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Das Kambrium ist das älteste Zeitalter des Paläozoikum, in dessen Periode der Erdgeschichte vor etwa 542 Millionen Jahren sich erste tierische Lebensformen in einer exotischen Unterwasserwelt entwickelten. Organismen von vielschichtiger Struktur wie die arten- und formenreichen Mollusken, Weichtiere mit zum Teil kegelförmigen Schalen, begannen sich in dieser Zeit zu entfalten. Weiterhin brachte die Zeit des Kambrium den erfolgreichen Stamm der Gliederfüßler, denen auch die meeresbewohnenden Trilobiten angehört haben, hervor.
Unter Gliederfüßler, deren wissenschaftliche Bezeichnung Arthropoda lautet, versteht man die in der heutigen Zeit lebenden Insektenarten, Krebstiere, Spinnen oder Tausendfüßler, die einen Großteil dieser Tierarten ausmachen. Die Trilobiten waren gepanzerte Schalentiere, die sich mit schnell rotierenden verästelten Spaltbeinen, die mit Beinausprägungen von Krebstieren vergleichbar sind, auf dem Meeresboden bewegten. Die Schale hatte bei vielen Meereslebewesen eine Abwehrfunktion, doch zu ihrem Leidwesen waren sie mehr Gejagte und mussten ständig auf der Hut vor Räubern sein. Einer von ihnen war der größte Meeresbewohner, den das Kambrium vor 530 Millionen Jahren hervorbrachte: der Anomalocaris. Er gehörte zur Gruppe der wirbellosen Tierarten und war ein erstaunliches Lebewesen. Ungewöhnlich gebaut, exotisch und bei einer Länge bis 1,2 Metern um ein Vielfaches größer als seine Artgenossen, rangierte der Urzeiträuber an oberster Stelle der Nahrungskette.
Eigentlich war der Anomalocaris ein Allesfresser, doch die bevorzugte Lieblingsnahrung bildeten die Trilobiten. Seine halbkugelförmigen Stielaugen, die sich an den Seiten des Kopfes befanden, waren auffällig, und hatten vermutlich große Ähnlichkeit mit den bei Insekten und Krebsen charakteristischen Facettenaugen. Von unseren heute lebenden Insekten wissen wir, dass dieser Augentypus fest mit dem Kopf verwachsen ist und daher eine Bewegungsfähigkeit völlig ausschließt. Eine Tatsache, die beim Anomalocaris einige Fragen offen lässt.
Trilobiten waren in Urzeitmeeren weit verbreitet. Sie reagierten ausschließlich auf Bewegungen, da ihr Sehvermögen nicht besonders gut ausgeprägt war. Die Gliederfüßer verfügten über ein effektives Wahrnehmungsvermögen, welches vorsorglich half, sich rechtzeitig vor Angreifern in Sicherheit zu bringen. Manche Arten gruben sich in den Meeresboden ein, andere wiederum rollten sich zu ihrem Schutz zusammen. Oft gab es für die Meereskrabbeltiere zu Gunsten des Anomalocaris keine Fluchtmöglichkeit mehr.
Erdenklich ist auch, dass die Größe der Gliederfüßler eine entscheidende Rolle bei der Jagd des Räubers gespielt hat, denn manche Arten brachten es gerade mal auf ein paar Millimeter Länge. Das Aufspüren dieser kleineren Arten war sicher nicht leicht. Doch diese Annahme trügt, denn der Anomalocaris verfügte über zwei Greifer, die sich am Mundansatz befanden und mit denen er vermutlich auf der Suche nach Nahrung den Meeresboden aufwühlte, so dass sich selbst die Kleinstlebewesen nicht sicher vor ihm fühlen konnten.
Die vorderen Gliedmaßen könnten sich auch perfekt zur Ergreifung der Beute und vor allem für die Nahrungsaufnahme geeignet haben. Die meisten seiner Opfer waren durch einen harten Panzer geschützt – da der Anomalocaris Untersuchungen zu Folge über keine scharfen Zähne verfügte, konnte er nur weiche Nahrung aufnehmen. Folglich versuchte er den Panzer zu knacken, um an das Innere zu gelangen. Viele der fossilen Funde von Trilobiten wiesen als Folge von Angriffen beschädigte Panzer auf.
In der weiteren Evolution erwiesen sich die Trilobiten als beständigere und anpassungsfähigere Populationen, die über 270 Millionen Jahre die Urmeere bevölkerten, während der Anomalocaris im mittleren Kambrium vor rund 501 Millionen Jahren nach einer Herrschaft von ungefähr 29 Millionen Jahren bereits ausstarb. Der exotische Räuber ist schwierig einzuordnen, daher war es bisher nicht möglich, exakt zu bestimmten, mit welchen Gattungen er verwandt war. Eine naheliegende Verwandtschaft wird bei den Arthropodenformen vermutet. Sein einzigartiges Aussehen trug ihm den Beinamen "ungewöhnliche Garnele" ein, und in der Tat war er einer dieser auffälligen Entwürfe, für die das Kambrium berühmt war.
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© Textbeitrag "Meeresgiganten der Urgeschichte": Anja Junghans-Demtröder. Bildmaterial: Trilobit (oben), Urheber Richard Seefeld, Lizenz: gemeinfrei; Greifer des Anomalocaris (unten), Urheber Mark A. Wilson, Lizenz: gemeinfrei.
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