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Deutschland ist ein aufgeklärtes Land – hier gibt es Tierschutzgesetze, die greifen. Das tun sie allerdings nur, wenn es um Delikte geht, die Privatleute begehen – ob absichtlich oder nicht. Das Halten von Tieren, respektive von Hunden, wird den Deutschen durch neue Gesetze und Verordnungen immer mehr erschwert, so dass es für Menschen mit geringem Einkommen fast unmöglich ist, einen Hund zu halten. Das ist bedauerlich, vor allem weil die therapeutische Wirkung eines solchen Hausgenossen gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann. Der für viele Menschen einzige Trost in einer emotional zunehmend kälter werdenden Umwelt wird ihnen langsam aber sicher genommen – und somit richten sich Verordnungen gegen den Menschen.
Die Tierheime sind voll, immer wieder gehen verzweifelte Aufrufe zur Adoption oder Pflegschaft eines Hundes oder einer Katze durch die Medien, und Spenden werden dringend gebraucht. Hier in Deutschland gibt es unter manchen Betreibern solcher Einrichtungen schwarze Schafe, die eher eine Folie für Abschreibungen brauchen als Winterdecken für die Tiere. Das ist die Ausnahme – und Streunerhunde gibt es hierzulande kaum. Das Problem sind ausgesetzte Tiere, von denen nicht alle das Glück haben, in einem gut geführten Tierheim oder einer anderen Initiative Station machen zu können. Trotz des ständig steigenden Bewusstseins, was die Bedürfnisse der Tiere betrifft, gibt es sehr viel an verstecktem Elend.
Tierschutz und unterschiedliche Denkweisen
In den letzten Jahren sind verstärkt die Streunerhunde und Katzen in den osteuropäischen oder mediterranen Ländern in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt. Touristen berichten entsetzt über abgemagerte, kranke, ungeliebte und zu einem frühen Tod verurteilte Hunde, die von den Einheimischen nicht wahrgenommen oder – wenn es schlimm kommt – getreten, geprügelt oder in nicht wenigen Fällen – systematisch gequält werden.
Die Unterschiede in den Ländern der EU, was den Tierschutz betrifft, sind so gravierend, dass man an ihnen kulturell unterschiedliche Denkweisen festmachen kann. Hunde sind entweder zum Gebrauch bestimmt – als Wach-, Hüte- oder Jagdhund ... oder sie sind nichts. Verhätschelte Schoßtiere, wie sie im westlichen Europa an der Tagesordnung sind, gibt es in Bulgarien oder Rumänien seltener. Augenzeugen berichten immer wieder von Grausamkeiten, die uns entsetzen – so ist es keine Seltenheit, dass in einem Stadtteil jemand mit einem Gewehr auf Tiere schießt – etwa, so wie hier jemand aus Langeweile oder Verdruss Kieselsteine mit dem Fuß fortkickt.
Kinder, auch schon die jüngsten, finden überhaupt nichts dabei, sondern machen bei diesem "Spiel" ganz selbstverständlich mit. Verboten ist so etwas nicht – es sei denn, jemand fühlt sich durch den Lärm belästigt. Fälle von regelrechten Hinrichtungen unglücklicher Hunde oder Katzen, die furchtbar misshandelt aufgefunden werden, sind hier im Land etwas, das gelegentlich durch die Presse geht – in Bulgarien zum Beispiel nimmt dies jedoch kaum jemand wahr. Da werden Hunde unter schlimmsten Umständen an der Kette gehalten, sind jahrelang oder zeit ihres Lebens in einem Verschlag eingepfercht – als lebende Alarmanlage am Haus installiert.
Es wäre allerdings falsch, daraus zu schließen, dass die Einwohner osteuropäischer Länder wie den genannten allesamt pathologische Tierquäler sind – das ist eben nicht der Fall. Das Problem liegt ganz einfach im Bewusstsein der Menschen. Mit dem Luftgewehr auf ein lebendes Ziel ballern, das sich dann verletzt und schreiend fortschleppt, ist nichts als ein Spaß. Hier in Deutschland ist dasselbe Tun tatsächlich pathologisch einzuordnen. Es kommt auf das emotionale Umfeld an. Wenn es alle tun, ist es normal. Wobei allerdings nicht vergessen werden darf, dass nicht alle Menschen in Osteuropa zu solchen Dingen bereit sind. Aber diejenigen, die es tun – weitaus mehr als hier – werden rechtlich nicht belangt.
Das Umdenken ist etwas, das Zeit braucht – aber die Tiere können nicht warten, bis jeder begriffen hat, dass sie Lebewesen sind, die mit uns den Planeten bevölkern und tatsächlich "aus demselben Stoff" gemacht sind wie wir Menschen. Bevor dieses Verhalten geändert werden kann, muss es geächtet und sanktioniert werden. Auch hier sind schon Streunerkatzen zu Tode gefoltert worden, auch unter dem Beifall von Umstehenden, die derselben Clique angehörten – aber das geschah nicht am Tage und nicht für jeden sichtbar. Weil es hierfür Strafen gibt, weil es keine Akzeptanz dafür gibt und weil niemand dafür bewundert wird. Außer im speziellen Kreis der Täter, in dem sich eine Gruppendynamik so weit entwickelt, dass solche grässlichen Dinge möglich werden. Es ist die Ausnahme.
