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Vor langer Zeit gab es in Medingen einen Amtmann. Dieser nutzte die große Heide bei der Stadt als Amtsweide für seine Schafe. Zu deren Aufsicht und Pflege bestellte er einen rechtschaffenen Schäfer mit seiner Familie. Dieser nun pflegte seines Herren Herde und lebte recht zufrieden in seiner Hütte mit Weib und Kind.
Das Kind war ein kleines Mädchen, das fröhlich und gesund war, und vom Herrn Amtmann bei dessen monatlichen Besuchen stets ein Stück Zuckerwerk bekam.
So ging die Zeit dahin, und das Kind wuchs heran und wurde zu einem hübschen jungen Mädchen, das gerne lachte und seinem Vater wohl zur Hand ging. Der Amtmann begann, das Mädchen mit anderen Augen zu sehen als bisher. Seine Augen folgten ihr unablässig, wenn er mit dem Schäfer über die Arbeit sprach, und wenn sie in der Nähe war hob er wohl ihr Kinn in die Höhe, um ihr in die Augen zu sehen.
Das Mädchen dachte sich nichts dabei, es war an die Besuche des Amtmannes gewöhnt. Auch brachte er immer noch etwas für sie mit, wenn es auch keine Süßigkeiten mehr waren, sondern andere Kleinigkeiten, über die sich junge Mädchen freuen.
Doch wenn der Herr sonst jeden Monat gekommen war, um nach dem Rechten zu sehen, so war es jetzt jede Woche. Und stets hielt er sich in der Nähe der Jungfer auf und suchte mit ihr zu sprechen.
Dem Mädchen wurde das unangenehm, es fühlte sich nicht mehr wohl in der Nähe des Amtmannes, sah der sie doch so sonderbar an und fasste sie wie zufällig am Arm oder strich ihr über die Wange. Sie mochte seine Geschenke auch nicht mehr annehmen, mochten die Haarbänder und anderen Tändeleien auch noch so schön sein.
Zu dieser Zeit fing auch der Schäfer an zu sehen, was es mit den häufigeren Besuchen auf sich hatte und befand sich in übler Lage. Seine Frau, die ihm hätte raten können, war vor einiger Zeit gestorben und so war er bei dieser Sache auf sich allein gestellt. So verfiel er darauf, an den Besuchstagen des Herrn Amtmannes die Tochter mit Aufträgen wegzuschicken. Der Amtmann sah dies wohl und kam fürderhin nicht mehr angemeldet, so dass der Schäfer insgeheim am Verzweifeln war. Aber er konnte seine Augen nicht überall haben, und als das Mädchen eines Tages mit dem Korb zu dem etwas entfernten Bach ging, um Wäsche zu waschen, wartete er am Abend umsonst auf sie. Als er von düsterer Ahnung erfüllt das Ufer absuchte, fand er den Korb und das Leinen, aber von der Tochter war nichts zu sehen. Nur Hufspuren, die zurück zur Stadt führten, gab es.
* * * Ende der Leseprobe aus unserem Buch * * *
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© Textbeitrag "Der Amtmann von Medingen": Winfried Brumma (Pressenet), 2009. Bildnachweis: Schafe, CC0 (Public Domain Lizenz).
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