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Das Haus des Meeres, der berühmte Wiener Zoo für Meerestiere, ist die Kulisse für eine Geschichte, die in Tiefen führt. Vorerst lernt der Leser den Protagonisten Rupert kennen, der gemeinsam mit Palmerth Forschungen betreibt und zusehends in eine Zwischenwelt des Empfindens und des Erlebens gerät.
Angelpunkt der Gemeinsamkeit beider Männer war unter anderem Hoss, der Täuberich. Dieses Tier ist andersartig und besonders, ein hervorragend geeignetes Versuchstier, könnte man meinen. Er erkennt Muster wie kein anderes Versuchsobjekt, vor allem dann, wenn Rupert anwesend ist. Eine Affinität zeichnet sich ab.
Aber Hoss ist irgendwie entzogen, verschwunden oder gestrandet in den Tiefen des geheimnisvollen Gebäudes, das ein Eigenleben zu haben scheint. Ist er noch am Leben, der Täuberich, der so eine wichtige Rolle spielt in den Aufgaben, die beide Männer zu bewältigen haben?
Der Autor Alfred Horak zeichnet die Charaktere seines Buches in sattschwarzer Tusche, fein umrissen und fast beängstigend nah. Doch was sich anfänglich scheinbar als Roman über wissenschaftliche Forschungen zeigt, wird fast kafkaesk beim Beginn einer Reise in die Tiefen dieses Hauses. Oder sollte es vielleicht eher "Wanderung" genannt werden?
Je tiefer beide Männer gelangen, desto mehr Rätsel finden sie und desto mehr ändert sich ihr Verhalten. Wohin, um Himmels willen, führen diese Gänge und Treppen? Und woher kommen diese Zeichen, die zu finden sind? Denn wahrscheinlich sind diese Textfragmente Zeichen. Oder was sollten sie sonst sein? Mit jedem Stück, das weiter in die Tiefen hinunter führt, verändert sich die Wahrnehmung von Rupert und Palmerth. Sind sie noch die, die sie waren oder sind sie einer Umwandlung unterworfen? Es ist zum Flügelschlagen, diese verschwommene Realität, in der beide gefangen sind.
Es ist nicht wichtig, was sie finden, die beiden Protagonisten im Haus des Meeres – weitaus wichtiger ist, wem sie begegnen. Wesen aus Zwischenreichen, aus Welten unter der Welt möglicherweise oder aus mehreren Abgründen als denen in diesem verwinkelten Gebäude.
Ihr Verhalten ändert sich, ihr Wesen ist nicht mehr abgegrenzt von den Dingen, denen sie begegnen und die vielleicht schon immer in ihnen waren. Vielleicht nähern sie sich dem Ursprung aller Wesen, dessen wahres Gesicht nichts mit Arten oder Unterscheidungen zu tun hat. Nicht zufällig mag es sein, dass der Eingang im Haus des Meeres liegt, denn das Meer ist der Ursprung aller Dinge und die Wiege jeder Verwandlung. Wer nun ist die Taube – und wer ist der Mensch? Nichts ist mehr trennbar und jede Substanz könnte für jeden stehen.
Alfred Horak beherrscht die Sprache wie nicht viele seiner Zunft. Sein beachtlicher Debütroman führt in eine Welt der Tiefen, direkt von Wien aus. Was für eine Art Wanderung das nun tatsächlich ist, die Palmerth und Rupert aufnehmen, bleibt dem Leser überlassen. Aber das mühsame Bewältigen der vielen Ebenen scheint eine Reise in die mannigfaltigen Räume des Unterbewussten mit all seinen Codes und Zeichen zu sein.
Alfred Horaks fantastischer Roman "Tau-(ben) Splitter" erhält von uns eine absolute Leseempfehlung: Es ist eine tiefgründige Geschichte, die den Leser sehr lange beschäftigt und noch lange in einem nachhallt.
Das Buch wurde im November 2018 über die Wiener Morawa Lesezirkel GmbH als E-Book veröffentlicht. Das Taschenbuch ist leider bereits vergriffen.
Eine gute Frage, die allerdings keiner aus unserem Team beantworten konnte. Zum Glück war Mr. Spock zu Besuch in unserer Teeküche, und er brachte ein wenig Licht in die "Tau"-Sache:
"Die Eigenzeit 'Tau' ist die Zeit, die in einem bewegten Koordinatensystem gemessen wird. In Alfred Horaks Roman vergeht die Zeit in der anderen Welt schneller, weil Rupert offensichtlich in ein Bose-Einstein-Kondensat einsteigt. Ich stelle mir dies so vor, dass hier zeitbeschleunigende Effekte entstehen, die in der Welt des Untergrunds künstlich eine Synchronizität mit der Oberwelt bereitstellen und aufrechterhalten. 'Tau' wird somit zur jeweiligen Eigenzeit für jeden Beobachter, der schlussendlich mit dem Blick auf die Welt völlig alleine ist und es keine gemeinsame menschheitsvereinende Historie mehr gibt. Mathematisch ausgedrückt..."
Herzlichen Dank Spock, keine weiteren Fragen. Lass Dir den Tee schmecken!
© "Ein verkleideter Seelentrip in die Abgründe des Unbewussten": Eine Rezension von Winfried Brumma (Pressenet), 06/2019. Die Illustration zum Buchcover stammt von der Wiener Künstlerin ONA B.
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