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Im Zeitalter des Devon, vor etwa 370 Millionen Jahren, entwickelten sich die ersten Haie, deren Anatomie unseren heutigen Hai-Arten ähnelte. Von den frühen Meeresräubern sind Skelettfunde äußerst ungewöhnlich, da die Stützstruktur der Haie aus reinem Knorpel besteht und sich daher Skelettüberreste nicht gut erhalten haben. Bei ihren Forschungen stützten sich die Wissenschaftler folglich auf fossile Zähne, die ihnen wertvolle Erkenntnisse lieferten.
Die ersten haiähnlichen Fische waren von recht bescheidener Größe und von der Vormachtstellung, die ihnen eines Tages zuteil werden sollte, noch weit entfernt. Im Gegenteil – der Stethacanthus, ein fremdartig aussehender Urhai, der im Oberdevon lebte und zur Gattung haiähnlicher Knorpelfische gehörte, musste bei seinen Streifzügen durch die Urmeere schon recht umsichtig sein. Bei einem zufälligen Zusammentreffen mit einem gewaltigen Panzerfisch, wie dem Dunkleosteus, wäre es zu einem fraglichen Ausgang für den relativ kleinen Hai gekommen. Es ist anzunehmen, dass der Stethacanthus solchen Nahrungskonkurrenten lieber den Rücken kehrte und sich auf die Jagd kleinerer Fischarten und Ammoniten spezialisierte.
Ammoniten sind eine arten- und formenreiche Gattung von Kopffüßern, die vom Unterdevon bis in die Oberkreide vor etwa 65 Millionen Jahren weltweit in den Ozeanen des Erdmittelalters verbreitet waren. Die marinen Urtiere waren Mollusken, die – ähnlich wie bei den heutigen Schnecken – ein Gehäuse trugen, in dem der Großteil ihres Weichkörpers saß. Über die Anatomie dieser Weichtiere ist wenig bekannt, da die meisten Fossilfunde das äußere Skelett inform der kalkhaltigen Schale bilden. An der Schale lassen sich sogar noch die Ansätze der Muskulatur erkennen. Über die Beweglichkeit der Mollusken wird viel spekuliert. Vermutlich bewegten sie sich eher langsam kriechend über den Meeresboden und waren daher für den schnellen und wendigen Stethacanthus eine leicht zu packende Beute.
Durch die am Kopf entwickelten Sinnesorgane ist es vorstellbar, dass die Kopffüßer über ein Wahrnehmungsvermögen verfügten und so die drohende Annäherung des Räubers rechtzeitig bemerkten. Der Ammonit konnte sich mit Hilfe der Rückenmuskulatur vollständig in die Kammer zurückziehen, so dass der Stethacanthus vermutlich nur das Gehäuse vorfand und demnach versuchte, die Schale zu durchbrechen, um an die inneren Weichteile zu gelangen. Ammoniten hatten wenig Möglichkeiten, sich wirkungsvoll zu verteidigen. Zahlreiche Fossilfunde mit Bissspuren an den Schalen geben Hinweise über das Ausmaß ihrer Verfolgung.
Das Jagdverhalten des Stethacanthus glich charakteristisch den rezenten Hai-Arten unserer Zeit, aber sicher hatte er bedeutende Fressfeinde, denen er aufgrund seiner geringen Größe mehr oder weniger mit Vorsicht begegnete. Optisch wies der Stethacanthus schon sehr respektable Merkmale auf. Anhand gut erhaltener fossiler Ablagerungen konnte das Aussehen des Urzeiträubers sehr genau rekonstruiert werden. Sein Maul war groß und mit scharfen Zähnen besetzt, während sein Körper eine spindelförmige Form hatte. Zudem erkannte man eine merkwürdig geformte Rückenflosse, die sich als Besonderheit herausstellte.
Anhand der erkennbaren Details war es sogar möglich, eine Geschlechtsbestimmung durchführen. Vornehmlich besaßen nur die männlichen Tiere eine solche Flosse. Diese Erkenntnis gab Anlass zur Vermutung, dass der Stethacanthus seine Rückenflosse schließlich für die Brautwerbung gebrauchte. Dieser außergewöhnliche Urhai war somit ein Teil einer rund 400 Millionen Jahre währenden Entwicklungsgeschichte und starb vor 345 Millionen Jahren aus. Zu seinen evolutionären Nachfahren gehören die Haie aus der Klasse der Knorpelfische, deren Artenvielfalt sich erfolgreich behauptet.
Lesen Sie von Anja Junghans-Demtröder auch: Meeresgiganten der Urgeschichte
© Text und Illustration zu "Stethacanthus, der bizarre Urhai": Anja Junghans-Demtröder.
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