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Ich bin "nur" Vegetarier – noch jedenfalls. Damit möchte ich sagen, dass sich der Schritt zum veganen Leben schon abzeichnet für mich. Es ist, denke ich, eine logische Konsequenz. Die Debatten um Fleischkonsum oder Fleischverzicht werden immer erbitterter geführt – im Internet und sogar auf der Straße. Dabei geht es nicht immer sehr zivilisiert zu – und im Voraus möchte ich dazu noch sagen, dass Veganer oder Vegetarier sein nicht bedeutet, dass man automatisch ein "Gutmensch" ist. Hitler, so heißt es, aß kein Fleisch und konnte "kein Blut" sehen. Wir sprechen hier nicht von charakterlichen Eigenschaften, aber wir sprechen von Verantwortung.
Fragt man Veggies – gleich welcher Gruppe sie angehören – nach ihrem persönlichen Weg, der zu ihrer Überzeugung geführt hat, wird man unzählige Berichte hören. Sie gleichen sich in wichtigen Punkten zwar, aber jede dieser Geschichten ist anders. Hier ist meine.
Milch und gute Butter
Fleisch – das ist ganz was feines ... aber als Kind hatte ich diese leichte Zickigkeit beim Essen. Mürber Sauerbraten war okay, geschmortes Hühnchen gerade so. Die Beilagen interessierten mich meistens mehr – Klöße, Nudeln, Kartoffeln. Ohne Fleisch keine Soße – klar, und die mochte ich nun wirklich. Ich wuchs bei meinen Großeltern auf, die nach den Kriegsjahren ihr Wohlergehen zu einem beträchtlichen Teil am Essen festmachten. Das ist durchaus verständlich, noch heute verstehe ich das sehr gut. Hinter den immer wieder erzählten Geschichten vom "Hamstern und dem Hunger" spürte ich noch immer die Angst, die ihnen in den Knochen steckte. Und eines der Heilmittel dagegen waren dicke, üppige Soßen und Gemüse mit viel, viel Butter und Sahne.
Butter ... das war etwas, das in den Kriegsjahren wertvoll war wie Diamanten – jedenfalls erzählte das Oma. Und es freute sie wahrscheinlich, dass "gute Butter" wieder selbstverständlich auf den Tisch kam. Milch holte man im kleinen Laden nebenan (fast jede Straße hatte so einen), indem man eine saubere und leere Glasflasche an einer interessant aussehenden Pumpe füllen ließ. Die noch viel interessanteren Milchkannen aus Metall hatte ich leider verpasst – in der Stadt wurden sie nicht mehr benutzt. Milch und Kuh hatte ich schon zusammengebracht – ich sah schließlich fern. Das Schwarz-Weiß-Gerät mit den Schiebetüren war der neueste Familienmittelpunkt – und es gab durchaus lehrreiche Dinge zu sehen.
Dass die hübschen Hühner, die ich im Bilderbuch so mochte, etwas mit den sonntäglichen Schlemmereien zu tun hatten, war verschwommen am Rande meines Bewusstseins präsent – aber noch nicht wichtig. Ich brachte es einfach nicht zusammen, als Kind. Außerdem liebte ich Wurst. Salami zum Beispiel. Beim wöchentlichen Einkauf in der Metzgerei kriegten höfliche Kinder schließlich immer auch eine Scheibe feine Wurst – das war Usus. Man knickste, sagte brav "Danke schön" und schob sich das Leckerle zwischen die Zähne.
Speck oder Wurst in Löwenzahnsalat
Großvater hatte sonderbare Vorlieben. Steinharte, schwarze Blutwurst, die kaum zu schneiden war und die er mit Schwarzbrot und viel Senf aß. Gebackene Blutwurst mit Bratkartoffeln waren etwas, das er sehr schätzte. Limburger Käse liebte er auch – ebenfalls mit viel Senf und dunklem Brot. Da ich wiederum Opa sehr liebte, mampfte ich dieses Zeug mit Begeisterung. Üppigste Eintöpfe mit viel Speck (den ich eigentlich widerlich fand) und kettenweise deftige Rindswürste im Sauerkraut – das sind so die Gerichte meiner Kindheit. Speck oder Wurst gab es eigentlich in allem, ob das nun Kartoffelsuppe war oder Löwenzahnsalat – Majorankartoffeln oder Linseneintopf. Ich kannte das nicht anders. Und sonderbarerweise lieben die meisten Kinder eben Würstchen – wieso, weiß ich eigentlich nicht. Die allgegenwärtige Bratwurst lauerte allerdings auch an jeder Ecke – Wochen- oder Jahrmarkt, Imbissbude – immer duftete es nach so etwas, wenn man unterwegs war.
