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Die allermeisten Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind, nehmen jede Möglichkeit wahr, um aus der Abhängigkeit herauszukommen. Das belegt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung "IAB" der Agentur der Arbeit (vom Juni 2011). Die Betroffenen nehmen in der Regel jede Arbeit an, ob es sich nun um einen Minijob auf 450 Euro Basis, einen Midijob oder eine Vollzeitbeschäftigung handelt.
Was Ersteres betrifft, so hat der arbeitslose Hilfebezieher einen Freibetrag zur Verfügung, der Rest wird auf die Hilfe angerechnet. In der Situation, in der sich diese Bezieher befinden, ist allerdings schon ein kleines Zubrot eine große Hilfe – außerdem besteht hier und da die Möglichkeit, den Job zu einem Vollzeitarbeitsverhältnis aufzustocken. Das allerdings bedeutet noch nicht, dass der Verdienst zum Leben reicht, denn laut Statistik müssen immer mehr arbeitende Menschen aufstockende Zahlungen beantragen, weil das Geld zum Leben einfach nicht reicht. Das schönt zwar die Arbeitslosenzahlen gewaltig, macht aber unterm Strich nichts besser.
Ein Faktor, der zu dem unsinnigen Hybriden in Bezug auf Lebensunterhalt führt, ist der enorm steigende Trend zur Zeitarbeitsfirma bzw. Arbeitnehmerüberlassung. Viele Betriebe sparen an den Kosten für das Personalbüro und stellen selbst nicht mehr ein. Sie überlassen dies also einer Firma für Personalleasing, was dem Betrieb eigentlich nur Vorteile bringt. Kosten und Aufwand für das Einstellen und die Bearbeitung von Bewerbungen fallen weg, ebenso die Verträge – denn die laufen allesamt über die Zeitarbeitsfirma. Das heißt unter anderem, dass sich niemand bei niedriger Auftragslage Gedanken um die Beschäftigten machen muss.
Wer bei einem "Verleiher" einen Vertrag abschließen kann, hat allerdings nicht nur Vorteile. Erstens sind die meisten Kontrakte befristet, so dass die Arbeitnehmer unter Umständen nach einigen Monaten wieder einen Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt stellen müssen. Weiterhin behält sich die Zeitarbeitsfirma in den meisten Fällen vor, ihre Beschäftigten nach Gutdünken einzusetzen, was durchaus bedeuten kann, dass der Betreffende weit entfernt von seinem Wohnort eingesetzt wird. Wehren kann er sich kaum, da dies den Vertrag zunichte macht und er mit Kürzungen rechnen muss. Zudem ist der Verdienst weitaus geringer als bei einer direkten Anstellung, was eben dazu führt, dass trotz Arbeitsverhältnis nicht auf staatliche Hilfe verzichtet werden kann.
Diese so genannten "flexiblen Beschäftigungsformen" gelten als große Chance – jedenfalls sah das der Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt so. Und der Trend gibt ihm durchaus Recht, denn Betriebe wie Leiharbeitsfirmen sind mit diesen Arrangements sehr zufrieden. Für die Arbeitssuchenden sieht das etwas anders aus, denn eine Rückkehr in ein selbstbestimmtes und selbstfinanziertes Leben haben sie kaum. Etwa fünfzig Prozent der Beschäftigten konnten auf Dauer ihre Kosten selber tragen. Durch die Zeitarbeitsfirmen wächst jedoch der Druck auf die Betroffenen, denn oft haben sie keine andere Wahl, als einen solchen Vertrag abzuschließen; durch die aufstockenden Zahlungen der Jobcenter bleiben sie allerdings zu einem nicht unbeträchtlichen Teil fremdbestimmt und müssen über alles Rechenschaft ablegen – haben gewissermaßen ein gläsernes Konto.
Das heißt in der Konsequenz, dass es mit der Würde des Menschen nicht mehr sehr weit her ist, ob er nun arbeitet oder nicht. Zweifellos besteht hier dringender Handlungsbedarf, doch darf wahrscheinlich nicht erwartet werden, dass hier so schnell umgedacht wird – zu bequem ist das Zeitarbeitsmodell für diejenigen, die Vorteile davon haben.
© "Arbeit auf Zeit – und die Uhr tickt": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Foto des Weckers von Batholith, (Quelle: Lizenz: gemeinfrei).
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