|
Seit 2008 das Buch "Generation Doof: Wie blöd sind wir eigentlich?" von den Autoren Bonner und Weiss erschienen ist, hat sich nicht viel geändert – außer vielleicht zum Schlechteren. Was in diesem Buch beschrieben ist, also das tägliche, völlig sinnfreie Leben der jungen bis jüngeren Deutschen, liest sich unglaublich lustig. Sieht man das allerdings am realen Beispiel, bleibt einem das Lachen schnell im Halse stecken.
Trotz ständiger, fast schon bemitleidenswerter Bemühungen der Schulen scheint das Bildungsproblem vor allem daraus zu resultieren, dass weder Eltern noch Kinder Wert auf etwas legen, das in irgendeiner Form mit Wissen zu tun hat. Natürlich gibt es die jungen Menschen, die wissen, wie man ein Buch öffnet, die sich für Umwelt oder sonst etwas engagieren, das ihnen am Herzen liegt und auch andere Menschen betrifft.
Es gibt auch Eltern, die sich für ihre Sprösslinge tatsächlich interessieren, und Entsetzensschreie von sich gäben, würden sie ihre zehnjährigen Kinder mit PC-Spielen erwischen, die erst ab 18 Jahren freigegeben sind. Aber die fallen nicht wirklich auf.
Was sich direkt in die Wahrnehmung drängelt, sind die Geschehnisse in Echtzeit, die einem mittelalterlichen bis spätmittelalterlichen Menschen so begegnen. Da wäre zum Beispiel die Sache mit der Druckerfarbe. Man begibt sich also in einen großen Markt, in dem man einkauft, wenn man nicht blöd ist und sucht nach diesem Artikel. Und findet erst einmal alles, nur keine Druckerpatronen. Ein genervter Angestellter, der gerade die Volljährigkeit hinter sich gebracht hat, wedelt gelangweilt mit der Hand und zeigt in eine bestimmte Richtung: "DA DRÜBEN."
Tatsächlich entdeckt man eine ganze Wand, die mit nichts anderem als diesen Farbkartuschendingern bestückt ist. Da man sich erst einmal orientieren muss, näselt der Angestellte dann, nachdem er weiß, um welchen Drucker es sich handelt: "Wir haben ein Leitsystem. Hier sehen Sie den Hersteller (aha) und hier die passenden Farben. Für Sie sind das dann die mit dem Löwen." Man ist erstaunt bis genervt, denn man sieht die Packung mit dem Löwen nicht. Und als der mittlerweile sehr gelangweilte Helfer dann näher herangeht und mit dem Finger direkt auf die Schachtel tippt und sagt: "Hier, die mit dem Löwen", sagt man gar nichts mehr und nimmt die Packung mit dem GEPARDEN sachte vom Haken, ohne noch ein Wort zu sagen.
Durch die Fußgängerzone gehen bedeutet, dass man hier und da Gespräche mithört, die einen nicht wirklich interessieren. Die beiden Teenies weiblichen Geschlechts, die sehr aufgeregt über einen Mitmenschen des gegensätzlichen Geschlechts sprechen, ziehen allerdings die Aufmerksamkeit auf sich. Jedes zweite Wort wäre "Alter" (Originalton: "Alda"), womit sie jeweils das andere Mädchen meinen. Biologie schwach, Geschlechterkampf einigermaßen fit. Da sich die Sätze in regelmäßigem Turnus wiederholen, fungiert dieses geschlechtsbestimmende Wort wahrscheinlich als bloßer Füller – und man ist jedenfalls froh, wenn man den Überholvorgang einleiten und sich zügig entfernen kann.
Ein Abstecher zu Internetseiten, die eigentlich der Kommunikation dienen sollten, vermittelt einen grausigen Eindruck. Eine Seite, auf der man sich befindet, wenn man den oder den kennt, bietet jede Menge Stoff für Studien – oder Horror, je wie man es sieht. "Bücher, was ist das?", oder etwas, das dieser Aussage entspricht, steht in jedem dritten Profil. Man ist stolz darauf, der Generation Doof anzugehören und zeigt das auch. Ältere Mitglieder, die nicht gerne lesen, sparen sich dieses Statement. Sie geben nicht damit an. Gut, man muss sich da schließlich nicht umsehen – schon klar. Wenn aber im Gespräch mit einem Jugendlichen, der die Mittlere Reife als Schulabschluss vorweisen kann, auf den Einwurf "Du meinst wohl Japan, nicht China" der Spruch "Das ist doch dasselbe" kommt, dann weiß man, dass dieses Buch eher noch schöngefärbt hat.
Aber das Kopfschütteln kommt zu spät – zu "Doof und stolz drauf sein" ist nun auch noch die "Chantalisierung" hinzugekommen. Die ist zwar lustig – aber nur dann, wenn man nicht in irgendeinem Markt von einem der Anhänger bedient wird.
© "Generation Doof und das tatsächliche Leben": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2013.
Archive:
Jahrgänge:
2022 |
2021 |
2020 |
2019 |
2018 |
2017 |
2016 |
2015 |
2014 |
2013 |
2012 |
2011 |
2010 |
2009
Themen:
Rezensionen |
Krimi Thriller |
Ratgeber |
Sagen Legenden |
Fantasy Mythologie
Noch mehr Bücher lesen (Werbung):
Fantasy & Science Fiction
| Krimis & Thriller
| Ratgeber
| Reise & Abenteuer
Sie schreiben anspruchsvolle Romane und Erzählungen? Wir suchen neue Autorinnen und Autoren. Melden Sie sich!
Wenn Sie die Informationen auf diesen Seiten interessant fanden, freuen wir uns über einen Förderbeitrag. Empfehlen Sie uns auch gerne in Ihren Netzwerken. Herzlichen Dank!
Sitemap Impressum Datenschutz RSS Feed