Gemüse mochte ich sehr – gab es einmal etwas ohne Fleisch, wenn es sehr warm draußen war zum Beispiel, fragte ich nicht danach. Sprüche wie "Ein Mann braucht Fleisch" kannte ich zwar, hielt sie allerdings für komisch. Den Zusammenhang zwischen Schnitzel und körperlicher Leistungsfähigkeit konnte ich nicht erkennen, es erschien mir nicht logisch. Als experimentierfreudiges und neugieriges Kind, das ich war, kam ich auf recht sonderbare Ideen. So schnitt ich einmal heimlich einen Streifen rohes Fleisch ab und kaute darauf herum. Ich wollte wissen, wie das ist – wahrscheinlich hatte mich ein Film oder eine Geschichte darauf gebracht – und ich fand, dass es eigentlich nach nichts schmeckte. Egal um was für Fleisch es sich handelte – es schmeckte nur der Gewürze und Soßen wegen gut, das wurde mir schnell klar. Zu der Zeit war "Tatar" in Mode – gut angerichtetes rohes Hackfleisch. Mich schüttelte allein der Gedanke daran (heute könnte man so etwas nur unter erhöhtem Risiko essen) – ich wusste ja, wie eklig das rohe Zeug war. Zum Glück gab es das bei uns nicht – Oma hätte das als äußerst "neumodisch" verworfen.
Mein Fleischkonsum hielt sich sehr in Grenzen – aber Salami und anderen Wurstsorten konnte ich nicht sehr widerstehen. Käse mochte ich nicht – ausgenommen Schmelzkäse. Ich wusste natürlich nicht, dass die nett herausgeputzten kleinen Dreiecke in hübscher Folie nichts weiter als Abfallprodukte sind und praktisch aus Fett, Geschmacksverstärkern und Salz bestehen. Oma wusste es auch nicht. Sie dachte allen Ernstes, die Käseecken seien gut für mich. Das dachte sie auch von Cornflakes, Schokoladenpulver für Milch, und überhaupt von allem, das gut schmeckte und üppig war. Sie hatte einfach zu lange auf das Nötigste verzichten und zusehen müssen, wie ihre Kinder eben auch verzichten mussten.
Trotz der großelterlichen Bemühungen war ich untergewichtig – eine ständige Sorge. Der Arzt beruhigte Oma, aber sie schien Angst zu haben, dass man denken könnte, sie würde mich kurz halten. Das Untergewicht hielt ich mühelos, obwohl ich gerne und viel aß. Süßigkeiten, Chips, Currywurst und Pommes. Niemand dachte über das Essen nach – Diät war etwas für Kranke. Oder für Dicke. Leider mochte ich kein Obst, außer auf Kuchen oder in Joghurts – allenfalls naschte ich Bananen oder Trauben. Die Teenagerzeit stand im Zeichen der Pizza und der Spaghetti – italienisch war angesagt und lecker war es auch. Die Imbissbuden bekamen Konkurrenz aus den USA: McDonald's eroberte den Fastfoodbereich der Städte. Und ich kann heute behaupten, noch niemals einen Big Mac oder einen Cheeseburger gegessen zu haben – allerdings aus politischen Gründen. Es dauerte viele Jahre, bis ich überhaupt ein Mac's betrat – und dann auch nur für Kaffee (wenn zum Beispiel sonst nichts geöffnet hatte am Sonntagmorgen).
Die Jahre flogen so dahin, ohne dass ich nennenswerte Fortschritte in Bezug auf Ernährungslehre gemacht hätte ... allerdings bin ich jemand, der dem Essen nicht die Hauptrolle im Leben zuweist. Gut essen ist etwas sehr schönes – Bratkartoffeln oder Nudeln sind aber auch okay. Man speist öfter nach dem Geldbeutel als der Speisekarte – und die Nahrungsaufnahme sollte nicht zu einer Affektiertheit werden. Es gibt und gab Wichtigeres als das.
