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Faust spricht mit Erdgeist (© B. Mauch)
Wir können nicht nicht aktiv sein, wir sind es. Immer. Jede Entscheidung ist Aktivität, jede Haltung, jedes Zulassen oder Eingrenzen eines Triebes. Wir gestalten die Spur unseres gelebten Lebens, füllen ununterbrochen unsere "Scheunen", um mit dem bildhaften Begriff Frankls zu sprechen. Wir schreiben unsere Biographie, wir sind als Geistige Person ihre Autorin.
Vor diesem Hintergrund ist jede Wertverwirklichung ein schöpferischer Akt. Wir gestalten die Welt und uns selbst. Der Mensch ist von seinem Geistigen her in seiner schöpferischen Dynamik auf die Welt bezogen. Sie zieht ihn an. Vor dem Hintergrund des Menschenbilds der Logotherapie schlage ich vor, dieses vom Geistigen her kommende Hingezogensein des Menschen zur Welt "Eros" zu nennen.
Dieser Eros ist offensichtlich primär ungerichtet, ist geistiges Potential. Wohin wir diese Kraft richten und in welcher Weise wir dies tun, fällt in den Freiheitsbereich unserer Person. Wir können sie in die Gestaltung unserer individuellen Werte einfließen lassen, oder in ihr Gegenteil, in die Destruktion. Im landläufigen Sprachgebrauch wird der Begriff "Eros" auf die Energie eingeengt, die sich auf die Sexualität bezieht. Meist wird mit dem Begriff nicht der geistige Prozess gemeint, den ich anpeile, sondern der auf das Vegetative oder Psychische bezogene Sexualtrieb des Menschen.
Wir sind immer frei darin, wie wir mit der Energie des Eros umgehen. Ob wir diese Kraft ins Destruktive oder ins Lebensfördernde lenken, liegt in unserer Entscheidung. Lebensfördernd wird der Eros dann, wenn er sich mit Sinn füllt, also mit einem Wert verbindet. Und eben in der Verbindung mit einem Wert bleiben wir auf der Ebene des Geistigen, mehr noch, wir verbinden uns vertieft mit dem Geist. Dies bedeutet "religio", Rückbindung an den Ursprung des Menschen.
Die Verkörperung dieser Kraft auf der Erde ist die Individualität des Menschen, die Geistige Person, die ebenfalls nicht ableitbar, nicht bestimmbar ist, einzigartig ist und in sich reine Kraft. Im Gerichtet-sein auf den anderen in seiner geistigen Wesenhaftigkeit also verwirklicht sich menschlicher Eros in der Annäherung an sein höchstes Ziel (Eins-werdung mit dem All-einen).
Man könnte diesen auf die Individualität des anderen gerichteten Eros mit dem vertrauten Begriff der "Zärtlichkeit" beschreiben. Sie umfasst die körperliche, seelische und geistige Hinwendung zum Du, bei der der Stern der Individualität des Du nicht untergeht, sondern heller wird. In diesem Sinne umfasst Zärtlichkeit auch die spielerische Gestaltungskraft der körperlichen Begegnung zweier Menschen, schließt Leidenschaft, Ekstase und höchste Lust mit ein.
Beachten Sie auch das Sachbuch von Dr. phil. Bernhard A. Grimm: "In den Armen des Lebens". Menschliches Leben ist Abenteuer, mit Anfang und Ende.
Ziel der Zärtlichkeit ist die Einmaligkeit und Einzigartigkeit des Du, für das das Körperliche und Seelische ein "Kleid" sind. Eine solche Gerichtetheit des Eros überdauert auch die körperlichen Veränderungen, die Partner im Laufe ihres Älterwerdens an sich selbst und am anderen erleben. Es vertieft sich die Vertrautheit mit dem Geheimnis des Du, ohne dass dieses Geheimnis sich je entschlüsselt.
Martin Buber drückt diese Beziehungsqualität so aus: "Wer Du spricht, hat kein Etwas zum Gegenstand. Denn wo Etwas ist, ist ein anderes Etwas, jedes Es grenzt an andere Es, Es ist nur dadurch, dass es an andere grenzt. Wo aber Du gesprochen wird, ist kein Etwas. Du grenzt nicht. Wer Du spricht, hat kein Etwas, hat nichts. Aber er steht in Beziehung."
Rainer Maria Rilke beschreibt die Begegnung zweier Menschen unter dem Stern ihrer Individualität so treffend: "Darin besteht die Liebe: Dass sich zwei Einsame beschützen und berühren und miteinander reden."
© "Geist – Eros – Zärtlichkeit": Essay von Dr. phil. Bernhard A. Grimm. Abbildung: Gemälde "Faust spricht mit Erdgeist" von Margret Hofheinz-Döring, 1969 (Mit freundlicher Genehmigung der Galerie Brigitte Mauch).
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