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Sandbiene. Foto: Lothar Seifert
(Juni 2012) Es fällt tatsächlich auf – es ist nicht mehr ein unterbewusstes Unbehagen, so in der Art wie das nicht ausgeschaltete Bügeleisen, das daheim auf dem Küchentisch steht und das sich immer am Rande der Wahrnehmung herumtreibt, sondern ein massives Fehlen. Der Frühling war wunderbar, überall schäumte es geradezu von Blüten in jeder Farbe – es sah aus wie üppig in Falten gelegter Schweizer Batist. Oder auch rosa Spitze, je nach Sorte eben. Es hatte im Akkord geknospt, und man freute sich auf alles das, was den kommenden Sommer ausmacht.
Nun gut, die Sache mit den Gartenmöbeln hatte sich schnell erledigt, man war es schnell leid, sie in kurzen Abständen rein- bzw. rauszuräumen und deckte sie eben mit Folie ab. Das ist einfacher. Der beliebte Sommersport, das Grillen, wurde bisher eher halbherzig betrieben. Auch Leute, die eine überdachte Terrasse haben, kapitulierten vor den Windböen, welche die kaum lauwarme Sommerluft vertrieben.
Scheint aber die Sonne, ist der Garten angesagt, der Park oder der Wald. Schließlich muss man mitnehmen, was man kriegen kann von der warmen Jahreszeit. Aber draußen ist es sonderbar still dieses Jahr ... etwas fehlt.
Zuerst einmal fällt ein wohltuender Nebeneffekt des diesjährigen Phänomens auf: in den Straßencafés und Biergärten gibt es kaum hysterisch kreischende Mitmenschen, die wild um sich schlagen – diese plötzlichen Ausfälle des kultivierten Benehmens gehören zur Melodie des Sommers. Gemeint sind Leute, die sich von Bienen oder Wespen, zuweilen auch von Hummeln attackiert fühlen. Diese Menschen sind allergisch gegen Bienen oder Wespen, oder aber sie reden sich das ein. Das Wedeln und hektische Umwerfen von Gläsern überträgt sich auch schnell auf die lieben Kleinen, die dann allein beim Anblick eines solchen kleinen Brummslers in lautes Greinen verfallen und nicht aufhören, bis sie ein Eis bekommen – und das lockt dann unweigerlich Wespen an (ein Tröstungseis oder Kuchenstück pro Summen) – das Nachahmen der Erwachsenen kann sehr lukrativ sein.
Die Gläser sind meist von Bierfilzen bedeckt, damit keine Wespe darin ihren Tod findet. Diese Bilder gehören zum Sommer, auch das geschäftige Summen der vielen Blütenstaubsammler. An manchen Hecken geht es zu wie in einem riesigen Supermarkt – hier trifft sich alles, was auf die Gaben der Blüten angewiesen ist. Furchtlose Menschen beobachten das Treiben gerne, obwohl niemandem etwas geschieht, wenn das berühmte Wedeln mit den Armen unterbleibt. An den Nahrungsquellen haben die fleißigen Flieger andere Probleme als Zuschauer anzufallen.
Wie auch immer, ob man nun zu den Freunden oder Feinden von Bienen und Wespen gehört – man trifft sie kaum noch an. An den Wildblumenhecken ist Stille eingekehrt, ebenso an den Picknickplätzen oder Biergärten. Einige beiläufige Meldungen, die eine importierte Krankheit der Honigbienen betrafen (es handelt sich um eine Milbe), wurden nicht richtig wahrgenommen ... es schien nicht wichtig oder aber eher positiv, jedenfalls was die Allergiker oder eingeschworenen Feinde der Tierchen betrifft. Aber dann kommen andere Meldungen dazu? hier oder da.
Der unglaubliche Blütensegen des Jahresanfangs versprach eine reichliche, vielleicht überreichliche Ernte für die Obstbauern. Aber dazu wird es nicht kommen, denn Blüten sind schön und gut – aber ohne Bienen geht nun einmal kaum etwas. Die Obstbäume sind darauf angewiesen, ebenso wie sehr viele andere Pflanzen. Die Bienen sind die Spezialisten für diesen Job – normalerweise werden sie auch allein ihrer riesigen Population damit fertig. Aber fragen Sie doch einmal ihre Bekannten, wie oft sie schon solche Gäste aus der Wohnung komplimentieren mussten dieses Jahr – und die Antwort wird erstaunlich sein. Es ist wirklich still geworden in diesem Jahr – außer vielleicht einigen wenigen Hummeln sind die Gärten schlecht besucht. Und so wie die Abwesenheit der Minibestäuber für leisere Straßencafés sorgt, so wird sie auch für zu erwartende hohe Preise für Obst sein. Aber wie heißt es so schön: die Götter verstecken in ihren Gaben immer einen Stachel.
© "Die ruhigen aber dafür teuren Sommervergnügen": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2012. Foto der Sandbiene: Lothar Seifert.
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