|
Bei der Stadt Bingen, unweit der alten Feste Ehrenfels, befindet sich auf einem Felsen inmitten des Rheines eine Turmruine, die man den Mäuseturm nennt. Wie das Bauwerk zu diesem Namen kam, wird folgendermaßen überliefert.
Vor langer Zeit, etwa um das Jahr Tausend herum, lebte ein sehr ehrgeiziger Mann von nicht eben angenehmem Wesen in dieser Gegend. Sein Name war Hatto, und er war dem Wohlleben sehr zugetan und schielte auch begehrlich auf hohe Stellungen und Macht.
Dabei hielt er es nicht unbedingt mit christlichen Tugenden wie Demut oder Mitleid, was ihm beim Volke nicht gerade beliebt machte. Die Bettler spuckten und fluchten hinter seiner Sänfte her, denn niemand hatte von Hatto auch nur eine Kupfermünze gesehen.
Durch Beharrlichkeit, Schmeicheleien und manchem intriganten Schachzug war es dem Ehrgeizling schließlich gelungen, zum Erzbischof der Stadt Mainz berufen zu werden – eine Stellung, in der niemand als armer Mann starb. Die reichen Pfründe waren für eine geschickte Krämerseele wie Hatto ein schier unerschöpfliches Füllhorn, und wenn er schon vorher in Luxus und Überfluss schwelgte, so trieb er nun solchen Aufwand und Prunk, dass man glaubte, in den Gemächern des Heiligen Vaters zu Rom zu stehen.
So gingen einige Jahre ins Land, in denen sich der Reichtum des Bischofs mehrte, ebenso wie seine Speichellecker und Schranzen, denn wenn es um sein Wohl ging, war Hatto nicht so sehr vom Geiz gebeutelt wie sonst und investierte klug in Parteigänger. Die Hofhaltung des Erzbischofs war fast sprichwörtlich geworden, ebenso wie sein hartes Herz, und viele Menschen hatten Grund, die Strafe des Himmels auf Hatto herabzurufen, denn wer ihm nichts nutzen konnte, der galt ihm nicht viel.
Der Bischofsstab wurde von sehr harter Hand gehalten in diesen Jahren, und mehr als einmal wurde eine schwache Faust gereckt. Und ob nun die Not der Armen oder die Verwünschungen der ungerecht Behandelten etwas bewirkt hatten, so wurde das sonst so fruchtbare und reiche Land von verschiedenen Plagen heimgesucht. Erst brannte die Sonnenglut die Felder zu harter Erde, die nach Wasser dürstete, dann trat der Fluss über die Ufer, weil die schweren Regenfälle kein Ende nehmen wollten.
Es gab kaum noch etwas zu ernten und das Volk begann zu hungern, denn das Wenige, das es zu kaufen gab, kostete den mehrfachen Preis. Hatto begrüßte händereibend die Missernten, denn sein gelagertes Getreide schlug er zu Wucherpreisen los ...
* * * Ende der Leseprobe aus unserem Buch * * *
Lesen Sie das Sagen und Legenden-Buch:
Hier als Buchausgabe erhältlich
Hier als E-Book (PDF, ePub, Mobi) erhältlich
© Textbeitrag zur Sage "Der Mäuseturm zu Bingen": Winfried Brumma (Pressenet), 2009. Bildnachweis: Mäuseturm zu Bingen, CC0 (Public Domain Lizenz).
Archive:
Jahrgänge:
2022 |
2021 |
2020 |
2019 |
2018 |
2017 |
2016 |
2015 |
2014 |
2013 |
2012 |
2011 |
2010 |
2009
Themen:
Buch Review schreiben |
Autoren gesucht |
Ratgeber |
Sagen & Legenden |
Fantasy Mythologie |
IT & Technik |
Krimi Thriller |
Fachartikel & Essays |
Jugend- & Kinderbücher |
Bedeutung der Tarotkarten |
Bedeutung der Krafttiere
Noch mehr Bücher lesen (Werbung):
Fantasy & Science Fiction
| Krimis & Thriller
| Ratgeber
| Reise & Abenteuer
Sie schreiben anspruchsvolle Romane und Erzählungen? Wir suchen neue Autorinnen und Autoren. Melden Sie sich!
Wenn Sie die Informationen auf diesen Seiten interessant fanden, freuen wir uns über einen Förderbeitrag. Empfehlen Sie uns auch gerne in Ihren Netzwerken. Herzlichen Dank!
Sitemap Impressum Datenschutz RSS Feed