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Vor einigen hundert Jahren lag an der Nordsee die Stadt Rungholt, die für ihren Wohlstand berühmt war und wohl auch beneidet wurde. Den Bürgern der Stadt fehlte es an nichts – man ging gut gekleidet, hatte das Notwendige und mehr als genug darüber hinaus.
Die Wege waren gepflastert und die Wirtshäuser gut besucht, was man von der Kirche nicht behaupten konnte. Obwohl das Gotteshaus schmuck und gepflegt seinen Turm gegen den Himmel reckte, blieb es am heiligen Sonntag bis auf einige wenige Menschen leer.
Da es den Menschen in Rungholt an nichts mangelte, glaubten sie keine Veranlassung zum Gebet zu haben, sei es nun Bitte oder Dank. In ihrer Hoffart dachten die Einwohner, ohne die Gnade und Hilfe Gottes auskommen zu können, nicht einmal für rechte Deiche war gesorgt. Es war, als glaubten die Rungholter, dass selbst die Nordsee den Reichtum Rungholts zu respektieren habe, und der Sturm von der See her an der Stadtgrenze umkehren würde.
Just zu dieser Zeit wurde ein neuer Pfarrer in die Gemeinde geschickt, ein junger und schüchterner Mensch, der in Rungholt seine erste Stelle antreten sollte. Am Vormittag war er kurz vor dem Stadttor von dem Ochsenkarren gestiegen, mit dem er das letzte Stück Weg gefahren war, und frohen Mutes schritt er durch den Torweg. Sehr erstaunt war der junge Priester über den Anblick, der sich bot. Es war gerade Markttag, und eine solch erstaunliche Fülle von Waren hatte er noch nie gesehen. Auch nicht solch gut gewandetes Volk, das sich langsamen Schrittes zwischen den Marktständen erging.
Zwischenzeitlich waren einige der Vorübergehenden auf den Mann in der Priestertracht aufmerksam geworden und stießen sich grinsend gegenseitig an. Einige junge Mädchen in der Gesellschaft herausgeputzter Burschen kicherten vernehmlich über den Anblick des jungen Geistlichen, und nicht wenige wohlbeleibte Bürger ließen einen flinken Blick über ihn weggleiten und wandten sich sofort gelangweilt wieder ab. Einzig zwei keck auftretende Kerls, mit Federn am Hut, und leicht schwankend, riefen ihm ein "Gott zum Gruße" zu, worüber sie dermaßen ins Lachen kamen, dass sie sich gegenseitig stützen mussten.
Dem Priester wurde unbehaglich zumute, und er ging gesenkten Kopfes rasch zur Kirche hinüber, die er auf der anderen Seite des Marktplatzes gewahrt hatte ...
* * * Ende der Leseprobe aus unserem Buch * * *
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© Textbeitrag zur Sage vom Untergang Rungholts: Winfried Brumma (Pressenet), 2009. Bildnachweis: Insel mit Wasserfall (Illustration), CC0 (Public Domain Lizenz).
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