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Er hat immer wieder eine Renaissance erlebt, dieser geheimnisvolle Satz Karten, der Tarot genannt wird. Seit dem Mittelalter kennt und schätzt man ihn, und das hat sich bis heute nicht geändert.
Woher er eigentlich stammt, darüber gibt es viele Spekulationen, aber rein historisch gesehen scheint die französische Herkunft des Namens gesichert und eng mit dem Wort "Tarock" verwandt, welches ein beliebtes Kartenspiel bezeichnet. Die eigentliche Bedeutung dieses Wortes ist "Trumpf", und man spricht auch heute noch zuweilen von den Trumpfkarten des Tarot. Tatsächlich könnte man mit einem Satz Tarotkarten, einem so genannten "Deck", auch ganz profan Karten spielen, denn es hat vier Farben, Trümpfe und Zahlwertkarten, und umfasst meist 78 Karten.
Schließlich werden traditionell auch ganz normale Skat-Blätter zum Wahrsagen benutzt. Die Trümpfe entsprechen nämlich den Farben des Tarot, beziehungsweise haben sich daraus entwickelt. So wurden die Stäbe oder Lanzen zu Kreuz, Kessel oder Kelche zu Herz, Münzen oder Pentakel zu Karo, und Schwerter zu Pik. Soweit die Fakten, aber damit ist die Bedeutung des Tarot nicht erklärt.
Niemand, der sich mit Divinatorik befasst, wird ein Deck einfach ein Kartenspiel nennen, denn das ist es auch nicht wirklich. Viele Esoteriker haben den Tarot auch das "Buch Thot" genannt, nach dem ägyptischen Gott der Weisheit und auch der Schreibkunst. Viele bedeutende Fachleute sehen die Wurzeln des Tarot in den ägyptischen Mysterien und auch in der jüdischen Kabbala, ein Buch, das aus variablen Seiten besteht, die je nach Anordnung das gesamte Wissen des Kosmos enthalten und immer wieder neue Wahrheiten vermitteln können. Ein interaktives Buch sozusagen, das auf denjenigen reagiert, der es liest.
Das hört sich an wie der Zauberkessel in den alten Märchen, der niemals leer wird und für jeden etwas anderes bereithält, nämlich genau das, was er im Moment braucht. Daran ist durchaus etwas Wahres, denn die Symbole auf den Karten sind uralt und archetypisch. Das betrifft in erster Linie die zweiundzwanzig "großen" Karten, die großen Arkana. Diese sind in manchen Decks die einzigen mit bildhaften Darstellungen, obwohl mittlerweile auch die "kleinen" Karten in den meisten Variationen mit Bildern ausgestattet sind. Es macht den Zugang zu den Karten sehr viel einfacher, wenn das Unterbewusstsein auf die Bildsymbole reagiert.
Von den 78 Karten eines Decks sind die zweiundzwanzig großen Arkanen – das Wort Arkana bedeutet "Geheimnis" – die wichtigsten. Es wurden Decks geschaffen, die überhaupt nur aus den zweiundzwanzig "Trümpfen" bestehen, denn nach Meinung vieler Esoteriker sind sie der eigentliche Tarot. In diesen Arkanen ist alles enthalten, was an vermittelbarem Wissen dem Fragenden mitgeteilt werden kann. Die kleinen Arkanen, die restlichen also, sind nach dieser Sicht eher begleitender Kontext.
Es gibt viele Legesysteme, die nur mit den großen Arkana gelegt werden und bei denen auf die kleinen Arkana völlig verzichtet wird. Die Reihenfolge der großen zweiundzwanzig ist nicht zufällig, sie hat eine lange Tradition und folgt uraltem Wissen – mag der Tarot, wie wir ihn heute benutzen, auch erst seit dem Mittelalter bekannt sein. Die Kraft der Symbolik tritt in Rapport mit dem Unterbewusstsein, auch wenn wir uns dessen überhaupt nicht bewusst sind.
Neben persönlichen Symbolen – eine Katze zum Beispiel bedeutet für jeden etwas anderes – gibt es archetypische, die allgemein gültig sind und die für fast alle Menschen dasselbe bedeuten. Der moderne Mensch reagiert auf bildliche Darstellungen vordergründig anders als die Menschen der Antike und Vorzeit, aber sein Unterbewusstes Ich versteht die versteckten Botschaften der Symbolik, was sich oft in den Träumen der Menschen zeigt. Dort kommen selten Maschine, Bits und Bytes vor, sondern wilde Tiere und Elemente – Ausdrucksmöglichkeiten der Seele, die alle Zeiten eines Menschenlebens vereint und nicht an den linearen Ablauf gebunden ist.
