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Sie versteht sehr viel von der Heilkunst und sie ist eigentlich auch ziemlich hübsch, wenn man genau hinsieht. Außerordentlich talentiert ist sie auch, mit ihr kommt so schnell keine Langeweile auf. Außerdem: Freigiebig kann sie durchaus auch genannt werden.
Von wem die Rede ist? Von des Deutschen liebstem Unkraut soll hier gesprochen werden, denn die gemeine Brennnessel (Urtica dioica) wird in den schön gepflegten Gärten so mancher Hobbybotaniker und Schrebergärtner als der "Staatsfeind Nr. 1" betrachtet. Völlig zu Unrecht natürlich, wie sich seit der Revolution in Sachen Natürlichkeit herausgestellt hat.
Vielleicht nimmt man der Brennnessel heute noch übel, dass sie über eine äußerst wirksame Waffe gegen Fressfeinde verfügt – denn ihr Nesselgift trifft auch Spaziergänger und vor allem natürlich Leute mit grünem Daumen und Kinder. Anzutreffen ist sie überall, die unauffällige Schöne, denn sie ist nicht übermäßig anspruchsvoll. Was sie so alles kann, außer Fans von abgezirkelten Gartenanlagen außer Fassung zu bringen, ist schon erstaunlich. Sie ist essbar, und daran erinnern sich die Menschen vor allem in Notzeiten, wenn anderes Gemüse nicht zu haben oder anzubauen ist.
Brennnesselgemüse aus den jungen Trieben ist reich an Magnesium, Kalzium und Silizium sowie an den Vitaminen A und C. Sie hat einen hohen Eisen- und auch Eiweißgehalt, kann also als Teil einer gesunden Ernährung angesehen werden. Ihr leicht säuerlicher Geschmack ist auch den meisten Menschen angenehm. Außerdem wird sie gerne in Tees verwendet, da sie bei mancherlei Beschwerden hilft, unter anderem bei Harnwegserkrankungen oder Gicht. Auch hat sie einen positiven Effekt auf Rheuma und auf das Blutbild. Sie kann den Bluthochdruck beeinflussen und ist moderat bei Nieren- oder Magenschwäche. Je nach Anwendung ist sie bei Durchfall und Verstopfung hilfreich und kann sogar bei Diabetes die Therapie unterstützen.
Gehackte Brennnesseln werden auch dem Tierfutter beigemischt, zum Beispiel für Hühner oder Schweine. Die gehaltvolle Pflanze ist praktisch eine Art Kraftfutter und vor allem in der Aufzucht wichtig. Dieses geschmähte Talentwunder kann aber noch viel mehr – man kann Stoffe aus Brennnesseln herstellen. Der Nesselstoff – auch das "Leinen der Armen" genannt – wurde in Zeiten hergestellt, in denen Baumwolle oder Flachs knapp waren, und in Kriegszeiten wurden Stoffe für die Armee gefertigt.
Nesselblätter wurden in der alten Zeit auch benutzt, um etwas frisch zu halten: Man wickelte Butter oder andere leicht verderbliche Nahrungsmittel in sie ein, denn einige ihrer Bestandteile wirken antibakteriell. Die Wenigsten wissen, dass man mit dieser Pflanze auch färben kann. Je nachdem, wie man den Sud herstellt, verleiht sie Stoffen ein schönes Gelb oder auch ein tiefes Graugrün. In früheren Zeiten hat man sie wohl sehr viel höher geschätzt als heute, obwohl sie langsam wieder zu Ehren kommt.
Neben ihren vielen Eigenschaften, die uns Menschen zugutekommen, ist die Brennnessel auch unverzichtbar für etwa fünfzig Schmetterlingsarten. Das Sprichwort "Die faulsten Gärtner haben die schönsten Schmetterlinge im Garten" kommt nicht von ungefähr. Viele Gärtner haben sich schon längst wieder besonnen und lassen der Pflanze eine Ecke, in der sie den Schmetterlingen als Weide dienen kann. Aus der Brennnessel lässt sich zudem ein Sud brauen, der ein guter Schutz gegen Schädlinge ist – bei Pflanzen angewendet kräftigt er diese und erhöht ihre Widerstandskraft. Das ist zwar mit ein wenig Arbeit verbunden, aber praktisch kostenlos und biologisch gesehen völlig einwandfrei.
Ab der Zeit um 1960 wurde auf jeder noch so kleinen Tulpenparzelle fröhlich Chemie verspritzt, ob das nun notwendig war oder nicht. Das Bewusstsein hat sich nun dahingehend geschärft, dass ein Garten etwas Lebendiges ist und nicht so ordentlich sein muss wie ein Operationssaal. Wer so etwas mag, sollte sein Verhältnis zur Natur vielleicht überdenken. Auf jeden Fall zeigt sich die freigiebige Pflanze sehr dankbar, wenn man ihr ein Plätzchen zugesteht. Sie hat ja auch sehr viel zu bieten.
© Textbeitrag "Aus dem Kräutergarten: Urtica dioica": Winfried Brumma (Pressenet), 2011. die Illustration zeigt die Große Brennnessel (aus dem Buch "Flora von Deutschland" von Prof. Dr. Otto Wilhelm Thomé, 1885), Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei.
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