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"Die echte Satire ist blutreinigend. Und wer gesundes Blut hat, der hat auch einen starken Teint. Was darf Satire? Alles." (Kurt Tucholsky)
Im Mittelpunkt der Kurzgeschichten und Reime des Autors Thomas Schmidt stehen die Querulanten unserer Zeit. Da ist die Rede von Bäckern und Köchen der besonderen Art – viele Köche verderben den Brei, doch ein einziger kann die Suppe einer ganzen Kompanie versalzen. Und das Leben der Obdachlosen? Der Straßenschmutz macht es nicht schmackhaft. Auch vom Alltag in deutschen Büros ist die Rede. Wer sensibel ist, sollte etwas gegen Depressionen tun.
Hannefatzken, alberne Kerle auf Berlinerisch, treten auf die Bildfläche. Handlungsorte: Grunewald, Ku'damm, Krumme Lanke, Schule, Raucherecke. Zum deutschen Recht: Ältere Herren prozessieren gegeneinander. Aus langer Weile? Kurz vor dem Ableben kommen sie zur Besinnung. Wie verhält es sich nun mit der Arbeit der Justiz? Sie ist volksnah, denn die Kriminalität ist beträchtlich. Und unsere Politiker? Agieren sie volksnah oder nahe am Verzweifeln? Vielleicht ist es der Selbsterhaltungstrieb, der sie mit sich selbst beschäftigen lässt. Oft machen sie sich zu Kabarettisten.
Hier dominiert die Glosse mit ihrer sprachlichen Zweideutigkeit. Politiker haben nie Ruhe vor sich selbst – ständig begegnen sie sich in Büchern oder im Fernsehen und bei jeder Gelegenheit hält man ihnen den Spiegel vor. Ungerecht ist, dass sie kostenlos über sich lachen dürfen ...
"Guten Tag, Herr Kommissar, Obermeier mein Name!"
"Tachchen! Mit dem Ober vor dem Meier is Ihr Name nicht so häufig – jut für unsere Datei."
"Wenn Sie mich gelegentlich anhören wollten?"
"Nicht so offjereecht Bürja! Wo brennt's denn?"
"Wenn es brennen würde, hätte ich den Feuermelder eingeschlagen – es tickt in unserem Briefkasten!"
"Vielleicht isset der Holzwurm!"
"Sie machen mich wahnsinnig!"
"Imma mit der Ruhe – nehm' Se örst ma Platz! Wollen Se 'n Schluck Wassa? Jibt es jratis! Einen Eukalyptusbonbon? Ist ooch jratis! Falls Se sich örst mal sammeln wolln, denn könn' wa ja 'ne kleene Pause einlejen – haben wir uns redlich vadient nach diesem Stress!"
"Also, Herr Kommissar, ich weiß nicht, was ich sagen soll!"
"Macht nüscht, dafür ham wa det Protokollformular – müssen Se sowieso ausfülln!"
"Vergessen Sie's – auf Wiedersehen!"
"Hiergeblieben, sonst müssen wa Sie festsetzen – wir haben 'ne kleene Stundenzelle, alladings ohne Partner – so janz nebenbei! Ihren Fall kann ick nich einfach ad acta lejen – hat schon 'ne Nummer jekricht!"
"Also ich beginne noch mal von vorn: Ich vermute, im Hausbriefkasten befindet sich eine Briefbombe. Sie müssen sofort ein paar Leute vorbeischicken!"
"Im Moment sind wir untabesetzt!"
"Dieser Moment ist doch längst herum – sagen Sie mir wenigstens, wie wir uns verhalten sollen!"
"Also Bürger, wenn Se den Brief lesen wollen, denn begeben Se sich inne akute Gefahr, awa det brauch ick Ihn' ja wohl nich zu saren!"
"Wollen Sie mich verkohlen? Sie sitzen seelenruhig in Ihrem Sessel und klopfen mit dem Bleistift auf der Tischplatte herum. Vielleicht ist die Bombe schon hochgegangen!"
"Aber nich von det bissken Bleistiftkloppen!"
"Ich werde mich beim Dienststellenleiter beschweren!"
"Der hat in solchen Dingen keene Erfahrung. All seine Korrespondenz wird im Vorzimmer abgefang'. Außadem würde er die Bombe ooch nich entschärfen wolln, weil er der Meinung wäre, er verstieße jejen det Postjeheimnis. Sehen Se, so 'n Bürokrat is det! Na jut, ick schicke Ihn' nachher zwei Leute mit 'nem Hund vorbei. Det Tier is uff Sprengstoffe abjerichtet. Wat jetzt kommt, is wichtich: Den Hund bitte nicht anfassen – Se wissen nich, ob Ihr Jeruch jefällt! Sagen Se mal Bürja, ham Se 'n Hund? Maulkorb ist Pflicht, darüber sind Se sich hoffentlich im Klaren! Wissen Se wie ville Leute pro Jahr jebissen werden? Also wenn Se 'ne Minute Zeit haben, zeije ick Ihn' mal 'ne Statistik. Falls Se wat notieren wolln, geb ick Ihn' 'nen Zettel. Sie sagen ja gar nüscht! Ach so, janz am Rande: Ihre Adresse brauchen wa noch! Se könn' Se ooch rüberfaxen, wenn Se möchten. Wa müssen ja wissen, wo wa hinkommen solln. Wolln Se nich doch 'n Eukalyptusbonbon? Sind Jefüllte."
Das Buch "Leidgenossen zwischen Krummer Lanke, Reichstag und Gedächtniskirche" ist als Taschenbuch in Normaldruck (ISBN 3845910348), sowie auch in Großdruck (ISBN 3845910356) erschienen. Als E-Book ebenfalls im Handel.
Man schreibt sich dort die Finger wund
und macht Gerüchte rund.
Ein Bourgeois
klaut Münzen im Pissoir,
ein Katholik wird Atheist,
ein Schlepper Moralist,
mancher der über den Dingen steht,
Joints aus Cannabis dreht,
einer steht ohne Makel im Leben
und kassiert in Maskerade eben
Brillis aus 'nem Panzerschrank,
Hartgeld in 'ner Bank
und Scheine gleich im Bund –
na und?
Journalistische Kostbarkeiten sind gefragt in unsren Zeiten.
So zaubert man 'nen Fuchs zum Hahn
und ab und an
'nen Schakal zum Lamm
und im Fieber der Propaganda
'nen Regenwurm zur Anakonda.
© "Leidgenossen zwischen Krummer Lanke, Reichstag und Gedächtniskirche": Leseproben sowie Abbildung des Buchcovers mit freundlicher Genehmigung des Autors Thomas Schmidt. Hier eine weitere Leseprobe sowie mehr über Thomas Schmidt und seine Werke.
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