Froschschenkel und Schnecken
Als Stadtkind stellte ich den Bezug zur Nahrung nicht her – liebe Kälbchen und putzige Entchen kannte ich aus so genannten Naturfilmen und Bilderbüchern. Über Leoparden wusste ich mehr (manches davon falsch dank Bernhard Grzimek und Co) als über Kühe, Schweine oder Hühner. Aber als lernbereiter Mensch kam ich zu Informationen über so manches, was die Herstellung einiger Leckereien betrifft. Ein Film über die Art und Weise, wie Froschschenkel "fabriziert" werden, reichte mir, um so etwas nicht anzurühren. Ich fand es sowieso ziemlich überkandidelt, solch winzige Dinger dutzendweise zu essen, wo es ein Steak wohl auch getan hätte. Die Gedanken über die Steaks machte ich mir erst später. Hummer kam ebenfalls nicht infrage – weil ich die Tötungsart widerlich fand. Dass jemand Schnecken isst, will mir heute noch nicht wirklich in den Kopf – es handelt sich um die gleiche Spezies, die man im Garten verflucht, vor der man sich ekelt ... allein schon des Schleimes wegen. Ob Weinberg- oder rotbebänderte Gartenschnecke ... wo ist da, beim heiligen Lukullus der Unbedarftheit, der Unterschied?
Die kleinen Fleischklümpchen sind nur der Knoblauchbutter wegen genießbar – und auch sie werden, wie ich glaube, in kochendes Wasser geworfen. Dass das den Schweinen auch passiert – und oft noch während sie am Leben sind in der Schlachtfabrik – wusste ich zu der Zeit noch nicht. Aber mein Speisezettel wurde kürzer, je mehr Informationen ich sammelte. Ein Film über die Fischtrawler der See hatte gereicht, um das Menü um den Fischgang zu kürzen. Den Anglern zugucken tat ein Übriges. In qualvoller Enge in einem Eimer zu zappeln, immer knapp am Ersticken, nur weil der Angler sie möglichst FRISCH haben will und sie nach dem Fang nicht sofort tötet und ausnimmt – das ist barbarisch. Wie in den großen Betrieben gearbeitet wird und was Fischstäbchen eigentlich sind (siehe Schmelzkäse) wusste ich ebenfalls noch nicht. Auch das kam später.
Zu der Zeit bereicherte ich mein Leben als halbwegs Erwachsener (so um die zwanzig herum) durch Haustiere. Früher hatte es bei uns Meerschweinchen gegeben, von denen ich sogar wusste, dass man sie in ihrer eigentlichen Heimat isst wie hierzulande Kaninchen. Goldhamster hatte ich auch gehabt und innig geliebt, was wohl kaum auf Gegenseitigkeit beruht hatte. Sie waren lieb gewesen, wurden versorgt und beknuddelt – aber wirklich gewusst hatte ich damals nichts von ihnen. Das kam mit Hund und Katze – die ich schnell als Freunde ansah. Der Unterschied lag in der Empathie – es ging (auch durch meine erreichte Reife in solchen Dingen) mehr auf gegenseitiges Annehmen. Und da taten sich völlig neue Welten auf.
Fleisch aß ich immer noch – wenngleich kein Kalb und ganz bestimmt nie etwas "englisch". Blut auf meinem Teller, das aus halbrohem Fleisch austrat, das wollte ich nicht. Das erschien mir ... zu nahe an den Tatsachen? Unterbewusst wird es das gewesen sein, zumindest kann ich mir das vorstellen. Dann ein fürchterlicher Film – ein verdeckter Ermittler hatte heimlich eine Trainingsstunde mitgeschnitten – eine für Kampfhunde in England. Das Kälbchen weinte nicht einmal – erst einmal nicht, als der ebenfalls bemitleidenswert vergewaltigte und verdrehte Hund an ihm riss ... ich sah nur wenige Minuten hin und rannte dann laut schreiend aus dem Zimmer. Noch jetzt, während ich diese Geschichte schreibe, tut das fürchterlich weh. Und da hat wahrscheinlich dieser Prozess des Neinsagens eingesetzt ... langsam aber stetig.
Ich bin noch oft aus dem Zimmer gerannt, in dem der Fernseher stand: Viehtransporte – leidvolles Blöken, fast menschliches Schreien – Hilferufe. Ein Weidetier, dessen Herde in Australien vom Hubschrauber aus zum Spaß niedergemäht wurde, ein überlebendes Kälbchen, das sehnsuchtsvoll nach Hilfe blökte ... zu den Männern, die kamen, um die Überlebenden zu töten. Ich kriegte das nicht aus dem Kopf ... sehe das Tierchen vor mir. Ein Tierjunges, ein Menschenjunges ... kein Unterschied. Und es gibt solche Szenen, auch wenn ich das noch nie gesehen habe – auch mit menschlichen Akteuren. Aufgerissene Kinderaugen vor einer Gewehrmündung – das Lachen derjenigen, die abdrücken.
