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Wie fast jeden Tag huschte eine schmale Gestalt durch eine Nebenpforte des gräflichen Gartens, eingehüllt in einen weiten und dunklen Kapuzenumhang. Die Gräfin Emma verließ das Anwesen, das sie mit ihrem Gemahl, dem Grafen Ruppert bewohnte, in ziemlicher Hast.
Hinter ihr eilte eine vertrauenswürdige Zofe, die den gleichen großen Korb wie ihre Herrin trug. Darinnen befanden sich, wie immer, Speisen und Kräuterarzneien für die Bedürftigen, die in dem Städtchen wohnten und an die niemand einen Gedanken verschwendete. Schon gar nicht der Oberjagdmeister von herzoglichen Gnaden, Graf Ruppert. Ebenso wie sein hoher Herr war er den rauhen Dingen des Lebens sehr zugetan, der Jagd und auch den unfehlbar darauf folgenden Umtrunken unter den erfolgreichen Waidmännern. Ihm galt nichts anderes – außer seiner Passion, seinen Jagdhunden und der Treue zum Herzog. Seine Neigung zu seinem empfindsamen und christlich denkenden Weib war echt und tief, doch fehlte ihm jedes Verständnis für ihre Gesinnung und ihr mitfühlendes Herz.
Die Gräfin war während einer Ausfahrt auf die vielen Notleidenden aufmerksam geworden, die in dem Städtchen Zweibrücken die Gassen bevölkerten und um die sich niemand annahm. Nach einigem Suchen entdeckte sie die Elendsquartiere, in denen die darbenden und von Mangelkrankheiten gezeichneten Menschen hausen mussten. Fortan gab es keine Ruhe mehr für sie, und sie begann in Begleitung ihrer Vertrauten die dunklen Gassen aufzusuchen, um zu lindern, wo immer es ging.
Um die Kinder nahm sich die Gräfin Emma im Besonderen an, nahm gewirktes Zeug aus ihren Truhen, um die immer hungrigen und frierenden Kleinen zu kleiden und ihren Müttern so manches zuzustecken, um das schwere Los zu lindern. Es dauerte nicht lange, und der Name der Gräfin wurde in jedes Gebet eingeschlossen, das aus den dunklen Verschlägen den Weg zum Himmel fand. Das waren nicht wenige, denn die meisten waren dankbar, nicht nur um der Dinge willen, sondern vor allem der guten Worte und der Freundlichkeit wegen.
So kam es, dass das Samariterwerk der Gräfin ihrem Gemahl zu Ohren kam. Graf Ruppert tobte wie ein wütender Keiler und verbot seiner Frau ohne Umschweife, ihr Werk fortzusetzen. Es schicke sich nicht für eine Frau von Rang, in den stinkenden Hütten des Pöbels ein- und auszugehen, wütete er. Der Graf war ganz der Mensch, der sich in selbstgerechtem Zorn so sehr steigerte, dass alle im Umkreis vor ihm flohen. Gräfin Emma konnte sich der Wut des Gatten nicht entziehen und ertrug mit Tränen in den Augen die Ausbrüche Rupperts ...
* * * Ende der Leseprobe aus der "Legende von der Zweibrücker Rosentreppe" * * *
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© Textbeitrag zur Legende von der Zweibrücker Rosentreppe: Winfried Brumma (Pressenet), 2009. Bildnachweis: Rote Rosen, CC0 (Public Domain Lizenz).
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