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Zwei Schakale heulen den Mond an, der sich in der Nacht zwischen zwei Türmen erhebt. Aus einem Gewässer kriecht ein Krebs – scheinbar will er sich auf den Weg machen und sein Element, das Wasser, verlassen. Der Mond auf der Karte trägt ein Gesicht, ein schönes Frauenantlitz, das die Augen geschlossen hat.
Wasser ist das Element dieses Arkanums, und somit auch die Weiblichkeit. Das Unbewusste, die Träume, die Visionen, die Tiefe der Seele. Wie das Wasser an sich, steht Luna für das Gefühl, nicht den Verstand. In der Antike wurde Sol, die Sonne, als männlich angesehen, und die Gottheiten entsprachen dem. Der sanfte Mond war im Bewusstsein der Menschen weiblich, was sich ebenso in den Mondgöttinnen spiegelt. Noch heute ist in fast jeder Sprache diese Zugehörigkeit manifestiert.
Nun hat das Arkanum mit der Nummer XVIII viel gemeinsam mit dem Wasser – jedenfalls, was die Eindeutigkeit betrifft, oder eher das Fehlen. Eine vom Mond beschienene Wasseroberfläche wurde in alten Zeiten zum "Sehen" benutzt, so wie eine Kristallkugel oder ein Spiegel. Was man sah, war selten klar oder eindeutig – die Bilder vielleicht trügerisch, wie manche Erinnerungen, die wir mit Emotionen färben.
Was uns die Träume zeigen, ist niemals so klar wie ein Film, sie sprechen mit der Symbolik, die ihnen das Unterbewusstsein liefert – aber es ist immer von Vorteil, auf sie zu achten und ihre Sprache verstehen zu lernen. Wie viele Menschen sagen: "Ich träume nie" – dabei hat sich die Erinnerung nur direkt verflüchtigt. Wer es zulässt, erfährt im Traum sehr vieles, das ihm helfen kann, und erfährt womöglich eine genaue Analyse seiner Situation. Denn das innere Auge sieht mehr, als uns bewusst ist.
Dieser Aspekt der Karte ist eine Mahnung an "Kopf- und Verstandesmenschen", auf ihre Psyche zu achten und die Emotionen nicht abschätzig abzutun. Wer Gefühle oder so genannte Intuitionen rundweg ablehnt, hat meist Angst vor ihnen. Das Abgründige, vordergründig nicht Erklärbare und somit Bedrohliche soll vermieden werden. Gerade dadurch entstehen Depressionen, Ängste und auch psychische Störungen.
Der Mensch ist nun einmal kein Rechner, auch wenn das Gehirn ähnlich arbeitet – er ist weitaus mehr. Auf das rein Logische reduzieren ist in der Praxis unmöglich. "Hör auf die Stimme deiner Seele und vertrau deiner inneren Sicht" ist eine Botschaft des Mondes. "Lerne die Botschaften deiner Träume zu entschlüsseln."
Die dunkle Seite Lunas warnt vor übertriebener Sentimentalität, vor Täuschungen. In diesem Sinne kann die XVIII bedeuten, dass jemand versucht, die klare Sicht der Dinge zu trüben, sprich: jemand macht etwas vor. Man wird getäuscht. Ebenso oft allerdings bezieht sich das auf Selbsttäuschung. Wo die Gefühle in Aufruhr sind, wo Ängste, Hoffnungen oder Wünsche übermächtig sind, erschaffen sie Bilder, die als Wahrheit genommen werden, obwohl sie nichts anderes sind als Chimären, die wir selber schaffen.
Man redet sich ein, dass man etwas aus diesem oder jenem Grunde tut oder glaubt, die Gründe des anderen zu kennen. Wir machen uns vor, zu lieben, zu hassen oder steigern uns in Sehnsüchte hinein, die uns eher schaden auf Dauer. Der Mond kann Depressionen und gefährliche Gemütszustände anzeigen. Es geht einfach darum, uns mit dem Element Wasser in seiner Bedeutung für die Gefühle vertraut zu machen. Sich selber kennenzulernen und, so bieder das klingt, Kontakt mit dem inneren Kind und dem Unterbewussten zu halten, schafft eine klare Sicht der Dinge.
Wer seinem Gefühl vertrauen lernt, kann eine Situation vermutlich sehr viel leichter einschätzen. Das innere Auge sieht mehr als bloße Fakten, die zu einer Äußerlichkeit gehören. Manche Spiegel funktionieren nach zwei Seiten – vielleicht fragt sich der Betreffende auch, wem ER etwas vormachen will, wem er die Sicht verschleiern möchte. Und es könnte auch sein, dass der Mond vor allzu viel "Gefühl" warnt, vor der Weigerung, die Dinge im Licht des Tages zu sehen. Gefühlsduselei anstatt echter Gefühle, übersteigerte Sentimentalität anstelle der sensiblen Empfindung, die sich niemals plakativ äußert.
Es ist eine sehr schmale Grenze zwischen den Brackwasser unechter Tränen und dem klaren Quell der Empfindsamkeit. Wer die Wahrheit sucht, wird scheitern an der Wahrnehmung des Einzelnen – die einzige Tür zu ihr führt über das Innere.
* * * Tarot-Karte XVIII: Ende der Leseprobe aus "Tarot – Die Karte Achtzehn: Der Mond" (Tarot-Serie zu unserem Buch) * * *
Der Mond – Lesen Sie mehr zum Thema Rider Waite Tarot:
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© "Tarot – Die Karte Achtzehn: Der Mond": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), Eleonore Radtberger, 2010.
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