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Leidige Themen ... das sind solche, die immer wieder irgendwo auftauchen und immer wieder in den Fokus der Wahrnehmung rücken – einfach, weil es zu viele verschiedene Meinungen darüber gibt. Wiederholt machen Aufrufe in den Medien die Runde, in denen es um das generelle Verbot oder den erschwerten Zugang zu erotischen Internetseiten geht. Einerseits soll auf keinen Fall der volljährige Internetnutzer bevormundet werden, indem man ihm schlichtweg den Zugang zu solchen Seiten verbietet – andererseits soll die Jugend, sollen Kinder geschützt werden.
Nun gibt es natürlich Stimmen, die diese Angelegenheit herunterspielen wollen – schließlich ist Sex ja etwas völlig Natürliches. Ist es – denn ab einem gewissen Alter ist die Geschichte von den Bienen ganz gewiss nicht mehr angebracht. Zwar scheint es, als sei die Altersgrenze in Richtung Kindergarteneintritt verschoben, aber nichtsdestotrotz gehört Sexualität zum Leben dazu. Und welche Art davon bevorzugt wird, bleibt jedem Menschen im Großen und Ganzen selbst überlassen – keine Frage. Nur ... und da setzt dann der Gedanke vom Kinderschutz ein: muss man das tatsächlich in aller Öffentlichkeit abhandeln?
Früher gab es kein Internet – da gab es aus Versehen gefundene Heftchen der Eltern oder der erwachsenen Geschwister. Die drehte man einigermaßen ratlos vor den Augen, um so etwas wie eine Perspektive zu kriegen, denn was da an verschlungenen Körpern zu sehen war, konnte das Gehirn wahrscheinlich noch gar nicht einordnen. Das, was man dann später erlebte, hatte damit meist nichts zu tun, weil man verliebt war und Sex völlig anders wahrnahm.
Geradezu bieder nimmt sich das aus gegen das heutige Angebot im Internet. Zwar handelt es sich hier um ein gigantisches Geschäft, das – betrachtet man die Angelegenheit näher – nicht wirklich etwas mit Sex zu tun hat, aber riesige Gewinne einfährt. Und da die Grenzen immer mehr verschwimmen, gibt es nichts, was man nicht zu sehen oder zu lesen kriegt. Meist müssen gar keine speziellen Plattformen angeklickt werden, man kann auf ganz normalen Communitys Bilder sehen, die den Horizont in Sachen sonderbarem Sex gewaltig erweitern. Unappetitliches wird mitgeliefert – so kann es durchaus geschehen, dass die Mischung aus Sex und Gewalt äußerst plakativ exhibitioniert wird. Hier ist nicht die Rede von Fesselspielchen mit Schals oder Handschellen.
Es geht nicht um Verbote – außer den strafrechtlich relevanten sexuellen Abarten – sondern einfach darum, dass niemand das Recht hat, Kinder zu verstören. Zwischen den Internetbenutzern, die ihre Sexualität dermaßen öffentlich ausleben und den Männern, die im Stadtpark den Mantel öffnen, gibt es keinen Unterschied. Es kann sogar davon ausgegangen werden, dass zu einem großen Prozentsatz alleine das exhibitionistische Element im Vordergrund steht und die Realität auch da anders aussieht. Dieses verkrampfte, zwanghafte "nach außen kehren und zeigen" ist alleine schon eine Perversion. Nicht unbedingt eine sexuelle, sondern vor allem eine emotionale und soziale. Und das sollte Kindern auf keinen Fall zugemutet werden.
Natürlich sind vor allem die Eltern in der Pflicht, das steht außer Frage. Allerdings können auch die besorgtesten Menschen ihr Kind nicht minütlich kontrollieren – denn wo daheim sehr auf das Internetverhalten des Kindes geachtet wird und betreffende Seiten gesperrt, kann das bei den Schulfreunden zu Hause anders aussehen. Deren Eltern werden vielleicht kooperativ sein – wohl eher aber empört, wenn da angefragt wird. Eltern und Erzieher allein können nicht immer zur Stelle sein – gefragt wären Sperrzonen, und die Plattformbetreiber sollten auch mehr Verantwortung und schnelles Handeln zeigen.
Durch die neuen Medien wurde die Kindheit um ein gutes Stück verkürzt, das war nicht zu verhindern. Nur sollte Sorge dafür getragen werden, dass es keine Elfjährigen gibt, die bei erotischen Internetseiten nur noch müde abwinken. Denn das nimmt ihnen mehr als die Kindheit, das nimmt das ganz normale Empfinden für den Mitmenschen weg – Seite für Seite, Stück für Stück.
© Textbeitrag "Die Sexualisierung des Internets": Winfried Brumma (Pressenet), 2012. Bildnachweis: Zwei Hände, CC0 (Public Domain Lizenz).
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