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Der Name klingt den meisten Deutschen sehr bekannt, denn selbst wer nicht unbedingt weiß, um wen es sich da handelt, kennt zumindest einen der Filme oder ein Singspiel, in denen das Leben der Prinzessin das Hauptthema ist. Ihr Titel, mit dem sie anno 1652 in Heidelberg geboren wurde, lautete Elisabeth Charlotte, Prinzessin von der Pfalz.
Die junge Prinzessin wuchs unter zum Teil recht sonderbaren Verhältnissen auf, wurde von der Familie getrennt und später wieder an den väterlichen Hof zurückgeholt. Ihre Mutter war vom kurfürstlichen Vater Liselottes verstoßen worden, da dieser seine Mätresse ehelichen wollte. Eine solche "Ehe zur linken Hand" war nicht allzu selten in den höchsten Adelskreisen und nicht eindeutig ehrenrührig. Vom Vater wurde das lebhafte Mädchen sehr geschätzt, er nannte das Kind liebevoll "Bärenkätzchenaffengesicht". In den folgenden Jahren erhielt die kleine Prinzessin alles an Ausbildung, was für ihren Stand notwendig war, denn eine Tochter war gewissermaßen ein hoch einzusetzendes Pfand für politische Beziehungen.
Im Jahre 1671 wurde sie mit Philipp I., Herzog von Orleans, dem Bruder des Sonnenkönigs Ludwig XIV., verheiratet. Es ist nicht anzunehmen, dass die junge Frau gefragt wurde, ob ihr das Arrangement gefiel – denn Philipp hatte einen denkbar schlechten Ruf. Seine offen gelebte Homosexualität, seine Obsessionen und sein äußerst Ich-bezogenes Wesen machten den Herzog wohl kaum zu dem Traumprinzen, den sich eine hübsche junge Frau wünscht. Allerdings war Liselotte ein Kind ihrer Zeit und erwartete wohl kaum die große Liebe in der Ehe.
Der Herzog von Orleans war wahrscheinlich ein wahrer Prüfstein für den gesunden Menschenverstand Liselottes. Seine Affären und Manieriertheiten mochten ihre Geduld wohl auf eine harte Probe gestellt haben, denn er machte weder aus seinem Frauenhass noch aus seinen Beziehungen je ein Geheimnis. Seine erste Ehefrau, die Schwester des englischen Königs Karl II., Henrietta Anne (Minette) von England war unter nicht eindeutig geklärten Umständen gestorben. Man hatte den langjährigen Geliebten Philipps, den Chevalier de Lorraine in Verdacht, die Herzogin vergiftet zu haben. Die englische Prinzessin hatte unter dem Herzog von Orleans gelitten, und es war absehbar, dass dies auch für Liselotte nicht anders sein würde.
Doch zuerst einmal versetzte die junge Deutsche den gesamten französischen Hof in Erstaunen, denn anders als die verzärtelten und von Posen besessenen französischen Höflinge hatte Liselotte sonderbare Vorlieben. Sie hielt sich gerne an der frischen Luft auf, liebte Bücher und setzte ihren scharfen Verstand ein. Das trug ihr unter anderem die Sympathie des Königs ein, der viele ihrer Interessen teilte und vielleicht ihre frische Art zu schätzen wusste. Möglicherweise war er auch ein Schutz gegen Philipps Launen, der sich vielleicht ein wenig zurücknahm, solange seine Frau hoch in der Gunst des Königs stand.
Dies allerdings änderte sich, als Liselotte die heimliche Ehefrau Ludwig XIV., Madame de Maintenon, nicht anerkennen wollte. Das Verhältnis kühlte ab, man entfremdete sich zunehmend. Für ihre Stiefkinder hegte sie allzeit zärtliche Gefühle und setzte sich für sie ein, wo sie konnte. Ein weiteres Mal zog sich die Herzogin von Orleans den Unwillen des Sonnenkönigs zu, als sie für ihre Stieftochter bat, diese nicht mit Karl II. von Spanien zu verheiraten, welcher debil war. Ludwig verbat sich jede weitere Einmischung, und somit war das letzte Wort gesprochen. Nach dem Tode Ludwigs erhöhte sich ihr Rang, denn ihr Sohn Philipp II. von Orleans wurde zum Regenten anstelle des unmündigen Sohn Ludwigs.
Was aber Liselotte so interessant macht, ist ihr Vermächtnis an Briefen, das sie hinterlassen hat. Von ihrer regen Korrespondenz sind ca. 6000 Dokumente (von 60-tausend Briefen) erhalten, die unter anderem einen sehr tiefen Einblick in das Leben am Hofe zu Versailles gestatten. Überhaupt nahm sie kein Blatt vor den Mund und war zeitlebens wohl so etwas wie ein Gegensatz zum höfischen Zeitgeist, der ebenso Pomp wie Pose, Intrigantentum wie Oberflächlichkeit vorschrieb. Ihre Briefe handeln von den Dingen des alltäglichen Lebens, von Wünschen und Hoffnungen und von den Angelegenheiten der Politik, sofern Liselotte es für wert hielt, sich damit zu befassen. Ein Satz aus ihren Schriften sollte ihre Art recht gut dokumentieren – einer, der auf Madame de Maintenon gemünzt ist: "Sie ist nur eine alte Zott, eine Hexe und eine Rompompel."
© "Liselotte Prinzessin von der Pfalz": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Die Abbildung zeigt Liselotte von der Pfalz auf dem Gemälde eines unbekannten Künstlers (Quelle: Wikipedia, Lizenz: gemeinfrei).
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