielleicht als exotischen Außenseiter mit Unterhaltungswert, von denen es sehr viele gibt.
Die Frage ist, wieso Crowley in manchen Kreisen noch heute als großer Magier und Wegbereiter gesehen wird, denn er hat in den Augen vieler nichts weiter getan als Folien für seine Besessenheiten und Vorlieben zu schaffen. Als Weiser oder gar als Magier kann er nicht gelten, denn jeder Missbrauch von Rauschmitteln verschließt die Türen, anstatt sie zu öffnen. Wahrscheinlich würde die Masse ihn kaum wahrnehmen – es sei denn, sein Hang zur Pose hätte ihn in die Musik- oder Filmszene verschlagen. Dort finden sich weitaus seltsamere Charaktere und er hätte wohl Schwierigkeiten damit, eine große Anhängerschaft um sich zu versammeln. Die Konkurrenz ist groß – anders als zu seiner Zeit.
© "Aleister Crowley: Das Große Tier": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Bildnachweis: Magier in der Nacht, CC0 (Public Domain Lizenz).
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