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Am Morgen des sechsten August 1945, Ortszeit 8.15 Uhr, wurde eines der größten Verbrechen, das die Geschichte kennt, begangen. Genau um diese Zeit wurde eine Atombombe über der japanischen Stadt Hiroshima abgeworfen. Die Auswirkungen sind bekannt – es kamen auf einen Schlag mehr als 70.000 Menschen um. Rechnet man diejenigen dazu, die an den Spätfolgen starben, so kommt man auf über 150.000 Opfer.
Wie es dazu kam, ist oft erläutert worden. Die politischen Gegebenheiten, die zu diesem ersten atomaren Schlag in der Menschheitsgeschichte geführt haben, müssen nicht mehr diskutiert werden. Es wäre völlig sinnlos, denn es kann nicht mehr rückgängig gemacht werden, was damals an Ungeheuerlichem geschah. Dass es nach wie vor Zeitgenossen gibt, die den Angriff auf Hiroshima und Nagasaki noch im Nachhinein befürworten, muss hingenommen werden, so wie man sich mit den ewig Gestrigen aller Nationen abfinden muss.
Dieser Tag hat alles verändert, nichts war danach mehr wie vorher. Das gilt nicht nur für Japan, sondern auch für die ganze Welt. Seit diesem Tag ging ein Gespenst um, das sich durch die ganzen Jahre bis heute von einem Schemen zu einer äußerst realen Bedrohung entwickelte. Der lange Weg, den die Menschheit zurückgelegt hat von den ersten kriegerischen Handlungen vereinzelter Gruppen in der Vorgeschichte – also vom Speer mit Feuersteinspitze bis hin zur Atombombe – ist mit Milliarden von Leichen gepflastert. Immer wieder fanden findige Köpfe einen Weg, um eine Waffe zu verbessern, sie noch tödlicher und effektiver zu machen.
Das mag vor langer Zeit einmal überlebenswichtig gewesen sein, denn effiziente Jagdwaffen machen das Überleben wahrscheinlicher – aber es ging bald vor allem um die Überlegenheit im Kampf. Ein Schwert taugt nicht zum Jagen, es ist eine Kampfwaffe, die für das Töten gemacht wurde. Das war nicht unbedingt einfach, denn die frühen Bronzeschwerter konnte man noch rollen, sie waren vor allem für das Draufhauen gut. Bis hervorragende Stahlklingen in Fertigung gingen, brauchte es Jahrhunderte. Schleudern wurden gebraucht und bald durch Bogen ersetzt, die als Distanzwaffe kaum zu schlagen waren und es sogar mit Metallrüstungen aufnehmen konnten.
Die Armbrust war keine an sich bessere Waffe, aber leichter zu bedienen. Sie setzte sich als moderne Distanzwaffe durch, und in China erfand ein Mechaniker ein Modell, das ein Reservoir für viele Bolzen hatte, welche nachrutschen konnten – also eine Art "Maschinengewehr" der Antike. Seit dieser Zeit kannten die Menschen auch Belagerungsmaschinen, die laufend verbessert wurden. Katapulte und Ballisten verwandelten Städte in Trümmerhaufen. Griechisches Feuer und Pechnasen machten aus Siedlungen oder Flotten ein Flammenmeer, immer raffiniertere Todesmaschinen forderten mehr und mehr Opfer.
Und die Kriege der vergangenen Zeiten waren um keinen Deut besser als die späteren, denn es traf immer die Zivilisten am schlimmsten. Diese beweinten ihre Toten und Sterbenden, während die eigentlichen Verursacher schon in seidenen Zelten oder Palästen um Reparationen oder Tribute schacherten und sich dabei bestens verstanden. Kriege, in denen es tatsächlich Mann gegen Mann galt, ohne dass Unbeteiligte darunter zu leiden hatten, gab es niemals wirklich – mit Ausnahme der heiligen Zweikämpfe, die über Leben und Tod entschieden.
