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Symbole sind wichtig, sie sind grundsätzlich Träger einer Botschaft. So die kleinen Männlein, die sich an Flughäfen, Bahnhöfen oder sonstigen öffentlichen Einrichtungen auf Wänden herumtreiben – sie werfen auffällig etwas in einen Papierkorb oder rennen einem Pfeil nach – die Mitteilungen sind eindeutig. Mit ihrer Hilfe weiß jeder, wo er hineindarf. Jeder Reisende, aus welchem Teil der Welt er auch kommt, versteht diese Botschaften.
Auch Menschen, die des Lesens unkundig sind, oder Kinder im Vorschulalter, können damit etwas anfangen. Verkehrszeichen sind dem internationalen Verständnis recht gut angepasst, man kann sich also kaum herausreden, wenn man jemandem die Vorfahrt nimmt. Diese Symbole vermitteln einfache Botschaften ohne Hintergrund. Das alles ist notwendig und hat keinen Tiefgang.
Auch Farben können Botschaften vermitteln, wenngleich das nach Kultur variieren kann. So ist die Farbe der Trauer bei uns in Europa traditionell schwarz, in Asien ist weiß damit belegt. Die Unterschiede sind auch bei den tierischen Symbolen groß – wo der Drache in Asien ein Symbol des Glücks ist, verbreitet er in Europa eher Furcht und hat oft nichts Gutes zu bedeuten. Zum einen weil "Lindwürmer" Fleischfresser sind und allein durch ihre Größe die Kopfzahl einer Herde Weidevieh empfindlich herabsetzen können, zum anderen weil sie eine Vorliebe für Jungfrauen zu haben scheinen. Jedenfalls geraten sie in den Sagen und Legenden regelmäßig wegen minderjährigen Prinzessinnen mit bis an die Zähne bewaffneten Helden in Streit.
Die sprichwörtlich "dumme Kuh" ist in China ein Symbol für Sanftmut, was entschieden weniger ehrenrührig ist als die deutsche Variante. Jedenfalls für die Kuh. Das Schaf hat bei uns in Europa die Sanftheit im Wappen, ebenso wie die Unschuld. Reinheit und Unschuld fiel vorher in die Zuständigkeit des Einhorns, das den Job aufgab, als das Christentum sich immer mehr ausbreitete. Heutzutage ist das Fabelwesen mehr ein Garant für einen Fantasyroman, wenn es sich auf dem Einband befindet. So gesehen ist die Population wieder sehr gestiegen, denn diese hatte genau unter denselben Rittern zu leiden wie die Drachen.
Manche Symbole haben auch einen Wandel der Bedeutung mitgemacht, so wie zum Beispiel die S-Rune der Germanen. Eigentlich ein Symbol für Sieg oder Sonne, und nicht zwingend kämpferisch, also ein positives Bild, wenn man die Welt der Vorfahren betrachtet, in der die Sonne der Lebensspender war. Dieses positive Symbol wurde nun in seiner Bedeutung von den Machthabern und Pseudowissenschaftlern des Dritten Reiches benutzt und mutierte zu einem Symbol des Schreckens. Dasselbe gilt für das Swastikazeichen, das Sonnenrad, das zu einem Bild des Bösen wurde. Und obwohl man um die ursprüngliche Bedeutung weiß, ist der Anblick dieser Symbole negativ belegt.
Sie werden noch lange Zeit nicht völlig frei von dieser Besudelung sein. Denn solange diese aufgepfropfte neue Bedeutung in irgendeinem Gehirn greift, wird sich das nicht ändern. Nun ist die Gefährlichkeit gewisser Zeichen auch bekannt und die Benutzung unter Strafe gestellt. Oder man hält die Botschaft für fragwürdig, oder für aufdringlich. Gemeint ist hier das Kreuz der Christen. Der Europäische Gerichtshof war mit einem Urteil vom November 2009 der Meinung, dass Kruzifixe in einem Klassenzimmer die Religionsfreiheit verletzen würden (Nachtrag: das Urteil wurde im März 2011 aufgehoben).
Der Gedanke ist nicht ganz unlogisch, denn wenn das christliche Kreuz als einziges Symbol des Glaubens an der Wand hängt, könnten sich Andersgläubige übergangen fühlen. Sollten also gleichberechtigt ein Halbmond für den Islam und auch ein Pentagramm für die neuen Heiden da hängen, gleich neben dem Davidstern? Finge man damit an, wollte jeder sein Symbol an die Wand, und die Klassenzimmer sähen bald aus wie Andenkenläden. Also, sagt der logisch denkende Bürger: Weg mit den Kreuzen.
Nun weist die Kirche auf die symbolische Botschaft der gekreuzten Balken hin, die lautet: Nächstenliebe und Güte. Ein empörter CSU-Politiker meinte dazu, Kreuzzeichen seien ein sichtbares Symbol einer klaren Werteorientierung, nämlich "Schutz der Würde aller Menschen, egal welcher Herkunft, welchen Geschlechts oder welchen religiösen Bekenntnisses".
Nun, da möchte man vielleicht widersprechen. Das Kreuz als Symbol entspricht nicht den Anfängen des Christentums (das waren unter anderem der Fisch). Dann ist die historische Bedeutung fraglich, denn die Römer hatten eine Vorliebe für das Kreuzigen, es war eine beliebte Form der Folter und der Bestrafung. Manche Historiker sprechen sogar davon, dass man die Delinquenten gepfählt und durchaus nicht an ein Kreuz geheftet hat.
Wie dem auch sei, das Instrument, das letztendlich als Mordwerkzeug des Erlösers gelten kann, sollte logischerweise eher negativ belegt sein. Niemand wird wohl die Todesursache eines geliebten oder bewunderten Menschen als heiliges Symbol benutzen. Davon abgesehen könnte man die Behauptung wagen, dass das Kreuz eher nicht für Toleranz und Güte, ungeachtet der Herkunft oder des Geschlechtes, steht. Was das betrifft, so ist es schade, dass man keine der zwangsbekehrten Heiden aus der Vergangenheit befragen kann, die eigentlich nur die Wahl zwischen Kreuz oder Schwert hatten. Ein Interview mit den als Hexen verbrannten Frauen wäre in Sachen Symbolbedeutung auch recht hilfreich. Und die flammenden Kreuze auf den Mänteln der Kreuzritter waren in den Augen der getöteten und zuweilen abgeschlachteten Heiden in Palästina wohl kaum positiv belegt.
Die ganze Debatte um das Kreuz im Schulzimmer erinnert an die Frage, ob das Kopftuch der muslimischen Frauen nichts weiter als eine Tradition in ihrem Glauben oder aber ein explosiv gefährliches Symbol für Terrorismus der fanatischen Art ist. Man muss wohl niemandem erklären, dass sich grundsätzlich jedes Mal die Frage stellt, welches Kopftuch denn nun von wem getragen wird. Welche Rune von wem benutzt wird. Welches Kreuz gemeint ist, das des Todes oder das der Liebe. So steht das Kreuz für die einen für Liebe und Güte, für die anderen für Intoleranz. Und das gilt, außer vielleicht für Einhörner, für fast alle Symbole.
© "Symbole sind Träger einer Botschaft: Die Debatte um das Kreuz im Schulzimmer": Textbeitrag und Foto von Winfried Brumma (Pressenet), 2009.
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