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Auf dem Dreisesselberg im Lattengebirge in den Berchtesgadener Alpen gibt es einen Felsen mit markanter Spitze, der "Die Steinerne Agnes" genannt wird. Was es damit auf sich hat, wird noch heute erzählt.
Einst gab es in einem Dorfe dort in der Gegend eine hübsche und sittsame Jungfer mit Namen Agnes. Das flinke und anstellige Mädchen war von geselliger Natur und allseits beliebt, jedermann mochte sie und sonnte sich ihrer Gesellschaft. Die Burschen waren der schönen Maid sehr zugetan und versuchten mit allerlei lustigen oder verwegenen Einfällen deren Interesse zu wecken – doch Agnes scherzte und lachte mit jedem, zog aber keinen soweit vor, dass er sich Hoffnungen machen konnte.
Doch es mag sein, dass Macht – selbst dann, wenn sie nicht weiter reicht als bis zur Gemeindewiese und den Spinnstuben – immer den Keim des Verderbens in sich trägt, und die Jungfer Agnes widerstand der Versuchung nicht. Immer wurde sie zur Tanzkönigin gewählt, immer war sie es, die mit den stattlichsten Burschen den Reigen anführte, und unter den Mädchen buhlten alle um ihre Gunst, nur um in ihrer Nähe von den jungen Männern vielleicht doch auch einmal gesehen zu werden. Um der Freundschaft willen tat keine mehr der Agnes schön, denn die war doch gar zu hoffärtig und mutwillig geworden. Die Aufmerksamkeit aller war ihr gewiss, wo immer sie erschien.
So ging das geraume Zeit, bis es eine Hochzeitsfeier gab, zu der alle eingeladen waren. Agnes hatte es dahin bringen wollen, selbst die Braut zu überstrahlen, was ihr auch vortrefflich gelang – sie war der Mittelpunkt des Festes wie sonst auch. Aber unter den Gästen gab es ein neues Gesicht, ein dem Brautvater bekannter Jäger, der von einer etwas entfernten Grafschaft kam und der sich auf eine sehr anziehende Weise von den Bauernsöhnen abhob. Er war groß von Wuchs und mit breiten Schultern ausgestattet, trug einen verwegenen Bart und lockiges Haupthaar, das ihm bis auf die Schultern reichte. Sein nicht eben hübsches, braun gebranntes Gesicht wurde von einer Narbe verunstaltet, was ihn aber eher interessant als abstoßend erscheinen ließ.
Die Jungfer Agnes beachtete er kaum, was diese erst wütend, dann unsicher machte. Ach, die arme Agnes, trotz ihrer Eitelkeit und ihrer Launenhaftigkeit war sie doch sehr unerfahren und ihre Tändeleien mit den Burschen waren nichts weiter als Kinderspiele, denn sie wusste nicht, dass der Jäger sehr wohl ein Augenmerk auf sie hatte und nur vorgab, sie nicht zu bemerken. Ihn hatte wohl die Erfahrung gelehrt, dass eine solche, wie das von sich eingenommene Bauernmädchen, sofort aufmerken würde, sobald sich ein Mann anders benahm, als sie es gewohnt war ...
* * * Ende der Leseprobe aus "Die steinerne Mörderin" * * *
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© Textbeitrag zur Sage "Die steinerne Mörderin": Winfried Brumma (Pressenet), 2009. Bildnachweis: Fantasy-Zeichnung, CC0 (Public Domain Lizenz).
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