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Der Winter kommt, und der wird hart – auch wenn man die Temperatur außen vor lässt. Denn kalt wird er auf jeden Fall werden. Und dann wächst nichts mehr, außer den sonderbaren Pflanzen des "Studien-Dschungels". Die nämlich sind wichtig für die Öffentlichkeit, denn sie sagen den Deutschen, was sie auch so schon wissen – nämlich, dass die armutsgefährdeten Menschen im Land an den Heizkosten sparen. Diese umwerfende Tatsache ist für manch bösen Kommentar gut, und liest der vorerst noch unvoreingenommene Interessierte diesen, dann wird ihm recht kühl um die Schulterblätter.
Tatsache wäre erstens einmal, dass für jeden Bürger – außer denen, die wirklich nicht rechnen müssen – das Thema Heizung einen Angstfaktor darstellt. Strom und Gas sind einer steten Teuerung ausgesetzt, die zwar kaum hinreichend erklärt werden kann, dafür aber so manche Familie vor ernste Probleme stellt. Es gibt für Leute, die gerade mal eben so die Kosten zahlen und vielleicht einmal ins Kino gehen können, nur wenige Möglichkeiten hierzulande. Das betrifft auch die neue Elite der Gesellschaft – die Arbeitnehmer.
Reicht das Geld nicht, um die Strom- und Gasrechnung zu bezahlen, muss eine Stundung beantragt werden. Das wendet zwar den schlimmstmöglichst denkbaren Zwischenfall fürs Erste ab – aber das dicke Ende kommt nach. Das gilt auch für die in den letzten Wintern schon obligatorische Nachzahlung, für die man gerne etwas weglegen würde, wenn man nur könnte.
Dass Hartz-IV-Empfänger die Heizkosten grundsätzlich nicht selber tragen müssen, stimmt übrigens nicht. Das sei denen gesagt, die an das Märchen von der "Asozialen-Idylle" in einer warmen Wohnung und dem Kasten Bier gleich neben dem Plasma-Bildschirm glauben. Wie dem aber auch sei – wird die Energieversorgung gekappt, reißen wirklich alle Seile. Wer noch eine Arbeitsstelle hat zu diesem Zeitpunkt, wird sie wahrscheinlich verlieren. Unverzichtbare Dinge sind an die Versorgung gekoppelt, natürlich auch die Möglichkeit zum Baden oder Wäsche waschen. Ohne Strom kann man nicht einmal alternativ Wasser heiß machen, um so wenigstens die Möglichkeit zu haben, sich auf längere Sicht unter Menschen zu begeben. Die Waschmaschine ist nicht benutzbar – und auch wenn die Badewanne sich anbietet zum Waschen, woher soll man warmes Wasser nehmen.
Bei einer Familie mit Kindern zum Beispiel ist es praktisch undenkbar, einen Tag nicht die Maschine laufen zu lassen. Irgendwann gibt es dann einfach keine frischen Sachen mehr und die Probleme häufen sich. Der Schulunterricht wird zu einem riesigen Problem – der Kindergarten ebenso und die Arbeit erst recht. Sobald es Auffälligkeiten gibt, haben die Betroffenen dann zusätzlich noch Auseinandersetzungen mit Behörden, wie dem Jugendamt, zu befürchten. Eine vorübergehende Unterbringung in einem Heim wäre für die Kinder schon denkbar – nur zeigt die Praxis, dass das Wiederbekommen der Kinder davon abhängig ist, wie viele Pflegeeltern gerade in der Warteschleife hängen. Das bedeutet im Klartext – die so genannte Hilfe für die Familie kann zu einem Trauma werden, weil die Familie auseinandergerissen wird.
Ist es einmal so weit gekommen, können sich die Menschen nicht mehr selber helfen. In den Wald gehen, um Holz zu sammeln, ist nur dann eine brauchbare Alternative, wenn man in einem Haus lebt, das mit passenden Öfen ausgestattet ist. Wohnmaschinen mit Etagenheizungen sind da nicht sehr kompatibel – zudem braucht man auch zum Sammeln einen Schein. Die Kohleöfen der vergangenen Zeit waren zwar eher arbeitsintensiv und nicht ganz so leicht zu bedienen – dafür war es möglich, mit ihnen zu heizen und auch zu kochen, auch dann, wenn es keinen Strom gab. Aber wie gesagt – diese Zeiten sind vorbei. Außer für umweltbewusste Bauherren – doch von denen ist hier nicht die Rede.
Die Energiewirtschaft – oder besser: das Energiegeschäft ist eine Sparte, mit der sehr hohe Gewinne erzielt werden können. Die Geschäftspraktiken sind, wie bei allen anderen Firmen und Konzernen auch, rein auf den Gewinn ausgelegt. Und sah man früher nur die Allerärmsten vor dem Zimmer, in dem die Stundungen gewährt werden, so steht man nun selber in der Reihe und grüßt freundlich den nächsten Nachbarn, der es auch wieder nicht geschafft hat in diesem Jahr.
Dieses Beispiel ist nicht fiktiv und nur ein kleiner Abriss aus dem schönen "Hartz".
© "Energiekosten: Das teure Loch im Hartzer Käse": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Illustration: Thomas Alwin Müller, littleART.
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