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(März 2011) In England gehen die Bürger – wieder einmal – auf die Straße. Sie protestieren gegen das Sparprogramm der Regierung, das helfen soll, die Staatsschulden abzubauen. Im Großen und Ganzen werden viele öffentliche Einrichtungen davon betroffen sein, solche wie Bibliotheken oder Jugendbegegnungsstätten und viele andere bis jetzt den Bürgern zugängliche Services.
Was eigentlich sparen helfen sollte, wird – so einige Kritiker – in absehbarer Zeit sehr teuer werden für das Land. Denn genau wie in Deutschland hat der Abbau vieler sozialer Einrichtungen eher zu steigenden Kosten geführt – unterm Strich jedenfalls. Jetzt, da viele Schulabgänger trotz ihrer Bemühungen keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, tun Jugendhäuser und Begegnungsstätten oder Workshops für Jugendliche not. Wer nicht weiß, wohin mit dem Frust, wird eher dazu neigen, sich Gruppierungen anzuschließen, die Gewalt oder Kriminalität als wünschenswerte Grundhaltung sehen. Das wiederum bringt Kosten mit sich: Heimaufenthalt, Jugendarrest, und in letzter Konsequenz Gefängnis.
Ersatzlos gestrichene Alternativen für junge Leute spart der Staat erst einmal ein – auf lange Sicht wird dies sehr teuer werden, wie wir hierzulande schon erfahren haben. Es mag als guter Ansatz scheinen, sehr auffällige Jugendliche auf einen Segeltrip in die Südsee zu schicken, um sie sozialtauglich zu machen, ihnen in gewisser Weise die Grundzüge verantwortlichen Verhaltens beizubringen. Diese Maßnahmen sind allerdings nicht billig, und der Erfolg zweifelhaft. Auf der anderen Seite haben wir Kinder, die in Armut leben, und deren Eltern nicht das Geld für Klassenreisen oder Schulausflüge haben, weil ihnen niemand etwas zuschießt und der Etat mehr als knapp ist. Diese Kinder können von einem Urlaub nur träumen, und sogar einige wenige Tage im Allgäu oder Schwarzwald bleiben für sie unerreichbar.
Hier kann man getrost das Verhältnis infrage stellen, denn bei genauerem Hinsehen wird Wohlverhalten eher bestraft als belohnt. Wer unauffällig bleibt und sich unter erschwerten Bedingungen – so gut es eben geht – im sozialen Gefüge behauptet, ohne kriminell zu werden, hat nichts zu erwarten ... außer Beschränkungen und immer mehr Beschränkungen.
Die sehr unlogisch erscheinenden Auswüchse der Bildungspolitik sind eigentlich eher hinderlich beim moderaten Versuch, so viele Schulabgänger wie möglich mit einem Abschluss zu haben. Hier rächt sich im Nachhinein das Verfahren der elitären Auslese des Schulsystems, das Kindern aus Arbeiterfamilien eine höhere Bildung systematisch erschweren sollte und auch tat. Die oft mit Gewalt und teurer Nachhilfe durchgeschleusten Kinder mit passenderem Hintergrund stellten dann die Akademiker der neuen Generationen.
Mittlerweile haben sich die Erwartungen dem Niveau der Schüler angepasst, und nicht umgekehrt – niemand erwartet mehr von einem Realschüler, dass er fehlerfrei schreiben kann, wozu die Rechtschreibreform in nicht unwesentlicher Weise beigetragen hat. Die Hauptschüler älterer Jahrgänge waren immerhin noch dazu fähig, eine Frage oder Antwort auszuformulieren – was bei den besseren Fragebögen der neueren Generation nicht mehr notwendig ist.
Die steigenden Lebenshaltungskosten bewirken kaum einen Anstieg des öffentlichen Vermögens, glaubt man den Versicherungen der Politik – aber auch sie werden auf lange Sicht mehr kosten als einbringen. Der für Laien kaum noch übersehbare Gebührendschungel mit eingebauter Aufstockung verursacht steigende Armut, denn wenn der private Haushaltsetat nicht mehr die laufenden Gebühren decken kann, ohne dass die Lebensqualität dadurch spürbar sinkt, ist ein schleichend verlaufender sozialer Abstieg die Folge.
Wer zum Bedürftigen degradiert wird, kann sein Geld nicht mehr dafür einsetzen, um am sozialen Leben teilzunehmen. Das Einkommen wird schon allein für Energie, überhöhte Müllgebühren und sonstige, ständig teurer werdende Notwendigkeiten aufgefressen. Der Bürger hat zwar ab einem gewissen Grad Anspruch auf Zuzahlungen des Staates – die aber sind nur dazu da, den errechneten Mindestsatz zu garantieren. Die Schlinge wird für ihn auf jeden Fall enger und enger. Die Kinder dieser Familien sind mit vollzogenem "Abstieg" praktisch im Aus – denn für sie gibt es kaum noch etwas, das nichts kostet ... das meiste wird ersatzlos gestrichen.
Die Notlage teilen sich alle mit den vielen Menschen, die durch Einsparungen ihre Arbeit oder Planstelle verloren haben und gleichberechtigt mit ihnen in der Reihe der Bittsteller stehen. Tatsächlich zahlen die Bürger immer mehr – erhalten aber immer weniger dafür und werden somit irgendwann zu einem Kostenfaktor.
Die Frage ist, ob es Karibikaufenthalte für verzweifelte, straffällig gewordene Rentner geben wird, die versucht haben, durch gestohlene Güter ihrem Elend zu entkommen, um wenigstens die Stromrechnung bezahlen zu können. Wahrscheinlich nicht – denn in der gigantischen Milchmädchenrechnung der Regierungen kommen erfrierende Menschen, die nicht einmal mehr die notwendigste Energieversorgung zahlen können, nicht vor.
© "Ein Segeltrip in die Südsee für alle": Text und Foto von Winfried Brumma (Pressenet), 2011.
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