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Was bedeutet heute das Wort "Ehe"? Hat es noch etwas mit dem Versprechen zu tun, sich gegenseitig zu achten, zu lieben und zu ehren? Wobei das "ehren" einen großen Stellenwert haben sollte. Denn Liebe zwischen zwei Partnern hat viel mit dem "Ehre erweisen", also vor allem dem Respekt zu tun.
Geht der Respekt in der Beziehung verloren, ist sie im Prinzip zu Ende – wer den Anderen nicht achtet, hat das Ziel "Liebe" nicht erreicht und ersetzt es durch "Gewöhnung" oder "Duldung". Im schlimmsten Fall tritt an die Stelle der Liebe aber eine Haltung, die mit "Eigentum" oder "Macht" viel zu tun hat. Und dadurch kommt es zu Misshandlung, Gewalt und Terror an diesem Platz, an dem Zuwendung und Vertrauen die Pfeiler der Beziehung sein sollten.
Die in Nordrhein-Westfalen arbeitende psychologische Beraterin und Autorin Inas Mariam Al Naqib hat in ihrer Praxis mit Frauen zu tun, die Schweres durchgemacht haben. Sie hat Geschichten gehört, die nicht von Liebe und Respekt handeln, sondern mit dem Gegenteil. Frauen kommen zu ihr, weil sie keinen Ausweg mehr sehen, sich keinen Ausweg vorstellen können, an sich und ihrem Leben verzweifeln.
Die vielen Leidensberichte haben die Autorin dazu gebracht, sich zu fragen, wieso Frauen tatsächlich weniger wert sind als Männer – sieht man sich ihre Geschichten an. Es geht oft um Eheverträge, die sich für viele Frauen als Kontrakte mit dem Teufel erweisen. Eine besonders schreckliche Geschichte hat eine Frau erzählt, die in ihrem Bericht "Birgit" genannt wird.
Inas Mariam Al Naqib hat Birgit das erzählen lassen, was ihr Leben zur Hölle gemacht hat – einer Hölle, der sie nicht entfliehen konnte. Vertraglich abgesichert hatte sich ein Ehemann den absoluten Gehorsam seiner Frau – was das Erdulden fürchterlichster Züchtigungen, erniedrigende Spiele und schwerster seelischer Misshandlungen beinhaltete.
Wie Birgit in eine solche Hölle geraten konnte, ist einfach: "Am Anfang war die Liebe". Und die gab es noch lange, bis es dermaßen eskalierte, dass sich eine Frau in sich zurückzog und zur willenlosen Aktrice wurde. Bei den Spielen ihres Mannes, bei denen sie sich an strikte Drehbücher zu halten hatte, oder bei der Vorstellung, die sie täglich den Menschen in ihrem Leben geben musste, um ihren drei Kindern die Normalität zu geben, die sie brauchten, um gesund aufzuwachsen.
So lebt Birgit in stummer Verzweiflung über dreißig Jahre – bis es zu einem fürchterlichen Showdown kommt, bei dem die Fassade der "lieben Eltern" brutal niedergerissen wird.
Die Publikation "Prostitution in der Ehe", in dem Inas Mariam Al Naqib dieser zutiefst verletzten und verwundeten Frau die Möglichkeit gibt, ihre Geschichte zu erzählen, ist verstörend. Gewalt in der Ehe ist etwas, das wir gerne verdrängen in unserer Gesellschaft, obwohl sie überall und in jeder sozialen Schicht vorkommt.
Die Einrichtung der Prostitution per Vertrag in einer Ehe ist etwas, das nicht viele realisieren – es ist ein Schlag gegen die Menschenwürde und gegen jedes Recht auf Menschlichkeit. Dabei gerät die Institution der Ehe zu einem Privatstrich, auf dem sich Frauen verkaufen, um leben zu können oder – weitaus schrecklicher – für die Liebe, von deren Vorstellung sie nicht lassen können und wollen.
Naqibs Vor- und Nachworte bilden einen sachlichen und gerade deshalb erschütternden Kontext zu Birgits Erzählung. Die Autorin richtet einen Appell an die Leser – es ist kaum möglich, sich dieser Eindringlichkeit zu entziehen.
Das Buch der Autorin Inas Mariam Al Naqib ist mehr als wichtig – sie schreibt in ihren Erläuterungen gegen die Gleichgültigkeit an, gegen die Unmenschlichkeit und die Gewalt gegen Frauen. Birgits Geschichte macht sprachlos und sehr betroffen. Ein wichtiges und lesenswertes Buch – nicht nur in Sachen Frauenrechte, sondern vor allem in Sachen Menschlichkeit und Gerechtigkeit.
Die 44-seitige Publikation "Erniedrigungen und Prostitution in Partnerschaften" ist Anfang 2015 als Taschenbuch unter anderem Titel erschienen.
© "Prostitution in der Ehe. Ein Buch von Mariam Al Naqib": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2015. Abbildung des Buchcovers: Autorin Inas Mariam Al Naqib.
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