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Der Kopf fühlt sich an, als sei er in Watte gehüllt. Und der Hals, als habe man versucht, eine Muskatreibe zu verschlucken. Auf der Stirn könnte man Spiegeleier braten und der Appetit ist auf den absoluten Nullpunkt gesunken. Die Ohren schmerzen, die Nebenhöhlen stehen extrem unter Druck, und man kann die Taschentücher gar nicht so schnell aus der Packung fummeln, wie man sie braucht.
Die Welt ist grau, jeder Lichtstrahl richtig schmerzhaft, und man will eigentlich nichts weiter, als mit geschlossenen Augen im abgedunkelten Zimmer vor sich hin leiden. Kurz: man hat die Grippe. Das kennen die meisten, und um diese Zeit herum wundert das keinen. Natürlich gibt es noch die gefürchtete Variante der Sommergrippe, aber so um das Jahresende herum hat die Influenza traditionell ihre Saison.
Damit leben die meisten und machen sich eigentlich kaum Sorgen, obwohl an der gewöhnlichen saisonalen Grippe jedes Jahr Menschen sterben. Das wird von der Öffentlichkeit nicht so richtig wahrgenommen, denn an das weihnachtliche "Grippenspiel" oder an die vielen Ausfälle in den Betrieben in der Saison hat man sich lange gewöhnt.
Wegen einer Grippe bleiben viele nicht einmal zu Hause, denn tatsächlich wird die Krankheit nicht wirklich als gefährlich angesehen. Nicht einmal von den Betroffenen. Nun aber gibt es etwas Neues und einigermaßen Exotisches: die Schweinegrippe. Diese neue Variante hat sich als richtiges Glücksschweinderl erwiesen. Für die Medien, die täglich über die Todesopfer der Schweinegrippe berichten, für die Pharmaindustrie, und natürlich auch für die Händler der Grauzone.
Durch die begeistert geschürte Angst vor der Krankheit ist ein regelrechter Run auf die Impfstoffe gestartet, da verbreitet wurde, dass es möglicherweise nicht genug Impfstoff für alle gibt. Die Spekulationen darüber, ob beim Anstehen für den kleinen Piekser die einen etwas gleicher als die anderen sind, werden öffentlich diskutiert und sorgen für politischen Unmut. Und schon sind die gefälschten Mittel mit deutlich verminderter oder faktisch überhaupt keiner Wirkung auf dem Markt, bzw. werden im Internet angeboten.
Angstgeschüttelte Menschen zahlen horrende Preise auf dem Schwarzmarkt. Das erinnert an andere Zeiten und ist durchaus nicht so lustig, wie es klingt. Durch die Ansteckungshysterie boomen die Internetgeschäfte, denn viele Menschen wollen Kontakte mit anderen Menschen weitgehendst vermeiden. Die bleiben daheim, sehen sich Nachrichten an oder lesen alles über die Schweinegrippe im Internet.
Da gibt es so einiges: Geschichten mit Bildern über die neuesten Todesopfer sind stündlich online. Das macht Laune und bringt nicht nur Hypochonder zum Rotieren. Und um die ganze Sache abzurunden, jagen sich die Meldungen über die Impfungsopfer. Also, so lautet die Botschaft: wenn ihr keinen Impfstoff bekommt, weil die Reichen und Mächtigen bevorzugt werden, könnt ihr sterben. Wenn ihr aber geimpft werdet, könnt ihr auch sterben. Todesangst macht sich breit und lässt die Kassen klingeln. Der Staat verdient auch nicht schlecht an der Viecherei, denn die Impfungen bringen steuertechnisch etwas über einen Euro pro Stich, das multipliziert sich hervorragend.
Ärzte warnen schon jetzt vor einem mutierenden Virus, der eine Pandemie auslösen könnte. Also falls die Leute sich vielleicht doch noch ohne Mundschutz aus dem Haus trauen sollten, werden sie durch diese düsteren Aussichten schnell wieder in die virenfreie Zone gescheucht. Die neue Influenza ist zu einem Wirtschaftsfaktor geworden, zu einem üppigen Weihnachtsgeschenk für den Staat, die Pharmazie, die Medien, die Gauner – nur nicht für die gewöhnlichen "armen Schweine" auf der Straße. Die bekommen kein Geld und keine Nachrichtenpräsenz – die bekommen Angst. Und das sollen sie auch, denn Angst war schon immer ein unfehlbares Mittel, um die Kassen zu füllen, und um die Menschen zu manipulieren.
Da mit der Zeit eine gewisse Gewöhnung eintritt, muss man eben mit immer neueren Schreckgespenstern aufwarten, um die gewünschte Reaktion hervorzurufen. Sich in ein Auto zu setzen und über die Autobahn zu preschen, ist statistisch und auch tatsächlich weitaus gefährlicher, als mit einem Flugzeug zu fliegen. Aber die stündlich vorkommenden tödlichen Unfälle werden weniger wahrgenommen als so ein Flugzeugabsturz, der ein wahrer und eher seltener Glücksfall für die Medien ist. Trotzdem leiden viel mehr Menschen an Flugangst als an Fahrangst.
Das ist nicht unbedingt logisch, aber es ist schlicht und einfach eine Frage der Wahrnehmung. Die meisten steigen ohne an etwas Böses zu denken (außer an die Benzinpreise) in ihr Auto und fahren los. Bevor sie in ein Flugzeug steigen, brauchen sie Beruhigungsmittel, obwohl ihre Überlebenschancen beim Fliegen um ein Vielfaches höher sind. Dafür halten die Bürger die Möglichkeit, durch einen terroristischen Akt zu sterben, für recht hoch. Diese Angst nämlich wurde sorgfältig geschürt und instrumentalisiert. Für die internationale Waffenlobby und die Machtansprüche der Politiker war diese Hysterie auch ein Glücksschwein, sogar eines mit Turban.
Es wird auf jeden Fall geraten, den Fokus auf "real" einzustellen und die Schweinegrippe als das zu sehen, was sie ist: Eine Infektionskrankheit, die ungefährlicher als die saisonale Grippe ist. Nach Berichten Betroffener sind sogar die Symptome nicht so unangenehm wie bei der gewöhnlichen Grippe.
Das mag von Fall zu Fall verschieden sein, aber es lohnt auf jeden Fall, sich intensiv zu informieren und die Schlagzeilen erst einmal außen vor zu lassen. Und vielleicht stellen wir zu Ochs und Esel auch ein Schwein in die Weihnachtskrippe.
© "Arme Schweine – Eine Frage der Wahrnehmung: Die Hysterie mit der Schweinegrippe": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010.
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