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Es wird natürlich getuschelt, man dreht sich auf der Straße um, und selbstverständlich ist es das Tagesgespräch. Ein Mann heiratet eine Frau, die ohne weiteres seine Enkelin sein könnte. Und dieser Mann, der die menschlichen Bunnies erfunden hat, macht Schlagzeilen, weil er seiner neuen Flamme faktisch ein ganzes Leben voraus hat: nämlich sechzig Jahre. Wahrscheinlich, so denkt vielleicht mancher, täte Hugh Hefner besser daran, das Kind zu adoptieren, als es zu heiraten.
Die gegensätzliche Variante – alte Dame tut sich mit College-Boy zusammen – kommt weitaus seltener vor. Es könnte tatsächlich sein, dass Frauen ihre Sehnsucht nach zwischenmenschlichen Dingen auch anders realisieren können – sie sind (noch) nicht auf erotische Auszeichnungen fixiert, mit denen sie ihre Sozialverträglichkeit dokumentieren müssen. Sie zeigen ihre Wichtigkeit und ihre Erfolge anders, meistens jedenfalls.
Ein lächerlicher Altersunterschied von zehn bis zwanzig Jahren ist mittlerweile schon Normalität – jedenfalls was die Schönen, die Reichen, die Wichtigen dieser Welt betrifft – und findet sich auch hier und da bei den Normalbürgern. Dreißig Jahre bis unbegrenzt – das scheint allerdings beim Mann oder der Frau auf der Straße kaum vorzukommen. Der erstaunte Beobachter sieht berühmte und reiche Männer, die sich mit sehr, sehr jungen Mädchen schmücken und sie regelmäßig austauschen – gegen eines, das fast genauso aussieht wie das vorige. Und fragt sich erstaunt, was "die beiden aneinander finden".
Man zweifelt tatsächlich an solchen Liebesgeschichten, die den Journalisten mit treuherzigem Augenaufschlag verkauft werden – von beiden Beteiligten jeweils. Dass sich das Ganze spätestens im nächsten Jahr wiederholt, ahnt man allerdings schon. Es geht hier um einen Deal – einen, der für gewisse Zeit beide Teile befriedigt. Nichts soll erotischer wirken als Macht und Erfolg – also wäre klar, was den jüngeren Teil dieser Partnerschaft antreibt, und was den älteren betrifft, kann man davon ausgehen, dass er sich für gewisse Zeit etwas leiht – Jugend nämlich – oder aber einen Zeitsprung machen will. Die Zeit, in der man wild war und jung und leider nicht alles so mitnehmen konnte, was man wollte, weil man eben noch nicht so reich war, wie man es jetzt ist.
Damals war man jung ... und nur deshalb attraktiv – heute ist das alles Vergangenheit. Und wenn einen die verschiedenen Zipperlein plagen, die einfach nicht ausbleiben, ganz gleich wie teuer der Arzt ist, den man sich leistet, dafür aber die Gattin quicklebendig durch die Zimmerflucht hüpft ... dann wird man womöglich an die Realität erinnert. Aber dieses junge Gemüse wird sich schon anpassen, denn schließlich stellt es nicht die Regeln auf. Und dann geht der schöne Effekt auch schon wieder verloren. Man wollte, kann man schon nicht wieder jung sein, wenigstens die Jungen beherrschen.
So gesehen könnte man sagen: Wer sich mit makellosem jungem Fleisch schmückt, hat wahrscheinlich nichts gelernt in seinem Leben. Es gibt Menschen, die sagen, dass Reife sich nicht nach Jahren bemisst und relativ ist. Damit ist oft das Klischee vom sechzigjährigen Lausbuben und dem ernsten und reifen Zwanzigjährigen gemeint – aber in der Realität ist das anders. Theoretisches Wissen ist eine gute und wichtige Sache, aber es wiegt nicht die Erfahrung auf. Und sechzig Jahre sind kaum aufzuholen, es sei denn ... man ist irgendwo in der eigenen Pubertät stehengeblieben, wo man noch dachte, dass man cool ist, wenn man coole Kleider trägt. Oder jung ist, wenn man eine junge Geliebte hat.
Unterm Strich ist in einem solchen Fall die Frau die reifere, jedenfalls was die Zielstrebigkeit betrifft. Natürlich müssen nicht durchweg materielle oder ähnliche Beweggründe vorherrschen, man könnte zugunsten der Betreffenden vielleicht einen nicht ausgelebten Großvater-Komplex unterstellen. Vorausgesetzt, man ist sehr naiv.
© "Pygmalion sucht Barbie": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Bildnachweis: Liebespaar (Illustration), CC0 (Public Domain Lizenz).
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