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Spaziergang in der Sonne (© B. Mauch)
Jahresrückblicke wohin man sieht, das letzte Jahr ist jüngste Vergangenheit. Das neue Jahrtausend ist noch jung und die prophezeiten globalen Katastrophen für die Zeit um die Jahrtausendwende sind bis jetzt noch ausgeblieben.
Viel hat sich nicht verändert in der neuen Ära, weiterhin wird die Menschheit von Kriegen und Hunger sowie Seuchen heimgesucht. Deutschland ist da längst nicht mehr außen vor, zumindest was Armut und Krieg betrifft.
Das vergangene Jahr hatte Gutes gebracht und Schlechtes, für die Republik und auch für die Bürger. Politisch gesehen ging es turbulent zu, die Regierung wird sich im neuen Jahr wieder beweisen müssen. Arbeitslosigkeit und neue Armut sind weiterhin Themen im Land, ebenso die Bürgerrechte mit Schwerpunkt auf Privatsphäre.
Am Jahresende hatten wir erfahren, dass Deutschland an einem Kriegseinsatz beteiligt ist. Das hatte man bis jetzt so nicht realisiert und den Verharmlosungen der Regierung Glauben geschenkt. Eine vergleichsweise harmlose Infektionskrankheit wurde medien- und kassenwirksam von einer Welle zu einer Epidemie und dann zu einer Pandemie aufgebauscht.
Allenthalben las man von Gewalttaten. Familiendramen mit blutigem oder gar tödlichem Ausgang, und Skandale aus Politik und Promi-Lounge lösten einander im Minutentakt ab. Das Wetter spielte verrückt, und Hinweise von Forschern auf globale Erwärmung – infolge Schadstoffemissionen und atomaren Versuchen – wurden von gegnerischen Wissenschaftlern abgetan, so wie das jedes Jahr eigentlich geschieht.
Eigentlich alles wie in den Jahren zuvor, vielleicht etwas mehr und etwas schneller als vorher. In diesem neuen Jahr wird die Geschwindigkeit wieder ein wenig zunehmen, vielleicht nicht so sehr auffallend – aber doch merklich für aufmerksame Beobachter. Man wird sich an noch mehr Skandale in der Politik, an noch höhere Lebenshaltungskosten und noch mehr Beschränkungen gewöhnen, und Dinge – die vor Jahren noch landesweiten Protest verursacht haben – werden kaum noch erwähnt werden.
Die Bürger sind politikmüde geworden und glauben eher an neue Supertalente als an wachsende Konjunkturen, was böse Zungen als "Neuen Realismus" bezeichnen. Der "Brot-und-Spiele-Faktor" ist zu einem wichtigen Bestandteil des Lebens geworden, die Bürger auf den Rängen der ultimativen medialen Arenen vergessen auf diese Weise mehr als je zuvor das für die meisten nur schwer zu bewältigende reale Leben. Junge Menschen, oft noch Kinder, entziehen sich auf äußerst gefährliche Weise den täglichen Frustrationen, indem sie sich mit Alkohol bis zur Besinnungslosigkeit betäuben. "Komasaufen" ist ein morbider Sport für perspektivlose Teenager geworden.
Das Bild des jugendlichen heroinabhängigen Strichers, der mit der Nadel im Arm in einer öffentlichen Toilette liegt, wurde abgelöst von Kindern, die mit einer Alkoholvergiftung an den Straßenecken aufgelesen werden. Und wahrscheinlich ist diese neue Suchtform weitaus gefährlicher, denn der Stoff ist an jedem Kiosk zu haben – und zudem sehr billig.
Was würden die Bürger des Landes sagen, fragte man sie nach den Wünschen für dieses neue Jahr? Vermutlich steht die Gesundheit an oberster Stelle, wie sie das immer tut. Jedenfalls seit der letzten Gesundheitsreform in verstärktem Maße. Dann ist vermutlich der Wunsch nach Arbeit das zweitgrößte Thema, denn damit steht und fällt alles. Das wirtschaftliche Überleben ist das große Angstthema der Zeit, denn der Weg in das soziale Abseits ist zu einer mit Schmierseife behandelten Rutsche mutiert.
Nie war es so einfach wie heute, sich am Rand der Gesellschaft wiederzufinden. Firmen verschmolzen miteinander, es gab Übernahmen und Schließungen, Stellenabbau und Standortverlagerungen zuhauf, die Leidtragenden waren wie immer die Arbeitnehmer. Wer heute über dreißig Jahre alt ist und seine Arbeit verliert, hat einigen Grund für Existenzängste.
Vielleicht wünschen sich viele Menschen auch mehr Sicherheit auf den Straßen, denn die Gewaltbereitschaft ist in hohem Maße gestiegen. Frustration erzeugt Aggression und Hass, der sich da auslebt, wo es gerade möglich ist und sich anbietet. Einen mittelbaren Grund braucht es da eigentlich nicht mehr, wie viele traurige Fälle im vergangenen Jahr belegen.
Das alles klingt düster, sicherlich. Aber es wird für die Zukunft symptomatisch sein, wenn diejenigen, die etwas daran ändern könnten, es nicht tun. Jeder einzelne von uns ist gefordert. Vielleicht könnte man sich etwas mehr für die wichtigen Dinge interessieren im neuen Jahr. Der echte Austausch mit anderen Menschen ist ein guter Anfang. Wenn sich die Menschen in diesem Land in zunehmendem Maße als Einzelkämpfer in Sachen Überleben sehen, ist jeder Willkür Tür und Tor geöffnet.
Kommunikation und Interesse für den anderen sind ein gutes Mittel, um Schlimmes zu verhüten. Das Wegsehen darf keine Option sein, ob es sich nun um Gewalttaten oder um Politik handelt. Mehr Engagement, mehr Interesse und tatsächlich auch mehr positives Denken sind gefragt, damit dieses neue Jahr nicht noch mehr traurige Rekorde bricht.
Sätze wie "Daran können wir ja doch nichts ändern" oder "Das geht mich nichts an, das ist Sache der Politik" sollten aus dem Sprachgebrauch verschwinden, ebenso wie "Ich habe nichts gehört und gesehen". Wir alle schaffen das Land, in dem wir leben – und noch ist uns nicht alles aus der Hand genommen.
So wäre ein großer Wunsch für das neue Jahr, dass jeder ein Stück Verantwortung für die Welt, in der wir leben, übernimmt. Um welches Jahr es hier genau geht, ist letztendlich egal – die Zahl ist austauschbar.
© "Jahreswende, und Wünsche für das neue Jahr": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010. Abbildung: Gemälde "Spaziergang in der Sonne" von Margret Hofheinz-Döring, 1968 (Mit freundlicher Genehmigung der Galerie Brigitte Mauch).
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