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Der Datenschutz ist eines der brisantesten Themen unserer Zeit, die Rede ist vom "Gläsernen Menschen". Ganz neu ist das durchaus nicht, denn der Umgang mit den persönlichen Daten der Bürger war schon seit jeher eine heikle Sache. Gewissermaßen seit der Erfindung der Verwaltung wurden Daten zusammengefasst, da es anders gar nicht möglich war, so etwas wie einen Staat oder ein Reich am Funktionieren zu halten.
Zwar war in früheren Zeiten das Erfassen und Katalogisieren noch mühselig, denn alles musste von Hand festgehalten werden. Die Antike bis hin zum Mittelalter war die große Zeit der Schreiber – ohne diese wäre eine Verwaltung niemals möglich gewesen. Und natürlich gab es weder eine Meldepflicht noch einen Ausweis – trotzdem war man in einem Gemeinwesen durchaus nicht anonym, wie Akten und Niederschriften aus allen Zeitaltern belegen. Denkt man an Metropolen wie Babylon, Theben, Rom oder Athen – dann ist klar, dass der Verwaltungsapparat dem unseren gar nicht so unähnlich war, wie wir vielleicht glauben mögen.
Mit der Erfindung des Druckes entwickelte sich das Ganze rasant, auch wenn die in Dateikästen suchenden Beamten der "Vorcomputer-Ära" eher gemütlich wirkten – der Bürger war erfasst, mit allem, was man über ihn wissen musste, um ihn zu verwalten. Von der Geburt bis zum Tod – von der Schulzeit bis zur Rente war damals ebenso alles "vermerkt". Akten machten Rundreisen von Amt zu Amt, von Arzt zu Arzt, und von Betrieb zu Betrieb. Betrachtet man diese Tatsache, dann wird klar, dass es beim Datenschutz nicht um das Horten von Daten geht – denn das ist weder zu umgehen noch zu verhindern. Nur geht es heute weitaus schneller und effizienter, und es gibt da keinen Weg zurück. Es geht einfach darum, was mit den Daten geschieht und wie sie von wem benutzt werden.
Zwar kann man davon ausgehen, dass selbst das Wissen um Krankheiten, Fehlzeiten oder Eheschließungen nicht wirklich etwas über den Menschen aussagen – aber wo die erfassten Daten ihre Grenzen finden, reißt die Generation "Mausklick" sie nieder. Noch nie waren wir so mitteilungsfreudig wie heute – wo jeder die Möglichkeit hat, sich Tausenden von Menschen per Internet zu offenbaren. Es geht nicht um Krankenakten oder andere Daten, sondern es geht um weitaus persönlichere Dinge. Die eigene Gefühlslage oder sehr intime Dinge werden immer ungenierter veröffentlicht – es ist ja so einfach. Wer wirklich sucht, der findet über viele Menschen so gut wie alles im Web. Diese Informationen – plus denen, die sowieso festgehalten werden, aus verwaltungstechnischen oder politischen Gründen – diese machen erst den "Gläsernen Menschen".
Der neue emotionale Exhibitionismus macht es perfekt. Ob nun die Postadresse für unlautere Zwecke missbraucht wird oder das Wissen um den Familienkrieg – es läuft wohl auf dasselbe hinaus. Nur, dass wir beim letzteren selber Hand anlegen. Die Art und Weise der sozialen Interaktion ist stark im Wandel begriffen, sie wird immer breit gefächerter und öffentlicher. Was man früher einem engen Freund sagte, verbreitet man heute per Klick im Internet – und hilft so mit, sich selber immer durchsichtiger zu machen. Auch das fällt unter Datenschutz – hier sollte man viel sensibler sein. Dass man das Wissen selber verbreitet hat, macht die etwaigen Folgen nicht weniger unangenehm.
© "Gedanken zum Europäischen Datenschutztag": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2012. Illustration: Thomas Alwin Müller, littleART.
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