Zwar ändern sich auch Symbole – was früher im Traum vielleicht eine Pferdekutsche war, ist heute ein Bus – aber der Grundgedanke ist immer noch der Gleiche. Wenn man nun eine Tarotkarte betrachtet, braucht man die enthaltene Symbolik nicht gleich zu verstehen, sie spricht trotzdem. Das hängt allerdings auch davon ab, inwieweit die ursprüngliche Bedeutung noch vorhanden ist. Es gibt tausende von sehr schönen Decks, von denen einige moderne außer den Zahlen und Namen nichts mehr mit dem eigentlichen Tarot zu tun haben.
Wie die Karten gestaltet sind, ist gleichgültig, und für welches Deck sich der Käufer entscheidet, bleibt seinem persönlichen Geschmack überlassen – nur darf die Botschaft nicht entstellt sein. Man kann zum Beispiel spezielle "Liebestarots" kaufen oder astrologische Decks – das ist nur eine Geschmacksfrage – denn alles, was man wissen möchte, wird mitgeteilt, gleichgültig ob es sich um Herzensangelegenheiten oder finanzielle Dinge handelt. Man braucht kein Deck für jede Gelegenheit, sondern eines, das man umsichtig ausgesucht hat. Für Anfänger wird meist zum traditionellen Rider-Waite-Deck geraten, da die klaren und ansprechenden Bilder einen leichten Zugang ermöglichen. Das Gleiche gilt für den hinreißend gestalteten Crowley-Tarot. Hat man die Sprache der Karten erst einmal erlernt, kommt man mit fast jedem guten Deck zurecht und kann sich nach rein ästhetischen Gesichtspunkten entscheiden.
Was nun kann der Tarot für uns tun? Die Antwort darauf ist: "Was wollen wir, dass er für uns tut?" Wer einfach einen Satz Wahrsagekarten sucht, so nach dem Motto: "Frollein, da liegt Ihnen ein dunkelhaariger Herr, und daneben ein Prozess, den sie verlieren", der sollte sich vielleicht anderswo umsehen. Es gibt spezielle Orakelkarten, die zur Zukunftsdeutung geschaffen wurden, wie die Karten der Mademoiselle Lenormand oder die so genannten "Kipperkarten". Das bedeutet nicht, dass der Tarot das nicht könnte – er kann es sehr wohl. Aber das ist nicht der Grund, warum man sich mit ihm befasst.
Wenn "Wahrsagen" bedeutet, dass die Wahrheit gesagt wird – dann wird man nicht enttäuscht werden. Wichtiger als die Geschehnisse der nächsten Zukunft ist zuerst die Gegenwart, die Analyse der Situation. Wo stehe ich und warum bin ich an diesen Punkt angekommen? Was wird geschehen, wenn ich mich auf diese oder andere Weise verhalte? Warum gerate ich immer wieder in solche Situationen und wie kann ich den Kreislauf unterbrechen? Ich stehe vor einer Entscheidung und brauche Hilfe. Ich weiß nicht, was ich tun soll in dieser oder jener Angelegenheit.
Der Tarot zeigt auch unangenehme Wahrheiten auf, er sagt eben "wahr". Er ist eine Entscheidungshilfe, ein Analytiker, ein Traumdeuter, ein Ratgeber, eine hervorragende Meditationshilfe, natürlich auch ein Orakel, und tausendmal mehr. Aber er soll auch nicht mehr als eine Hilfe sein – denn die Möglichkeit, etwas zu ändern oder zu tun, liegt nur in uns selbst. Die Karten sind das Medium, die uns die Möglichkeiten aufzeigen, sie sind nicht der Zweck.
Jemand hat einmal gesagt, eine Tarot-Sitzung ist wie ein wohltuendes Gespräch mit einem sehr weisen und sehr machtvollen Freund, der uns genau kennt und uns nicht belügt. Verändern können allerdings letztendlich nur wir selbst alleine oder mit der Hilfe anderer Menschen etwas – der Tarot zeigt uns die Möglichkeiten und Wege dazu auf. Und er kann auch ein Licht auf die kommende Zeit werfen – wir dürfen nur nicht vergessen, dass wir unser Leben täglich selber neu erschaffen und alles in uns liegt.
* * * Ende der Leseprobe aus "Der Tarot – Ratgeber und Entscheidungshilfe" (Tarot-Serie zu unserem Buch) * * *
Erfahren Sie mehr zu den 78 Karten des Rider-Waite-Tarot:
Hier als Buchausgabe erhältlich
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© "Der Tarot – Ratgeber und Entscheidungshilfe": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), Eleonore Radtberger, 2010. Bildnachweis: Magie der Tarotkarten, CC0 (Public Domain Lizenz).
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