Einen Hund bei den Hinterläufen nehmen, ein sowieso von Hunger entkräftetes Tier, und es rüde zur Seite zerren, während ein Helfer mit einem Knüppel zuschlägt – das ist eines der vielen Bilder, die wir selten sehen – und die wir auch nicht sehen wollen. Das wirklich Grausame daran ist, dass ein Hund immer Hoffnung haben wird, dass er immer den Kopf nach der hingehaltenen Hand recken wird und den Knüppel nicht wahrnimmt in seiner Sehnsucht nach Schutz und Geborgenheit. Und dann noch nicht einmal, nach der bösen Enttäuschung, die Gnade eines schnellen Todes erwarten darf.
Konzentrationslager "Tierheim"
Die Streunerhunde, die unbehelligt bleiben von Menschen, leben ständig am Abgrund. Von Parasiten geplagt, von Krankheiten und Wunden gezeichnet, ewig hungrig bilden sie ein lebendes, atmendes und sichtbares Elend. Möglicherweise werden sie deswegen gehasst und verachtet – sie sind das wirklich allerletzte Glied in einer Kette, die aus Menschen besteht, die schwer zu kämpfen haben. Es gibt viele Menschen, die sich für die Streuner einsetzen – in den mediterranen Ländern, in den Gebieten des ehemaligen Ostblocks. Zwar sind die Tierheime hierzulande überfüllt, aber wer das Elend dieser Tiere gesehen hat, kann kaum anders als sich anzunehmen in irgendeiner Weise.
Es gibt natürlich auch Stationen für die Streuner in diesen Ländern – aber tatsächlich sind diese "Tierheime" eher so etwas wie Konzentrationslager, mit dem Hauptgewicht auf "Problemlösung". Wie diese aussieht, muss nicht erklärt werden – es sind Todestrakte, sonst nichts. Nur, dass in jedem Gefängnis die Todeskandidaten mit mehr Respekt behandelt werden und nicht mit Hunger und Gewalt gequält werden. Dem Einsatz einiger Gruppen ist es zu verdanken, dass schon einige dieser Lager geschlossen werden konnten – aber der Weg dahin war nicht eben einfach.
Was wir tun können, außer Spenden oder Adoption eines über die Grenze gebrachten Hundes, ist der Einsatz für ein gleichlautendes Tierschutzgesetz in der Europäischen Union. Zwar werden bestehende Gesetze nicht unbedingt gleich befolgt, weil es nicht einfach ist, ihnen Geltung zu verschaffen – aber der Anfang wäre gemacht. Es geht vor allem darum, das Quälen und Töten von diesen Tieren zu kriminalisieren. Dieser erste Schritt ist der Wegbereiter für ein verändertes Bewusstsein. Es fehlt hier nicht nur an der Empathie, sondern es geht auch um das, was "schon immer so war und was alle machen". Man kann aber Menschen nicht gegen ihr Einverständnis sensibilisieren für das Leiden von Lebewesen – den Schritt zur Wahrnehmung müssen sie selber machen. Strengere Tierschutzgesetze, denen auch Geltung verschafft wird, wären da sehr hilfreich als Ansatz zur Erziehung zur Menschlichkeit – denn genau das ist Tierschutz.
Zahlreiche Vereine machen sich durch ihr Engagement für beides stark. Menschen brauchen ein gesundes Verhältnis zu Tieren, denn das bedeutet ein ausgewogenes soziales Miteinander. Im Grunde geht es auch darum, die Menschen in den betroffenen Ländern vor dem zu schützen, was sie letztendlich in den Abgrund treiben würde: der Ignoranz den Lebewesen gegenüber, die diese Erde mit uns teilen und die uns mehr als wohlwollend gegenüberstehen. Die Hunde wurden von den Menschen gezüchtet, um Helfer und Sozialpartner zu haben – sie haben ihren Teil immer erfüllt. Es ist für niemanden gut, Grausamkeit so ausleben zu können wie Festtagslaune, und noch ohne dass irgendjemand sich empört.
Gefühlskälte ist etwas, das wächst, wenn es nicht rechtzeitig eingedämmt und somit zum Standard werden kann. Dabei muss nicht Bösartigkeit eine Rolle spielen, sondern die Gewohnheit. Der Tierschutz greift hier über, indem Regeln geschaffen werden – das Denken ändert sich mit der Zeit, nicht heute, aber mit Sicherheit morgen und übermorgen. Deshalb ist Tierschutz vor allem auch Menschenschutz, er schützt uns vor Gleichgültigkeit und Verrohung. Denn nur ohne diese haben wir eine Zukunft.
© "Straßentiere: kein Thema für uns Deutsche?": Textbeitrag und Fotos der Tiere von Winfried Brumma (Pressenet), 2013.
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