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Der 21. Januar ist ein besonderer Tag, denn er ist sozusagen ein Doppelpack in Sachen "Gedenktage, die keiner braucht". Zum einen wird der Jogginghose gedacht, einem zwar bequemen, aber nicht unbedingt gesellschaftsfähigem Kleidungsstück. Dieses besondere Teil heißt erst seit relativ neuerer Zeit so, denn es gab sie schon früher ... die Kult gewordene Schlabbrigkeit. Vor vielen Jahren hieß so ein Teil "Trainingshose" und war marineblau oder schwarz mit weißen Streifen außen. Wer so etwas anhatte, trieb Sport, und das meist im Freien.
Niemandem wäre es eingefallen, dieses Stück Stoff beim Stadtbummel oder in der Diskothek zu tragen. Irgendwann aber drängelte diese Hose aus dem zweckdienlichen Rahmen heraus und sicherte sich einen Platz in der Öffentlichkeit. Auf einmal sah man sie überall, die Jogginghose. Und es gab sie auch in allen Regenbogenfarben, sogar in allen auf einmal zuweilen. Edle Materialien hielten für diese modische Todsünde her, so wie Fallschirmseide oder sonst etwas Ausgefallenes. Künstler trugen sie auf der Bühne, Kinder in der Schule (man zog sie aus, um in die Turnsachen zu schlüpfen) und man sah tatsächlich auch Jogger darin – wenn auch nicht allzu oft.
Diese Hose hat mehr für die Freiheit der Menschen getan als die Abschaffung des Korsetts (das auch von Männern getragen wurde). Wo man früher Anzüge oder Kostüme trug, die durch raffinierten Schnitt Bäuchlein und Hüftgold optisch wegmogelten und später permanent den Bauch in engen Jeans einzog, da war auf einmal alles, was man hatte, von jedem Zwang befreit.
Die Jogginghose war ein großer Gleichmacher – einer, der so gut wie jeden Körper gleich verhüllte. Ob nun dünn oder mollig – in diesem Kleidungsstück hob sich kaum jemand ab. Übergrößen trugen den Bund eine Handbreit unter dem Bauchnabel und fixierten die Schnürung dort, den wertvollen Fettspeicher trug man offen darüber. Disco-Queens kamen im Schlabberlook mit edlen Turnschuhen und knappen Oberteilen, und muskelbepackte Männer trugen meist die dünneren Varianten, um den Erfolg ihrer Selbstquälereien recht vorteilhaft zu zeigen.
Nun ist die Ära der Jogginghose lange vorbei – wer sie jetzt noch in der Öffentlichkeit trägt, hat modisch gesehen den Anschluss verpasst, oder sich so an die Bequemlichkeit gewöhnt, dass er nicht mehr auf andere Kleidung umsteigen will. Ob man nun ein paar Pfündchen zu viel oder zu wenig hat oder mit dem Jo-Jo-Effekt zu kämpfen hat – die Hose passt immer und ist als Übergang von der realen zur Traumfigur und umgekehrt sehr geeignet.
Doch der Tag gehört dieser weichen Baumwollkatastrophe nicht allein – teilen muss sie ihn sich mit dem Geistesblitz des Amerikaners Kevin Zaborney. Dieser fand nämlich, dass zu wenig geknuddelt wird auf der Welt – und vor allem, dass es im Stress des Alltags einfach vergessen wird. Deshalb rief er den Weltknuddeltag ins Leben, und zwar ziemlich genau zwischen Weihnachten und dem Valentinstag. In dieser meist kalten Jahreszeit ist eine herzliche Umarmung besonders angenehm, wie Zaborney fand. Natürlich ist es richtig, dass man wahrscheinlich gar nicht genug knuddeln und umarmen kann, aber in der Praxis ist es eben gewissen Regeln unterworfen.
Im Allgemeinen sollte das Knuddeln in der Familie, unter Freunden und überhaupt überall stattfinden, wo es benötigt wird ... könnte aber falsch verstanden werden, zum Beispiel am Arbeitsplatz. Sinnvoll wäre es vielleicht, an diesem Tag die Kinder an der Haustüre zu umarmen, anstatt sie anzuschnauzen, weil sie das Pausenbrot wieder nicht eingepackt haben. Den Hund durchknuddeln, anstatt rumzujammern wegen der Pfotenspuren auf dem Laminat, ist grundsätzlich eine gute Idee, und Mutti zu drücken beim Heimkommen (und nicht zuerst zu fragen, wann das Essen fertig ist), kann der Harmonie nur dienlich sein.
Also wäre es im Großen und Ganzen eine gute Idee, sich nach dem Feierabend mit seinen Lieben auf die Couch zu packen, sich gegenseitig in den Arm zu nehmen und einen schönen Film anzusehen – oder einfach mal wieder richtig miteinander zu kommunizieren. Damit die ganze Sache bequem ist, könnte man ja die Jogginghose aus dem hintersten Winkel des Kleiderschranks holen.
© "Der 21. Januar: Ein Gedenktag zum Knuddeln": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Bildnachweis: Liebespaar, CC0 (Public Domain Lizenz).
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