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(Sept. 2012) "Unverfrorenheit!", dachte ich, als ich las, dass Anshu Jain, einer der beiden neuen Vorstandschefs der Deutschen Bank geäußert hatte, Inflation sei "ein Preis, den wir für Europa werden zahlen müssen". Dann fragte ich mich, wieso denn gerade ein Banker eine Inflation gutheißen könne.
Hintergrund dieser Aussage ist der Beschluß der EZB, als Wertpapiere verbriefte oder garantierte Schuldtitel von Euro-Staaten aufzukaufen, die von den Rating-Agenturen herabgestuft worden seien, damit diese Staaten wieder an billigere Kredite kommen könnten.
Der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler brachte dies am 07.09.2012 im "ef-magazin.de" auf diesen Nenner: "Die EZB nimmt echten Schrott entgegen und zahlt für die Schrottpapiere der Euro-Peripherie eine Abwrackprämie."
Geld wird angenommen im Vertrauen auf seine Werthaltigkeit. Wenn Geldscheine nicht durch Gegenwerte abgesichert wären, wären sie nur Papier. Wenn nun aber die EZB immer mehr wertlose Anlagen anhäuft, muss der Wert des Euro schrumpfen. Und dann? "... wenn die Rate der Geldentwertung den Zinssatz für Spareinlagen übersteigt ... werden nämlich die Geldanlagen der Sparer in ihrer Substanz angegriffen." (Grundwissen Wirtschaft, Stuttgart 1973, S. 106)
Wie kann ein Banker, also einer derer, welchen wir unsere Ersparnisse anvertrauen, so etwas ganz in Ordnung finden?
Ich weiß nicht, wie viel Geld ihrer Sparer die Deutsche Bank und andere Geldinstitute an Staaten und insbesondere an Pleitestaaten verliehen haben. Aber woher haben denn Banken das meiste ihres Geldes?
Und wenn nun in Kürze auch nur ein Teil dieser Anleihen unwiederbringlich als verloren angesehen werden muss?
Dann hilft die Inflation! Denn die Sparer haben einst wertgedecktes Geld einbezahlt. Und wenn der Euro zu Schrott wird, brauchen die Banken nur noch Schrott zurückzuzahlen; und bei totaler Entwertung und Währungsschnitt gar nichts!
Welcher Euro-Staat ist nicht hoch verschuldet? Also wären auch die Politiker der Euroländer im Falle einer Inflation fein raus. Inflation bedeutet nämlich auch eine Beraubung der Gläubiger. Demnach müsste Herr Draghi im Bundestag donnernden Applaus erhalten! Aber ich denke, die Abgeordneten werden sich aus Rücksicht auf ihre Wähler zurückhalten. Denn die durch Geldentwertung verursachte Teuerung betrifft alle, die etwas kaufen.
Man muss vermuten, dass in der unheiligen Allianz von Banken und Politikern längst Einigkeit darüber herrscht, dass man die Sparer durch Inflation enteignet. Nur muss es schön langsam gehen, damit Aufsehen und Aufruhr vermieden werden.
Halt! Anshu Jain verheißt denen, die er mit "wir" meint, ja einen Gegenwert: "Europa"!
Aber was ist damit gemeint?
Das geographische Europa, der fünfte Teil des eurasischen Kontinents, reizvoll durch seine vielen unterschiedlichen Landschaften, Länder und Sprachen, lose gebunden durch kulturelle und geschichtliche Ähnlichkeiten, ist weder käuflich noch bezahlbar.
Ach, natürlich meint der Bankenfürst das "Vereinigte Europa"! Die Dauerberieselung durch Politik, Hauptstrommedien und nun auch Banker versucht uns einzureden, dass das ein "heiliges" Ziel sei. Vor dieser Heiligkeit sind ein paar ersparte Groschen natürlich nur Staub! Wo man in der Geschichte irgend etwas für heilig erklärt hat, war wie beispielsweise beim "Reich Gottes auf Erden" die Vorstellung davon immer diffus, aber die Ausnutzung der daraus geschöpften Machtanmaßung brutal.
Schon bevor der Vertrag von Lissabon die Demokratie in den EU-Ländern erheblich schwächte, wurde der Popanz "Europa" von Politikern vor Ort gerne benutzt, um Gegenstimmen zum Schweigen zu bringen. "Das ist doch in ganz Europa schon so!", wurde da gesagt. Da könnte man auch sagen: "Ganz Europa betreibt Darmentleerung, also muss doch, was da rauskommt, etwas Gutes sein!"
