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Eigentlich weiß ich gar nicht mehr, wo und wie wir zusammengekommen sind. Es ist eben schon so lange her. Aber an die tollen Zeiten, die wir beide erlebt haben, an die kann ich mich erinnern, als ob es gestern wäre.
Du warst richtig angesagt damals, hast toll ausgesehen und hast trotzdem alles mitgemacht. So eine Freundin hatten zwar viele – aber für mich warst du immer etwas ganz Besonderes. Das passte einfach – wie der Deckel auf den Topf. Wir glaubten, alles würde so bleiben wie es ist und dass unsere Freundschaft ewig halten würde. Das war Ehrensache. Ja gut, naiv waren wir eben auch damals.
Die Cliquen trennten sich, die Leute gingen getrennte Wege. Irgendwann musste wohl auch Schluss sein mit "jeden Tag Sonne". Aber wir blieben zusammen. Das gab es nur selten, denn das Leben bringt neue Menschen, neue Kreise und neue Zwänge – man sucht sich die Leute, mit denen man zusammen ist, ab den Zwanzigern nicht mehr unbedingt selber aus.
Da hat man sich nicht mehr viel zu sagen, wenn man sich trifft und den anderen kaum erkennt: "Möönsch sag mal, wie geht es Dir?" Und dann redet der Zeug, das man nicht wirklich wissen will und das einen auch nicht interessiert. Passt nicht mehr.
"Das Leben fordert eben seinen Tribut" hat es immer geheißen. Aber muss man sich deshalb wirklich so verändern, dass man sich selber kaum noch erkennt? Na gut, aus vielen Freigeistern sind behäbige Mittelständler geworden. Ist ja auch in Ordnung? Nein, ist es nicht. Ein ganz klein wenig sollte doch übriggeblieben sein von den durchgemachten Nächten, in denen man sich meilenweit von dem entfernt hatte, was die "Alten" so für "anständig" hielten.
Und Eva, die auf afrikanische Klamotten abfuhr und überhaupt einmal als Brunnenbauerin nach Afrika gehen wollte, die sagte doch neulich: "Ich verstehe die Leute schon. Diese ungebremste Zuwanderung ist nicht gut für unser Land. Wir müssen doch auch an unsere Kinder denken." Und dann regte sie sich auf, dass ein Asylantenheim aufgemacht werden sollte in ihrem Stadtteil.
Wir beide waren bei diesem Gespräch wieder einmal zusammen unterwegs, und dieses Lächeln, das Eva auflegte, als sie uns beide zusammen sah, das hatte wohl etwas mit "manche werden halt nie erwachsen" zu tun.
Wir zwei haben eine lange Zeit miteinander verbracht. In den letzten Jahren waren wir nicht allzu oft zusammen. Du bist mehr gealtert als ich, das ist wohl so. Aber das liegt auch daran, dass du alles mitgemacht hast und dir nie zu schade für irgendetwas warst. Du hast nie irgendetwas krummgenommen, und das hast du jetzt davon.
Ich verordne Dir mal wieder ein Bad. Das hast du wohl nötig. Dann bekommst du einen Ehrenplatz. Eine Freundin warst du – eine, die meine Ideale mit mir geteilt hat und das auch sehen ließ, sozusagen.
Langsam aber sicher passt es nämlich wieder, so wie ein Deckel auf den Topf. Ich fange nämlich auch an, auszubleichen und meine Säume lösen sich hier und da, metaphorisch gesprochen. Wir gehören noch immer zusammen, meine alte Jeans-Jacke und ich. Keine Frage.
© Text und Fotos zu "Alte Freundschaft bleicht nicht aus": Winfried Brumma (Pressenet), 2015.
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