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Die ganze Klasse feixt vor sich hin, alle sind gespannt. Denn nachdem alle über den großen Bock gesprungen sind, mit mehr oder weniger Schwung, ist die Reihe jetzt klein geworden. Die Moppelchen konnten sich immer wieder die eine oder andere Position nach hinten mogeln – jetzt geht nichts mehr und sie müssen ran. Es kommt wie es kommen muss – die Klasse hat ihren Spaß und der Turnlehrer kann sich einen bösen Spruch auch nicht verkneifen.
Kennen Sie das? Diese Szene ist jedem bekannt, der einmal Schüler war – und zwar von der einen oder der anderen Seite. Wie viele Kinder den Turn- bzw. den Schwimmunterricht hassten, kann nicht nachvollzogen werden – es waren jedenfalls sehr viele. Das lag zum Teil an den schlecht ausgebildeten Sportlehrern, denen kaum etwas anderes einfiel als Geräteturnen, einer nach dem anderen: ex und allez hopp! Gymnastik zum aufwärmen, stures Abhandeln der Übungen und dann wieder einigermaßen unsinnige Anstrengungen. Es gibt natürlich auch Ausnahmen – aber leider sind die selten.
Vielen Kindern macht das Spaß – sie mögen Sport und sie mögen auch den Wettkampf. Anderen ist Sport eher gleichgültig und sie absolvieren die Sportstunden einigermaßen abwesend. Für viele allerdings ist es eine wirkliche Prüfung. Hinzu kommen Verweigerer aus religiösen Gründen – nachvollziehbar oder nicht – der Sportunterricht gerät mitunter zum Politikum. Aber muss das tatsächlich so sein?
Brauchen wir Sportzwang an deutschen Schulen?
Wieso wird ein Fach, das eigentlich völlig ohne Belang für Bildung ist, tatsächlich benotet? Warum wird die heilige Kuh "Turnunterricht" eigentlich so verbissen gesehen – wie wäre es denn zum Beispiel, wenn Sportunterricht kein "Muss", sondern ein "Kann" darstellte? Wenn sportbegeisterte Schüler sich hier einbringen könnten, andere aber damit aufhören könnten, sich vor der ganzen Klasse zum Deppen zu machen?
Wenn das Angebot an so genannten Arbeitsgemeinschaften groß ist, kann man bis zu zwei davon als Pflicht nehmen – aber die Kinder hätten immer noch die Wahl. Kochen und Handarbeiten sollte ganz unbedingt freiwillig sein – Ernährungslehre und Nahrungsmittelkunde hingegen nicht. Sich über die Nahrung zu informieren ist weitaus wichtiger als in Gruppen Küchenarbeit zu proben ... die kommt noch früh genug. Handarbeiten ist ebenfalls etwas für diejenigen, die Interesse daran haben – wie viele leidgeprüfte Schüler bestätigen können. Jemanden danach zu beurteilen, wie er eine Ferse häkelt oder eine Badetasche näht, indem er Noten dafür erhält, ist völlig unlogisch. Niemand, der Bewerbungen liest, wird sich fragen, ob der Bewerber weiß, wie man mit Batikfarben umgeht – außer natürlich, es gehört zum Berufsbild. Nach der Fähigkeit, an einem Stufenbarren eine halbwegs gute Figur zu machen, werden Berufsanfänger wahrscheinlich auch nicht ausgesucht.
Wichtige Fächer sind noch in kaum einem Stundenplan enthalten – wie zum Beispiel die oben erwähnte Ernährungskunde, das Arbeitsrecht oder das Nahebringen ökologischer Zusammenhänge. Wahlfächer wie Theater, Chor, Sport, Tanz oder Gestalten sollten den Schülern Spaß machen und ihnen Möglichkeiten aufzeigen. Das sollte aber weitgehend freiwillig sein – gezwungenermaßen wird niemand zur Sportskanone oder zum Künstler. Wenn Sport als Pflichtfach, dann eher so, dass niemand dadurch zum Außenseiter wird. Sobald es anfängt, volle Leistung zu fordern, gehört es in die Spalte "freiwillige Teilnahme". Den Schülern nahezubringen, wie wichtig Bewegung ist und sie über die Möglichkeiten zu informieren, ist eigentlich schon wieder ein Lernfach für die Schulbank, vielleicht mit Schnupperaktionen.
Niemand gewinnt etwas dabei, wenn jemand gegen alle körperlichen Möglichkeiten zu etwas gezwungen wird, das er nicht leisten kann. Schule sollte so angstfrei wie möglich sein.
© "Sportzwang an deutschen Schulen": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2013. Bildnachweis: Teamsport, CC0 (Public Domain Lizenz).
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