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Im ersten Teil unseres Beitrages stellten wir fest, dass Geld nicht den Charakter verdirbt. Also können wir davon ausgehen, dass Armut ebenso den Charakter verderben kann wie Reichtum. Das Argument "Reich sein sei unethisch" ist also nicht so stark, wie es scheint. Es kommt hier vor allem auf eines an, nämlich auf die Motivation. Wieso möchte man eigentlich "reich" sein? Eigentlich, so könnte man denken, wäre ein völliges Abdecken unserer Bedürfnisse plus dem einen oder anderen "Extra" ausreichend.
Und wieder müssen wir die Definition bemühen: wo hört das Grundbedürfnis auf, und wo fängt der Luxus an? Das ist nicht zuletzt von der jeweiligen Zeit, in der man lebt, abhängig. Heute würde niemand einen Fernseher, ein Handy oder einen PC als Luxus sehen. Bei einem Auto sieht das schon wieder etwas anders aus.
Um 1900 herum war elektrisches Licht ein Luxus, und in den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein Telefon. Die Grundbedürfnisse wurden auf Kleidung, Nahrung und Wohnen festgesetzt. Heute gehört auch die Kommunikation mittels der neuen Medien dazu. Und letztendlich ist maßgebend, was man selber, völlig subjektiv, darunter versteht.
Fragte man die Menschen, warum sie gerne reich wären, gäben viele zur Antwort, dass sie auf diese Weise keine Angst mehr zu haben bräuchten. Angst vor Rechnungen im Postkasten oder vor plötzlichen Reparaturen oder Anschaffungen. Ein Durchschnittsverdiener kann ins Schleudern kommen, wenn das Auto streikt – für einen, der wenig verdient, kann das eine Katastrophe sein. Die Allgemeinheit, also der größte Teil der Menschen, denkt im Prinzip tatsächlich nur an das "Allernötigste", auch wenn es ihnen nicht bewusst ist. Der wahrhaftige Maßstab für das Minimum sind die realen Lebenshaltungskosten. Reich sein bedeutet aber eigentlich, dass man weitaus mehr hat, als man braucht.
Für einige Menschen ist nun Reichtum gleichbedeutend mit Macht. Wer über die nötigen Mittel verfügt, kann durchaus viele Dinge in seinem Sinne steuern oder zumindest beeinflussen. Wer reich ist, wird hofiert, ist wichtig, hat etwas zu sagen und stellt etwas dar. So sehen es zumindest viele von uns und tatsächlich ist es auch so. Hier ist das Geld ein Mittel, eine Art Werkzeug, um den eigenen Willen zum Maßgeblichen zu machen. Diese spezielle Art von Macht ist ohne Geld praktisch nicht zu bekommen. Also streben Menschen, denen Macht wichtig ist, zuerst einmal nach Reichtum. Auch Hässliche oder Dumme werden vom Oberkellner direkt zum allerbesten Tisch geführt, haben Sie nur genug Einfluss und "sind wer", werden bevorzugt behandelt, auch wenn man sie nicht mag.
Auch andere Wege könnten zum Erfolg führen, aber uns interessiert hier vor allem das Geld. Es haben schon Leute gesagt, auch solche die durchaus viel Geld hatten, dass dieses Medium ihnen einfach gestattet, nach ihrer eigenen Fasson zu leben. In diesem Sinne würde Reichtum also Freiheit bedeuten. Wer reich ist, kann fast überall leben, wo er will, ob nun in der Südsee oder in den Bergen. Er kann sich ein Baumhaus auf den Malediven bauen und darin leben oder sich auf die Steinzeit verlegen und wohnen wie ein Feuersteinschläger. Versuchte jemand das aus schierer Not, würde man es ihm nicht erlauben. Um wirklich einfach zu leben, braucht man nämlich auch viel Geld. Den ganzen Tag in zerfledderten Klamotten rumhängen und eine Dose Limo in der Hand halten ist eine Freiheit, die man kaufen kann. Ebenso wie die, so laute Musik zu hören, wie man will, weil der nächste Nachbar weit genug entfernt von der eigenen Villa ist.
Sich vielen Vorschriften nicht mehr beugen zu müssen, weil man sich abgrenzen kann – das ist schon etwas, das der Freiheit ziemlich nahe kommt. Schnell in ein Flugzeug zu hüpfen, weil es zu kalt oder zu warm ist, eine Traumvorstellung für Normalos – nicht für den Reichen. Das Leben gewinnt völlig andere Dimensionen. Man denkt nicht mehr mit Bangen an die nächste Party im Vorort, weil das Auto zickt und man nicht weiß, was man mitbringen soll – man chartert ein Flugzeug und bestellt zwei Kisten vom Feinsten für den Abend in Madrid. Jeans für dreißig Euro sind etwas, das nicht einmal der Hund tragen würde – hängen Sie ruhig noch eine Null dran. Hier bedeutet nun Reichtum, sich nicht viele Gedanken machen zu müssen um Kleinigkeiten.
Sie sehen, es gibt mehr als einen Traum mit dem Aufkleber "Reichtum". Es kommt wie immer darauf an, etwas wirklich zu fokussieren. Wer nun einfach denkt "Reich müsste man sein" und sich dann hingebungsvoll mit dem Handwerker um die Rechnung streitet, darf sich nicht wundern, wenn diese Gedanken nicht wirklich zu etwas führen. Da es keine hilfreichen Flaschengeister gibt, ist es angebracht, etwas zu tun für diesen Traum. Und das Erste wäre, den Traum erst einmal so richtig zu erschaffen, ihn ablaufen zu lassen, wie einen Film – mit allem, was dazugehört. Ihn zu einem realen Ziel zu machen – zu etwas, das im eigenen Kosmos tatsächlich auch existiert.
Lesen Sie auch den dritten Teil: Geld ist weder gut noch böse.
© "Die Macht des Geldes – Armut, Reichtum, Luxus und Macht": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2012. Illustration: Thomas Alwin Müller, littleART.
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