Wie rasant sich das Kriegswesen weiterentwickelte, wissen wir. Es gab immer größere Blutbäder, immer umfassendere Zerstörungen, und die Erholungszeiten mussten für Mensch und Erde immer länger sein. Allerdings hatte diese Zeit meist niemand, weil schon bald wieder irgendein Mächtiger vom Hafer gestochen wurde. Der Luftkrieg bot schließlich ungeahnte Möglichkeiten für Verächter allen Lebens – allein im vorherigen Jahrhundert gab es sehr viele Menschen, deren Leben gleich von zwei Weltkriegen geprägt war.
Zwei große Kriege erleben, das bedeutete für diejenigen, die etwa im Jahre 1900 geboren wurden, gleich zweimal alles zu verlieren und Hunger zu haben. Im Ersten Weltkrieg beweinten die Mädchen ihre Väter und großen Brüder, im Zweiten dann wohl ihre Männer und Kinder. Diese Not und dieses Elend, das die Zivilbevölkerung traf und natürlich auch Soldaten das Leben kostete, war nicht von den Völkern verschuldet in letzter Konsequenz.
Was wussten die Kinder, die auf den Trecks nach ihren Eltern riefen, vom Krieg, und warum er geführt wurde? Was konnte irgendein aufrechter Mensch auf der Welt dafür? Als die Bomben auf Hiroshima und kurz darauf auf Nagasaki fielen, da fiel auch die allerletzte Grenze, die es vielleicht vorher gegeben hatte. Innerhalb von Sekunden war alles zerstört, was lebte oder was von Menschen erbaut worden war. 6.000 Grad Hitze sorgten für einen barmherzigen schnellen Tod – aber für so viele begann eine Zeit der unsäglichen Leiden. Die konnte von einigen Stunden bis hin zu langen Jahren währen.
Die Strahlenkrankheit ist unbarmherzig, sie tötet langsam und schmerzhaft, und sie entstellt. Aber die Bombe schlug nicht nur die lebenden Menschen, sie schlug auch deren Nachkommen mit Schmerzen und Elend. Unzählige Kinder kamen verkrüppelt und geistig geschädigt zur Welt. Diese Hölle, die plötzlich über sie gekommen war, wurde nicht in ihrer Eigenart verstanden – man hielt die Strahlenkrankheit für ansteckend und mied die Überlebenden. Die Japaner, die überlebt hatten, wurden ausgegrenzt, gemieden und fortan Hibakusha genannt. Sie wurden diskriminiert, konnten kein normales Leben führen und mussten verbergen, dass sie zu den Überlebenden der Angriffe gehörten.
Wie die Piloten mit den Auswirkungen ihres Feindfluges umgingen, ist äußerst interessant. Soweit bekannt, begannen sie ihre Mission nicht ohne den Segen eines Priesters. Es wäre ein winzig kleiner Trost, könnte man sagen, dass diese unsägliche Untat ein Umdenken bewirkt und weitere Katastrophen dieser Art unmöglich gemacht habe – doch das bleibt uns versagt. Die Nationen ließen sich nach dem sechsten August 1945 in einen immerwährenden Wettlauf um den Besitz der Atombombe ein und haben bis heute nicht aufgehört damit. Hiroshima könnte schon in der nächsten Stunde im Nahen Osten, in Asien oder in Afrika sein – und natürlich auch in Europa. Es gibt genug Regierungen, die unverhohlen mit einem solchen Angriff drohen und mit dem atomaren Säbel rasseln.
Es ist ein Mal geschehen, und es wurde für gut befunden. Aber es darf nicht noch einmal dazu kommen, dafür müssen alle Kräfte eingesetzt werden. Niemals wieder darf es ein solches Feuer geben, das alles Leben nimmt oder fast unmöglich macht – selbst das noch nicht geborene. Das sollte uns einige Gedanken wert sein.
© "65 Jahre nach Hiroshima. Für eine Welt ohne Waffen": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010. Bildnachweis: Atombombe, CC0 (Public Domain Lizenz).
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