Das Hühnerbein
Und immer noch kam Fleisch auf den Tisch. Wieso – das kann ich nicht sagen. Das Zeug schmeckte mir nicht, ich konnte sehr leicht darauf verzichten – aber hier und da die Gedankenlosigkeit. Obwohl ich mittlerweile sehr viel mehr wusste, war der "Klick" noch ausgeblieben. Ich lebte nicht alleine – sonst wäre wahrscheinlich der Konsum toter Tiere fast null gewesen. Man aß eben mit. Aber dann kam dieser spezielle Abend – es hatte Hühnerbeine gegeben aus dem Grill. Ich sah so mit einem Auge beim Essen zum Fernseher – es wurde ein Kriegsbericht gesendet. Welcher Krieg es war, weiß ich nicht mehr – aber man sah eine Filmaufnahme von einer jungen Frau, einem Mädchen eigentlich noch, die von einer Granate oder etwas Ähnlichem getroffen worden war. Ihr Oberarmknochen stand hervor, hatte sich durch das Fleisch gebohrt. Ich sah auf das Hühnerbein in meiner Hand, das genau so aussah wie dieser völlig zerstörte Oberarm dieses Mädchens ... gebrochen und zerrissen ... und legte es auf den Teller zurück. Für immer, sozusagen.
Nicht ein einziges Mal habe ich auch nur den geringsten Anflug von Bedauern verspürt oder Verlangen – nie hat mir irgendetwas gefehlt. Ich wurde zum Lacto-Vegetarier. Das bedeutet, dass ich nach wie vor Milchprodukte und Eier aß. Ich konnte auf Fleisch verzichten, aber auf Joghurts oder Käse sowie hier und da ein Ei erst einmal nicht, da ich die Möglichkeiten nicht kannte und mir nicht bewusst war, dass auch diese Nahrungsmittel rein durch Leid und Quälerei "produziert" werden. Allerdings kaufte ich nur die teuren Eier – obwohl ich so eine Ahnung hatte, dass wohl Boden- oder Freilandhaltung auf der Packung steht, aber auch nur dort.
Ich aß nicht aus gesundheitlichen Gründen vegetarisch – ausschließlich der Tiere wegen. Das kam erst später – Vollkornmehl, wenn möglich aus Dinkel – ebensolche Nudeln. Das ist zwar alles teurer – aber auch sehr viel ergiebiger und gleicht sich somit bestens aus. Jemand hat die Sache mit dem Weißmehl mal so erklärt: "Das ist genau so, als würdest du das Bonbon wegwerfen und das Papier essen." Da kann ich nur zustimmen. Leider bin ich zu dem Schluss gekommen, dass die gewaltige Nahrungsmittelindustrie die Konsumenten mit zum Teil gesundheitlich bedenklichen Produkten schädigt. Das ist jetzt vorsichtig ausgedrückt – wer sich informieren will, kommt zu dem Schluss, dass diese Aussage meinerseits maßlos untertrieben ist.
Fleisch gibt es keines mehr – seit langer Zeit nicht. Margarine – das habe ich auch gelernt – muss nicht dieses ekelhafte Zeug aus allen möglichen Abfallstoffen sein, es geht auch anders. Das Internet ist da sehr informativ. Milch ist etwas für Babys – keine Frage. Für Erwachsene ist sie nicht wirklich geeignet. Die zunehmende Zahl von Laktoseintoleranzen bei Kindern und Erwachsenen sollte da zum Nachdenken anregen. Die Sache mit den Joghurts habe ich schon längst abgehakt und den Fruchtquark immer selbst gemacht. Der wird jetzt auch gestrichen ... aber es gibt Alternativen, sehr gute sogar. Vegane Backrezepte habe ich schon mehrfach ausprobiert und frage mich, wieso zum Teufel man eigentlich Eier in den Apfelkuchen rührt. Notwendig ist das nicht.
Schritt für Schritt zum veganen Leben ... völlig ohne Hetze ... geht das? Ich denke schon.