Im Ernst: Ein Europa, dessen Völker sich auf vorhandene gemeinsame Interessen einigten und diese in einer für alle gangbaren und verträglichen Weise umsetzten, erscheint mir als etwas wirklich Erstrebenswertes. Aber dieser Weg bedürfte eines langen Atems und böte den Angehörigen der politischen Kaste wenig an Möglichkeiten, sich auszuzeichnen.
Was die Politiker auf europäischer Ebene anstrebten und anstreben ist Macht und immer mehr Macht. Die Europa-Verfassung sollte eine Machtfülle in Brüssel konzentrieren. Nachdem die Bevölkerungen der Niederlande und Frankreichs sich dagegen ausgesprochen hatten, schlug "Miss Europa" Merkel vor, die Machtergreifung als Vertrag durch die Parlamente über die Köpfe der Bevölkerungen hinweg durchzusetzen. Alle Parlamente stimmten zu. Die irische Verfassung sah für einen solchen Fall eine Volksabstimmung vor. Kaum hatten die Iren abgelehnt, hieß es von europapolitischer Seite: "Die müssen noch mal abstimmen!" War es Zufall, dass gleichzeitig irisches Export-Schweinefleisch mit Dioxingehalt entdeckt wurde? Der Dioxin-Fall war binnen etwa zwei Wochen vom Tisch. In Irland wurde ein zweites Mal abgestimmt und dieses Mal für Lissabon.
Vielleicht braucht man viel Macht um etwas "Heiliges" durchzusetzen, und besonders viel, wenn niemand sagen kann, wie dieses denn einmal aussehen soll.
"Mehr Europa!", ist immer wieder zu hören, wenn mehr Macht nach Brüssel gehen soll. Das ist glatter Wortmißbrauch. Denn wahrheitsgemäß müsste es heißen: "Mehr EU!"
Es sieht so aus, als seien die Politiker und die mit ihnen verbandelten Konzerne und Banken der Meinung, das (EU-)Paradies auf Erden sei geschaffen, wenn alle Macht in Brüssel konzentriert sei und jegliche Einwirkung der Bürger ausgeschlossen.
Helmut Kohl äußerte kürzlich, er habe den Euro geschaffen, um die europäische Einigung "irreversibel" zu machen. Nimmt man ihn hier ernst, steht klar, dass es ihm weniger darum ging, eine stabile und für alle hilfreiche Währung zu schaffen, als die von ihren Regierungen in die EU geführten Völker dort anzuketten.
Wurde die bestehende EU dadurch einiger? Vor dem Euro wurden in Griechenland keine deutschen Fahnen verbrannt und griechische sowie italienische Zeitungen zeigten keine Photomontagen von deutschen Kanzlern in Naziuniformen!
Und wozu führt die schon bestehende Machtkonzentration in Brüssel zumindest unter Anderem?
"Die Glühbirnenverordnung wurde nicht aus Umweltgründen, sondern auf Wunsch der Leuchtmittelindustrie eingeführt. Der Regulierungswahn gedeiht also nicht nur in der Europäischen Kommission, sondern auch in den vielen Villen und Büroetagen der Lobbyisten. Man schätzt ihre Zahl auf 15000, und viele Beobachter sind der Meinung, dass ihr Einfluß den eines Abgeordneten bei weitem übertrifft." (Hans Magnus Enzensberger: Sanftes Monster Brüssel Oder Die Entmündigung Europas. Suhrkampverlag, Berlin 2011. Seite 22).
Der "Bio-Sprit" verteuerte nicht nur die Lebensmittel, sondern führte auch zu beträchtlichen Abholzungen in den so klimawichtigen Regenwäldern und schränkte den Lebensraum seltener Tierarten und von Naturvölkern ein. Eine EU-eigene Studie kam zu dem Ergebnis, dass er keine Verbesserungen für die Umwelt bringe, wenn man die Herstellung mit einbezieht. Trotzdem gibt es ihn immer noch.
