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Der Frühling ist etwas zurückhaltend heuer, was man von den Grillfanatikern nicht sagen kann. Zeigt sich auch nur der allerkleinste Sonnenstrahl, und das unvorsichtigerweise in unmittelbarer Nähe des Wochenendes, gibt es kein Halten mehr.
"Wir grillen" heißt es dann. Und im Supermarkt sieht man dann in den obligatorischen Verkaufsgondeln mit der Aufschrift "1 EUR" fast nur noch Zubehör für die "zünftige Grillparty". Lange Zangen aus Metall und Holz gibt es bündelweise. Dazu lustige Schürzen mit lachenden Schweinen drauf oder launigen Sprüchen. Passende Grillhandschuhe liegen daneben. Dieses Zubehör ist für Männer konzipiert.
An der Fleischtheke können haufenweise marinierte und vorgewürzte Grillspezialitäten erstanden werden. Mit ein wenig roter Camouflage wird aus Bauchlappen dann ein "Western Barbecue" oder sonst etwas, das für den Grill erschaffen wurde.
Frauen stehen selten am Grill. Sie sind für die Sicherheit und den Nachschub zuständig und halten sich sonderbarerweise eher in der Küche auf als am Freiluftbratrost. Die Frau des Hauses übernimmt erst dann, wenn der Herr des Bratspießes die Lust verliert oder müde wird. Was zuweilen an den Bierchen liegt, die unbedingt zu so einem Grillfest gehören. Meistens jedenfalls.
Mutter passt auch auf, dass sich kein Kind am Gartengrill verbrennt und die Hauskatze keine Würschtel von der Platte angelt. Und holt weiter Nachschub.
Grillpartys gibt es in allen Größen. Da wäre die kleine Familie, die es sich mit einem Holzkohlengrill gemütlich gemacht hat. Dann kommen die lauten Nachbarn mit einem kugelförmigen Hochleistungsgrill, der aussieht, als hätte eine fliegende Untertasse ihn beim Landeanflug verloren. Nicht zu vergessen die Monstergrille, die ohne weiteres einen Gesangsverein mit Grillgut versorgen können und die zu jedem Familienfest der größeren Art gehören, sobald das Wetter es zulässt.
Der Geruch nach Holzkohle, die absolut nicht brennen will (doch, da gibt es einen Unterschied im Aroma), wechselt sich an einem Sonntagvormittag mit dem Flair von Brandbeschleunigern ab. Grillanzünder riechen recht intensiv. Dagegen kommt so leicht nichts an. Schon gar nicht der Duft des sonntäglichen Kaffees mit Kuchen, den man einfach so auf dem Balkon genießen will. Völlig ohne Grillrost.
Zuweilen wird das Bukett für die Nase auch durch eine spezielle Geräuschkulisse bereichert. Das Geschrei, wenn jemand die Nase voll hat vom bedächtigen Anzünden der Kohle und es mit Benzin versucht. Kommt immer wieder vor und führt zu einer Störung der sonntäglichen Beschaulichkeit, weil die Sirene des Krankenwagens doch sehr laut ist.
Zuerst riecht es überall brenzlig, weil die Anlaufphase noch nicht abgeschlossen ist. Dann riecht es noch brenzliger, weil das in die Glut tropfende Fett (trotz Folie und Auffangschale) dichte Rauchschwaden bildet, die gemächlich durch Hinterhöfe und Gärtchen treiben.
Zuweilen kommt es auch zu einer erstaunlichen hermetischen Umwandlung. Plötzlich ist das, was auf dem Rost über der Holzkohle liegt, von dieser in Farbe und Konsistenz nicht mehr zu unterscheiden. Das liegt meist am schlechten Timing. Oder an Ablenkungen. Das können die schon erwähnten Bierchen sein, ein Nickerchen oder die Suche nach dem "Erste Hilfe Kasten", da sich dann doch jemand die Hand verbrannt hat. Meist der Grillmeister selber.
Wird es Abend, leuchten die restlichen, noch glühenden Holzkohlen durch das Land der zünftigen Griller wie Lagerfeuer in der weiten Prärie. Zünftig eben. Wenn dann wirklich das allerletzte Stückchen Kohlenglut erloschen ist, endet die Grillparty. Und Mutter räumt noch schnell auf.
Ich bin mehr für das Wandern mit belegten Broten im Rucksack. Die kann man ungegrillt essen und man verbrennt sich nicht die Finger daran. Vom Geruch her sind sie ebenfalls vorzuziehen. Nach Hause geht es dann erst, wenn sich das Bukett aus Schaschlik und Schwenkbraten im Viertel verzogen und die Feuerwehr ihren Einsatz abgeschlossen hat.
© Textbeitrag "Grillfest – Die Saison ist eröffnet": Winfried Brumma (Pressenet), 2015. Bildnachweis (CC0, Public Domain Lizenz): oben: Glühende Holzkohle, sowie unten: Grillgut.
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