Natürlich geht das weiter als über den Tellerrand – ich habe eine alte Ledercouch, die ich nicht rauswerfen werde. Sie ist wirklich schon sehr alt, aber kaufen werde ich mit Sicherheit so etwas nicht mehr. Schuhe aus Leder wird es nicht mehr geben – aber die, welche ich habe, werfe ich nicht weg. Es werden nur die Letzten ihrer Art sein. Das gilt auch für Wollpullover. Sobald sie reif für den Kleidersack sind, ist diese Spezies in meinem Kleiderschrank ausgestorben. Von Federbetten habe ich mich längst verabschiedet. Daunen und Federn sind ganz allgemein nicht sehr hygienisch – von dem Leid, das die Tiere ertragen müssen, einmal abgesehen. Für alles, wirklich alles, gibt es eine Alternative, die ohne tierische Bestandteile auskommt. Wobei solche "Ingredienzien" sich in Sachen verbergen, in denen man sie nie vermuten würde. Leider sind die Gesetze zur Kennzeichnung nicht entsprechend.
Zu meinem Erstaunen habe ich festgestellt, dass Veganer und Vegetarier sich gegenseitig nicht immer "grün" (tolles Wortspiel) sind. Es geht jedoch nicht um "ätschbätsch besser als du", sondern um das Ganze. Sehr stark eingeschränkter Fleischkonsum ist ein erster Schritt – den man nicht für null und nichtig erklären sollte und damit demjenigen die Lust auf die nächste Stufe zu nehmen. Wer kein Fleisch isst, hat schon viel getan – und wahrscheinlich führt das in den allermeisten Fällen zum veganen Leben. Es scheint eine logische Konsequenz zu sein, nach dem, was ich erfahren und gehört habe. Geht der Fleischkonsum drastisch zurück – und das wird er wahrscheinlich – muss sich einiges ändern und wird es auch. Möglicherweise etwas zu spät – aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Wenn ganze Völker nicht genug zu essen haben, weil das, was angebaut wird und ihnen zustünde, ausschließlich für Viehfutter verwendet wird und somit die nötigen Anbauflächen blockiert werden, stellt das eine unglaubliche Perversion dar. Menschen verhungern, weil ihnen gute Nahrung fehlt – weil Platz gebraucht wird, um fleischliches Essen zu produzieren, das sich eben diese Menschen nicht leisten könnten.
Zudem ist dieser wahnsinnig aufgeblähte Güllesee bzw. der galaktische Dunghaufen, der alles vergiftet – vor allem das Wasser – eine Art langsamer Selbstmord für die Menschheit. Unsere Urenkel – oder aber schon unsere Enkel – werden sich vielleicht um einen Kanister Trinkwasser prügeln müssen, wenn wir nicht zur Besinnung kommen. Dafür sind die Anfänge ja wohl längst gemacht. Was mich immer wieder fassungslos macht, ist die selbstzufriedene Gelassenheit angesichts dessen, was von der Erde selbst und unseren Verwandten, den Tieren, gezahlt werden muss, damit der kurze Spaß, den man zu haben scheint, wenn man ein Eisbein isst, überhaupt machbar ist.
Mythen wie "Fleisch schmeckt lecker" (esst es doch mal roh und ungewürzt, oder gekocht und ungewürzt) oder "ohne Fleisch kriegt man Mangelerscheinungen" halten sich hartnäckig. Was letzteres betrifft, so hat mein Arzt sehr treffend bemerkt, dass Fleisch allenfalls eine Zusatznahrung sei. Man kann – muss aber keineswegs. Und er ist kein Vegetarier. Nach wie vor glaube ich, dass das Fleischessen noch immer fest installiert in den Köpfen der Verbraucher sitzt, weil es so lange ein Luxusgut war. Und weil es irgendwie mit Männlichkeit und Kraft gleichgesetzt wird – was noch aus archaischen Zeiten stammt, als man glaubte, dass mit dem Verzehr eines Geschöpfes dessen Kraft und Stärke auf einen selbst übergehen. Vieles von dem, was wir für unsere ureigensten Gedanken halten, gründet in den Anfängen der Menschheit. So viel zu dem Tier, das auch Fleischesser niemals schlachten werden: die heilige Kuh des Fortschritts.
© "Und es fällt mir tierisch leicht": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2013. Bildnachweis: Tomaten in der Hand, CC0 (Public Domain Lizenz).
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