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Lesen Sie diese Geschichte ab dem I. Teil:
Wenn ein geliebtes Tier stirbt
Am nächsten Morgen findet man dann eine Nachricht in der Postbox. Tatsächlich hat es eine Antwort gegeben, von demjenigen, der die Anzeige geschaltet hat. Da heißt es dann, dass sie noch zu haben ist, die Schöne mit den traurigen Bernsteinaugen. Dass sie Pech gehabt hat in ihrem jungen Leben, das gerade mal zehn Monate alt ist. Sie kommt aus einem Land im Osten, wo man die Sache mit den Hunden anders sieht, wo es für viele Streunerhunde und ihre Welpen keine Zukunft gibt.
Es wimmelt zwar von Inseraten über Hunde, die vermittelt, abgegeben oder verkauft werden sollen, aber Antwort bekommt man nicht immer. Einen Besuch hatte man gemacht, es ging um eine schöne Hundedame von zwei Jahren – aber da waren die hauseigenen Kater ein Problem. Die resolute Hündin sah die Samtpfoten allzu sehr als jagdbare Beute an. Man kann das zwar in den Griff bekommen, aber das dauert seine Zeit. Und das Noch-Frauchen wollte das dann auch gar nicht riskieren – so zog man ohne Hund wieder ab und begann die Suche von neuem.
Die Frage nach den Katzen hatte man ja gestellt in der Mail – und die Antwort war positiv. "Es kommt ja auf den Halter an – wie der das handhabt." Da wusste jemand Bescheid, das stand fest. Da der Hund jung und freundlich war, konnte das tatsächlich kein Problem werden. Das sieht man genauso.
Eine Mail ging zurück – man erzählt vom Hund, der gestorben war und noch einiges mehr. Dann das Telefongespräch. Eine unglaublich nette Frauenstimme, ruhig und sehr freundlich – ohne diesen "alle-anderen-außer-mir-haben-keine-Ahnung" Ton. Und der Hund, um den es geht, wird immer lebendiger, während die Frau von ihm erzählt.
Man hatte den Unterschlupf der Welpen angezündet, und nette Menschen haben die Babys aus den Flammen gerettet. In Deutschland angekommen, fand die Hündin dann einen Menschen, mit dem es allerdings dann doch nicht so recht klappte wegen Zeitmangels. Die Prioritäten hatten sich plötzlich völlig verschoben, und da war nicht mehr viel übrig für die kleine Hündin. Dann sollte sie doch noch Glück haben, da war alles sehr gut ... aber bei der Familie schlug das Schicksal zu und wieder hatte Amy, so heißt sie, kein Zuhause gefunden. Also wieder eine Anzeige im Internet geschaltet ... vielleicht mischt sich das Schicksal ja ein.
Die nette Frau gehört zur Hundehilfe, und der Verein bemüht sich vor allem um Hunde aus dem Osten. Frau F. und ihr Mann sind im Ruhestand, und ihre Vorstellung von einem schönen Lebensabend heißt vor allem: Engagement und tatkräftige Hilfe. Sie spricht von Pflegestellen und Einsätzen, und immer wieder von Amy, die ihr sehr ans Herz gewachsen ist.
Ein Problem gibt es noch ... man ist nicht mobil und der Verein ist ein gutes Stück weit weg. Aber da hört man, wie Frau F. sagt: "Natürlich bringen wir Ihnen den Hund, keine Frage." Und während man zuhört, dann wieder erzählt und wieder zuhört, ziept etwas da in der Magengrube. Kann es sein, dass man den "richtigen" Hund gefunden hat? Man muss noch mit der Familie sprechen – bis jetzt war es ein Sologang, niemand weiß bis jetzt etwas von Amy. Man hat das Bild immer wieder für sich selber angeschaut, ohne etwas darüber zu sagen. Man hat ja selber nicht wirklich daran geglaubt. Aber als man dann zurückruft und nur noch den Termin ausmachen muss, da weiß man, dass es tatsächlich so weit ist. Und das Bild von Amy – das sieht man jetzt mit völlig anderen Augen an. "Amy" wird auf einmal zu "meine Amy". Zu "unserer Amy".
Und dann hat man nur noch Angst, dass irgendetwas dazwischen kommt. Aber Familie F. schickt weitere Bilder von der Hübschen mit den Goldaugen, auch solche, die sie mit drei Monaten zeigen. Natürlich kann man nicht widerstehen, die Bilder herumzuzeigen. "Was ist das für ein Hund?", wird gefragt. "Keine Ahnung", sagt man und das stimmt auch – es interessiert nicht. Diese Augen gehören zu einem tollen Hund. Mehr muss man eigentlich nicht wissen.
Die Sachen werden gesichtet: ein neues Hundebettchen, Decken mit Pfotenabdrücken draufgedruckt – alles neu. Das Halsband der Freundin, die gegangen ist, wird nicht passen. Es ist zu groß. Man wird es aufbewahren – zu viel hängt daran an Erinnerung, Liebe, Freundschaft, und vor allem an glücklichen Momenten. Ganz viele dieser Augenblicke haben mit diesem Halsband und derjenigen, die es getragen hat, zu tun. Es ist ein Pfand dafür, dass es das glückliche "Hier und Jetzt" gibt. Spielzeug wird eingekauft und eine Mail geschrieben wegen der Futterumstellung. Es ist so lange bis zum zweiten Advent, da soll sie nämlich ankommen, die Amy. Sie wird ein richtiger Weihnachtshund sein.
Und noch immer glaubt man es nicht wirklich ...
© Hundegeschichte "Ein Ende und ein Anfang: Der Weihnachtshund" und Foto: Winfried Brumma (Pressenet), 2013.
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