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Spinnennetz. Foto: Lothar Seifert
Sie sind unter den Krabbeltieren wahrscheinlich die meistgehassten und gleichzeitig auch Objekte der Bewunderung: die Spinnen. Die Reaktion auf diese achtfüßigen Tiere reicht von einem angewiderten "iiiih" bis hin zu Schweißausbrüchen oder regelrechten Panikattacken.
Die Spinnenphobie ist eine der bekanntesten Angststörungen und kann in schweren Fällen dem betroffenen Menschen das Leben zur Hölle machen – denn Spinnen kann man überall begegnen, nicht nur in Kellern, deren Betreten schweren Phobikern aus diesem Grund unmöglich wird, auch im Garten und in der Wohnung. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich nun um einen winkligen Altbau oder ein hochmodernes Loft handelt. Wo es ihnen möglich ist, sind sie präsent, die Spinnen. Woher diese Angst rührt, ist nicht wirklich entschlüsselt – es handelt sich wahrscheinlich um Relikte aus der Frühzeit unserer Spezies, in der alles Huschende und Krabbelnde vielleicht für Ängste sorgte.
Wirklich für den Menschen gefährliche Spinnen gibt es in Europa nicht. Unsere heimischen Arten verfügen bis auf ganz wenige Ausnahmen nicht über die Beißwerkzeuge, um unsere Haut zu durchdringen. Ist dies doch der Fall, endet ein Biss für den Menschen nicht tödlich, sondern im höchsten Fall unangenehm. Davon abgesehen ist das Gift der Spinnen nicht zum Töten, sondern zum Betäuben oder Lähmen gedacht. Außerdem sind sie nicht besonders aggressiv, die achtfüßigen Weber, sondern ergreifen eher die Flucht, wenn sie nicht die Schreckstarre vorziehen.
Auf den ersten Blick sind sie keine Schönheiten – sie gefallen uns nicht, im Gegensatz zu den Marien- oder vielleicht auch Maikäfern. Ihre zangenbewehrten Kiefer sorgen auch nicht für Sympathie bei uns Menschen. Dabei sind sie eher nützlich – in anderen Kulturen, wie zum Beispiel in Asien, geht man weit entspannter mit Spinnen um. Im Haus werden sie dort eher geduldet als bei uns, denn sie jagen und fangen andere, weit unangenehmere Insekten. Diese Sichtweise setzt sich auch bei uns zunehmend durch, denn wer Spinnen Obdach gewährt, hat mit Sicherheit weniger Fliegen im Haus.
Mensch und Spinne kommen sich im Allgemeinen nicht ins Gehege, sondern profitieren voneinander auf diese Weise. Viele Leute mögen die Tierchen zwar nicht als Untermieter, greifen aber nicht gleich zum Schlaginstrument, sondern fangen sie lebend, um sie behutsam auszuquartieren. Ein guter Kompromiss ist das allemal. Wer schon einmal die filigrane Schönheit eines Spinnennetzes im Morgentau betrachtet hat, kann die winzigen Weber nur bewundern. Diese kurzlebigen Kunstwerke haben Maler und Fotografen inspiriert und Menschen mit aufmerksamen Augen bezaubert. Ist so ein Netz aber verlassen und unbrauchbar geworden, sorgt es für vielleicht größeren Ekel, als es die kleinen Hersteller je könnten. Menschen bekommen Schreikrämpfe, wenn sie von alten Spinnweben gestreift werden – denn diese symbolisieren das Unbekannte in dunklen Winkeln und werden in Filmen gar zu gern als Dekoration für zünftige Gruften und Spukschlösser genutzt. Tüchtige Hausfrauen sehen sich sowieso als erklärte Feinde der Spinnweben und mögen schon aus diesem Grund die Spinnen nicht besonders.
Bei manchen Völkern genießen die Tiere auch göttlichen Status. In der Mythologie tauchen sie oft in Verbindung mit dem Schicksal auf, denn ebenso wie die Parzen oder Moiren weben sie Fäden und "spinnen Netze" (man spricht in unserem Sprachgebrauch ja auch von "Intrigen spinnen"). Das berühmte Sprichwort vom "Spinnen am Morgen, Mittag und Abend" bezieht sich übrigens nicht auf die Tiere, sondern auf das Spinnen von Garn. Das aber sollen nach einigen alten Legenden die Menschen den Spinnen abgeschaut haben – so gesehen stimmt es dann wieder.
© Textbeitrag zu "Göttliche Webermeister" sowie Foto der Kreuzspinne: Winfried Brumma (Pressenet), 2012. Foto des Spinnennetzes: Lothar Seifert.
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