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(13.01.2010) Eine Erklärung der Kanzlerin steht ins Haus, in der sie unter anderem darüber sprechen wird, ob es in Zukunft mehr als die ca. 4500 Soldaten in Afghanistan geben wird.
Lange Zeit verharmlost – als bloße Präsenz der Bundeswehr – wurde der tatsächliche Kriegseinsatz jüngst zugegeben. Dass es hier um richtigen Krieg geht, hatte man so nicht wirklich realisiert – mit Fronteinsatz, Toten, Verletzten, Verstümmelten und den üblichen Kriegstraumata. Das hatten wir alles schon mehr als einmal, nur haben wir es diesmal nicht so richtig bemerkt.
Die Fakten über den Einsatz sollten auch nicht unbedingt bekannt werden, da gab es Richtlinien. Bis zu dem Tag, an dem Journalisten genauer hinsahen und fragten, klappte dies ganz vorzüglich. Es war einfach kein großes Thema für die Bürger. Für die Familien der Soldaten wohl eher, aber auch das nahm man nicht so richtig wahr.
Die Soldaten befinden sich im Krieg und riskieren Leben und Gesundheit – physisch und psychisch. Wie aus den Medien zu erfahren war, kommen immer mehr Soldaten mit erheblichen Traumata aus dem Einsatz zurück. Das persönliche Erleben eines Soldaten verhält sich nicht dynamisch zu der Wichtigkeit oder der Größe eines Krieges. Schlimme Erlebnisse und Todesnähe, die damit verbundenen Ängste und seelischen Beeinträchtigungen sind immer sehr persönlich und tiefgreifend.
Der Fachmann spricht hier von "PTBS", womit eine "posttraumatische Belastungsstörung" gemeint ist. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert, die PTBS entstehe "als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde". Also weit mehr als ein psychischer Schnupfen, nicht wahr?
Tatsache ist, dass die Folgen dieser Traumatisierung weitreichend sind, und unter Umständen auch von sehr langer Dauer.
Nun ist durchaus klar, dass diese Folgen nicht unüblich sind nach einem Kriegseinsatz. Befragt wurde Bundeswehr-Psychiater Peter Zimmermann, der sich auf WELT ONLINE zu der Problematik äußerte, bzw. sich bemühte, sie kleiner erscheinen zu lassen als sie tatsächlich ist. So erfährt der Leser, dass es gerade einmal einen einzigen Psychiater für die etwa 4500 Soldaten gibt. Dramatisch findet Zimmermann das nicht, schließlich gingen ja auch sehr viele Betroffene lieber zum Pfarrer, zum Psychologen oder Arzt. Man sei also an den meisten Tagen durchaus nicht überfordert, meinte Herr Zimmermann.
Den Leser überfordert diese Information unter Umständen mehr. Erst recht, wenn er vom Fachmann erfährt, dass selbst nach "schweren" Kriegseinsätzen nur 30 bis 50 (!) Prozent der Beteiligten danach unter psychischen Belastungen leiden. Also kann es so schlimm nicht sein, oder wie will man das verstanden haben? Bedenkt man die mitgelieferte Information, dass gerade die Hälfte der Facharztstellen im Sanitätsdienst besetzt sind, kommt man aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus.
Es handelt sich nicht um Guerillakrieger aus den vorigen Jahrhunderten, die in ihrer Not Dorfbarbiere rekrutierten, um Verletzten helfen zu können. Es geht hier um Angehörige eines mit den besten Ausrüstungen versehenen modernen Heeres. Und es geht nicht um die gesamte wehrfähige Bevölkerung Deutschlands, sondern es geht um nicht ganz fünftausend Soldaten. Und es soll da nicht möglich sein, sie medizinisch und psychologisch richtig zu versorgen, wenn sie es brauchen? Und zwar ohne lange Wartezeiten, die von Zimmermann so nebenbei eingeräumt werden.
Es wird auch von notwendiger Unterstützung auf ministerieller Ebene gesprochen. Diese fehlt bis jetzt anscheinend, und dies erinnert fatal an vergangene Zeiten. Wie viele Entscheidungsträger auf höchsten Ebenen haben mit leichter Hand Tausende von Menschen an Kriegsfronten geschickt, in Tod und Verderben, während sie ... nun, sich anderen Problemen widmeten? Es sollte Gesetz werden, dass jeder, der Soldaten in einen Krieg schicken kann, vorher an einer real existierenden Front in einem realen Krieg gewesen sein muss. Und zwar nicht in Paradeuniform, sondern als Gemeiner. Möglicherweise wäre es zu diesem Einsatz dann nicht gekommen.
Über Sinn und Unsinn des Einsatzes in Afghanistan kann man streiten, aber wenn die Bundesrepublik ihre Soldaten dieser Gefahr aussetzt, sollte sie wenigstens in der Lage sein, für sie zu sorgen.
© "Man stelle sich vor, es ist Krieg und keiner will es verraten": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010. Bildnachweis: Kampfflugzeug, CC0 (Public Domain Lizenz).
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