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Teil VI: Kleinstadt ohne Hunde
Die folgenden Tage erlebte Mal seine Mutter in absoluter Hochform. Während er die letzten Nachwirkungen seiner Gehirnerschütterung auskurierte, hatte sie sich mit der Leitung einer Schule in Mittlingshausen in Verbindung gesetzt. Und sie hatte es fertiggebracht, Mal dort anzumelden.
Wenn Diana Strattner etwas wirklich für notwendig hielt, war sie nicht zu bremsen. Und so kam es, dass Mal die drei Wochen bis zu den Sommerferien beurlaubt worden war. Nach den Ferien würde er in die Kreisstadt fahren, um dort zur Schule zu gehen. Erst würde Mam ihn fahren, später würde er dann den Bus nehmen.
Diana hatte sich den Unterrichtsplan angesehen, mit dem Klassenlehrer gesprochen und die Sache komplett "durchgezogen", wie Mal respektvoll sagte. Und alles, ohne noch ein einziges Wort über die Scherlich oder den Rektor der Schule in Kreutzbrücken zu verlieren.
Malcolm war überrascht und er freute sich darüber. Seine Mam hatte ihn noch gefragt, ob sie mit den Eltern von Justus und seinen Trabanten sprechen sollte, aber Mal hatte nur den Kopf geschüttelt. Er wollte den Jungs nicht mehr über den Weg laufen, wenn möglich. Außerdem hatte er das Gefühl, dass die Eltern der Vier nicht freundlicher waren als die Lehrerin und der Rektor.
"Bist du da ganz sicher?", hatte Diana Strattner gefragt. "Ich finde schon, dass die Eltern wissen sollten, was ihre Sprösslinge so tun." Aber Malcolm war dabei geblieben: "Schon gut, Mam. Das ist jetzt vorbei."
Was er dachte, sprach er nicht laut aus. Nämlich, dass die Eltern wahrscheinlich sehr genau wussten, dass ihre Söhne üble Schläger waren. In so einem Kaff kannte doch schließlich jeder jeden, wie er sich denken konnte. Unmöglich, dass den Leuten entging, was ihre Kids taten.
Außerdem wollte Malcolm nicht noch mehr Ärger, sondern einfach seine Ruhe haben. Er wollte nämlich herausfinden, wieso dieses Kaff hier so besonders war, wieso es keine Hunde gab und wo die ganzen Kinder sich herumtrieben. Irgendetwas sagte ihm, dass dahinter mehr steckte als man sehen konnte.
"Morgen darfst du rausgehen, wenn du möchtest", sagte Mam. "Aber lass es mal langsam angehen, ja?" Mal grinste über diesen Ausspruch. Hier ging wohl alles etwas langsamer. Aber er fühlte sich fit und brannte darauf, sich so richtig umzusehen. Vormittags natürlich. Am Nachmittag war keine Schule und er musste sich vorsehen. Zumindest so lange, bis er wusste, wo sich die Justus-Gang herumtrieb.
Ermittlungen und Entdeckungen
Am nächsten Morgen telefonierte Malcolms Mutter fast ununterbrochen. Wenn sie nicht am PC saß und surfte. Seit zwei Tagen hatten sie Internetzugang, was wirklich ein riesiger Fortschritt war, wie Mal meinte. Soweit er das verstanden hatte, wollte Diana das Hauptgewicht ihres Geschäftes auf das Internet legen. Sie hatte eingesehen, dass sie hier wohl kaum Kunden gewinnen würde. In Mittlingshausen wäre das wahrscheinlich anders, aber das Häuschen stand nun einmal hier, wo man schon mehr als einmal das Wort "HEXE" an die Hausmauer und die Tür geschmiert hatte.
Mam hatte das nicht erwähnt, aber Linda Kabitzke hatte sich verplappert. "Dabei sind die Leute hier so abergläubisch. Man könnte meinen, die leben noch im Mittelalter", hatte Linda abfällig gesagt und dabei die Brauen gehoben. "Man sollte meinen, sie hätten richtig Schiss, eine Hexe zu ärgern." Dann hatten sie und Mam laut gelacht.
"Ach, du weißt schon, Linda, dass sie mich nicht wirklich für eine Hexe halten", hatte Mam gesagt. "Wir sind Fremde hier und mein Laden ist für dieses Städtchen einfach etwas Neues. Sowas hat es hier wahrscheinlich noch nie gegeben. Deshalb sind die Leute misstrauisch. Das waren sicher einfach nur Kinder, die etwas gehört aber falsch verstanden haben."
"Dumm sind sie, einfach dumm und engstirnig", war Lindas Antwort darauf gewesen.
Mal hatte sich alles angehört, aber kein Wort dazu gesagt. Er fand ja, dass Frau Kabitzke recht hatte, mit dem was sie sagte. Aber dass die Schmierereien von Kindern stammten, bezweifelte Malcolm. Hier sah man ja kaum ein Kind. Außer vielleicht den ganz Kleinen, die noch im Buggy gefahren oder an der Hand geführt wurden. Und die taten sowas bestimmt nicht.
Eins stand aber fest: Mam wollte ihr neues Zuhause nicht aufgeben und würde dafür kämpfen, wenn es sein musste. Schließlich hatten sie alles aufgegeben und konnten nicht so einfach zurück nach Berlin. Und Mal wusste, dass seine Mutter sehr, sehr stur sein konnte. Deshalb war es sehr wichtig, herauszufinden, was los war mit dieser "Gemeinde". Dieses Wort klang so richtig altmodisch, deshalb wandte Mal es für Kreutzbrücken an. "Eher gemein als Gemeinde", dachte er bei sich.
Und so kam es, dass der verdeckte Ermittler Malcolm Strattner an einem warmen Montagmorgen das Haus in der Anselmstraße 22 verließ, um in Kreutzbrücken zu ermitteln.
© "Malcolm – Ermittlungen und Entdeckungen": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2016. Bildnachweis: Mann mit Fernglas, CC0 (Public Domain Lizenz).
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