"Die Kommission gründete 2004 eine Expertengruppe mit dem Namen BIOFRAC. Sie sollte eine Vision für die Nutzung von Biotreibstoffen in Europa erstellen. Es war keine NGO (Einfügung: Nicht-Regierungs-Organisation) vertreten, dafür aber vier Autohersteller, drei Ölfirmen, eine Gentech- und eine Lebensmittelfirma. (Anmerkung: Wie kam die EU-Kommission ausgerechnet auf diese Konzerne?) Die mitarbeitenden Wissenschaftler hatten alle Verbindungen zu Firmen, die am Aufbau dieses neuen Marktes interessiert sind. Sie entwickelten einen Bericht, der als Ziel einen Anteil von 25 Prozent Biotreibstoffen am Gesamtverbrauch der EU bis 2030 vorschlug. Das Ergebnis ist nicht überraschend, wenn man sich die Zusammensetzung dieser Gruppe ansieht. Sie bestand ausschließlich aus Experten, die einen hohen Anteil von Biotreibstoffen als EU-Vorgabe festschreiben wollten." (Aus dem Manuskript zur Sendung des SWR2 "Der Kommunikationskönig macht bekannt", Untertitel: "Lobbyismus in Brüssel". Am 19.06.2008 um 10.05 Uhr).
Ich denke, der Bio-Sprit wird nicht abgeschafft, weil die Konzerne ihre Verträge haben.
Unsere Empfehlung: Der Autor Friedrich Treber bietet mit seinen Erzählungen, Essays und Gedichten viele Augenblicke zum Innehalten. Die Leserinnen und Leser werden zum Nachdenken über die Welt angeregt und erfahren (vielleicht) auch die ein oder andere eigene Wahrheit. "Und das Wort ward Stein" (Mitte 2022 erschienen) gibt es als gebundene Ausgabe (177 Seiten) und auch als E-Book.
Wie schon gesagt, Europa gab es schon lange und wird es wohl auch noch lange geben. Auch die EU-Kommission samt Anhang wird ihm seine Vielfältigkeit nicht nehmen können. Irgendwann werden die Europäer zu so viel Einheit wie nötig und so viel Individualismus wie möglich kommen, wie das in guten Familien ist.
Herr Anshu Jain kommt mir da vor, wie der Sprecher einer Mafiagruppe, die von einer Familie Geld dafür verlangt, dass diese in ihrem eigenen Haus wohnen kann. Keinen Pfennig sollte er bekommen!
Sollte! Aber die Chancen der Mafia stehen vorläufig nicht schlecht:
In dem europäischen Land, dessen Name auf meinem Ausweis steht, hat sich laut Umfrage eine Mehrheit der Bürger dafür entschieden, dass sie am liebsten von der Lissabon-Angie und dem einst Bio-Sprit- und jetzt Euro-Bonds-Sigmar gemeinsam regiert werden möchten.
Nun ja, man muss auch mit schlechten Karten leben können, und: "Nichts hält ewig!"
Zwischendurch bemerkt: Der Zeichner und Illustrator Arne Vierlinger beherrscht nicht nur mehrere Maltechniken, sondern widmet sich hin und wieder der Poesie. Eines seiner Lyrikstücke, das 2020 während der Corona-Krise entstand, trägt den Titel "Hallo Leute hört mal her":
Hallo Leute hört mal her.
Die Präsidenten dieser Welt,
sie sind beherrscht von Macht,
von Größenwahn und Geld.
Donald Trump ist wie ein wilder Stier,
Angela Merkel, der Vampir,
und Putin, der lächelnde Agent,
doch dieser keine Gnade kennt.
Und all die and'ren, die's noch gibt,
wo jeder sich am meisten liebt.
Was soll geschehen hier auf Erden,
wenn wir nicht allesamt aufstehn
und erwachsen werden?
Wir hätten alles in der Hand,
die Präsidenten, unser Land.
Denn wer bringt uns're Welt ins Wanken?
Nicht Menschen, Präsidenten, sondern Banken.
Sie sind das Übel dieser Welt.
Mit ihrem selbst gedruckten Geld
regieren sie die ganze Welt.
Drum muss man diese Leute stoppen,
ja kontrolliern,
damit sie ihre Macht verliern.
Denn alles Übel auf der Welt
wird finanziert mit ihrem Geld.
© Arne Vierlinger, 20.08.2020
© Kurzessay "Meine Meinung: Keinen Pfennig für EUROpa!" von Autor Friedrich Treber. Abbildungen "Frankfurt" (2): Digi-Art Arne Vierlinger. Mehr von Friedrich Treber lesen Sie hier auf unserem Portal.
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