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Das Wort "Haustiere" bedeutet für uns heute wohl nichts anderes als "Schmusetiere". Das war in früheren Zeiten etwas anders – Hund oder Katze wurden in den meisten Fällen eher dem Vieh zugerechnet. Auf alten Fresken sind Gebrauchshunde für die Jagd und den Schutz der Viehherden zu sehen, aber seit der Antike gibt es auch Darstellungen von kleineren Hunden, welche durchaus in die Kategorie der reinen Sozialpartner zu gehören scheinen.
So etwas wie ein ansonsten "nutzloses" Tier zu haben, einfach um es zu hätscheln und sich an seiner Gesellschaft zu freuen, blieb in den meisten Fällen den Reichen vorbehalten, wie man sich denken könnte.
Natürlich wird es auch unter den Nutztieren der Höfe ein besonders geschätztes Exemplar gegeben haben – das lag aber an den jeweiligen Menschen. Hunde und Katzen gehörten zwar zum Haus – aber sie hatten ebenso ihre Aufgaben wie Pferde oder Ochsen. Man unterschied da nicht allzu sehr. Man konnte sich – als kleine, selbstversorgende Bauernfamilie – einen "nutzlosen Esser" nicht wirklich leisten. Das war keine Gefühlskälte, sondern wohl schiere Notwendigkeit.
Dass sich das geändert hat, ist keine Frage. In den Städten gibt es ebenso viele Hunde, Katzen und Kaninchen wie auf dem Land ... vielleicht sogar noch mehr. Dabei sind die Streuner nicht gemeint, sondern die ausschließlich als Sozialpartner fungierenden Haustiere.
Geändert hat sich auch die Akzeptanz. Wo es früher selbstverständlich war, dass der Hofhund an einer schweren Kette lag, wird das heute nicht mehr gebilligt – und das mit Recht. Wer Tiere schlecht behandelt, hat einen schlechten Stand in der Gemeinschaft, die mittlerweile auch Tiere zum Tierpsychologen schickt. Da kann es durchaus vorkommen, dass eine missgelaunte Katze sich auf die "Couch" eines Felidenflüsterers begeben muss und somit zu der Ernährung eines neuen Berufsstandes beiträgt. Hunde die "auffällig" geworden sind, können, wenn sie Glück haben, in ein Resozialisierungsprogramm aufgenommen werden, was ihnen die Tötung erspart.
Es gibt mittlerweile mehr Hundeschulen als Kindergärten – Neulinge im Umgang mit den besten Freunden des Menschen können hier lernen, wie man die Hunde sozialtauglich macht. Das erspart Hund und Mensch Stress und wahrscheinlich sogar Ausgaben. Obwohl eine Haustierhaftpflichtversicherung sowieso dazugehört.
Also kann man durchaus sagen, dass ein Wandel stattgefunden hat – vom reinen Arbeitstier zum geschätzten Familienmitglied, Kumpel, Sozialpartner und in vielen Fällen auch Helfer in der Not.
Da stimmen die meisten Menschen auch zu – sie nicken beifällig und langen unter den Tisch, um dem Familienhund eine Streicheleinheit zu geben und ihm zu versichern, dass er ein "ganz ein Guter" ist. Und dann wird endlich gegessen und der Schäferhundbraten zerteilt und gegessen.
Würde dieser Text vorgelesen, donnerte eine "Pfui und bäh Lawine" auf den Verfasser. Das ist schließlich widerlich, eklig und überhaupt sind ja alle große Tierfreunde. Das können Flocki, Muschi und Hansi bestätigen. Und beim gemeinsamen Essen, vielleicht nach der Sitzung des örtlichen Tierschutzvereines, isst man in geselliger Runde Schweinebauch, Hühnchen und Rinderbraten.
Was stimmt da nicht? Hört der Tierschutz bei den Tieren auf, die man nicht persönlich kennt – oder bedarf nur dieses Tier des Schutzes, das man persönlich kennt und schätzt?
Nehmen wir doch die Schweine – so ein Schwein ist ein armer Hund, könnte man sagen. Am Fließband produziert, während des kurzen Lebens mit allem möglichen gemästet und bewegungsunfähig fixiert – dann unter schlimmsten Bedingungen geschlachtet. Dabei sind diese Borstentiere sehr intelligent. Sie stehen einem Hund in nichts nach, was Lernfähigkeit und Verhalten betrifft. Reinlich sind sie auch – und tatsächlich auch verschmust.
Wieso also sollte es widerlicher sein, einen Hund zu essen? Oder eine Katze? Weil wir sie lieben?
Aber wieso hat nur das Tier ein Recht auf Leben, das es fertiggebracht hat, in unseren Fokus zu rücken? Bei der eigenen Spezies denken wir da logischer, wir gestehen auch den Nachbarn oder entfernt lebenden Fremden ihr Leben zu. Wir versteigen uns nicht zu der Meinung, dass nur unsere Familienmitglieder oder die Menschen, die wir kennen, es wert sind am Leben zu sein. Das steht jedenfalls zu hoffen.
Wie viele Kinder geweint haben, wenn ein selbst großgezogenes Kaninchen zum Sonntagsbraten befördert wurde, ist unbekannt. Ebenso wissen wir nicht, wie oft sich der gesunde Abscheu vor der Leiche eines kleinen Freundes durch den Druck der Familie in eine Art schulterzuckendes "Ist halt so" verwandelt hat im Laufe der Zeit. Erwachsene haben leider immer recht großen Erfolg damit, die natürliche Empathie der Kinder zunichte zu machen, was dazu führt, dass beim Fernsehen süße Kälbchen und Ferkelchen bewundert werden, während die Brötchen mit Salami und kaltem Braten belegt sind.
Also ist es so: Hunde werden nicht gegessen, weil sie Freunde sind. Schweine könnten zwar auch Freunde sein, aber das wollen wir nicht, weil wir uns nicht nachsagen lassen wollen, dass wir unsere Kumpels aufessen. Ein angeketteter Hund bringt uns sofort dazu, den Tierschutzverein zu alarmieren, aber die unvorstellbaren Leiden eines Schweinchens oder Kälbchens im Zuchtbetrieb lassen uns völlig kalt.
Wir singen Loblieder auf die Mutterliebe und setzen uns für den Kinderschutz ein, aber nehmen für unseren Gouda auf dem Knäckebrot in Kauf, dass den Kühen die Babys weggenommen und getötet werden (lecker Kalbsbries), damit sie Milch für den Schmelzkäse produzieren.
Was stimmt nicht mit uns ...?
© Textbeitrag "Wieso Hunde Schwein haben": Winfried Brumma (Pressenet), 2014. Bildnachweis: Schwein auf dem Bauernhof, CC0 (Public Domain Lizenz).
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