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Zwei der Kelche
Es gibt ein großes Arkanum mit dem Namen "Die Liebenden", doch das bezieht sich nicht wirklich auf das, was wir im Allgemeinen mit "Liebe" in Verbindung bringen, nämlich die Herzensangelegenheiten zweier Verliebter. Diese spezielle Seite der zwischenmenschlichen Gefühle wird durch die Zwei der Kelche ausgedrückt.
Die Karte des Rider-Waite-Tarot zeigt ein sehr harmonisches Bild – einen Mann und eine Frau, die jeweils einen Kelch in den Händen halten und sich gegenüberstehen. Beide sind sehr schön gekleidet, im Hintergrund sieht man eine blühende Landschaft und ein Haus – ein Zuhause vielleicht.
Das Paar auf dem Bild ist völlig einander zugewandt – der Jüngling greift nach dem ihm dargebotenen Kelch, als wollte er die Gefäße tauschen. Darauf kommt es auch an, denn das Symbol für Gefühl, der Kelch, wird hier zum Gefäß der Liebe. Zwei Menschen, die sich durch ihre Gefühle miteinander verbinden, sich austauschen und sich einander im anderen finden.
Die beiden Menschen auf der Karte gehen rücksichtsvoll und eher behutsam aufeinander zu, es kann der Anfang einer Liebesbeziehung oder sogar einer reinen Freundschaft sein. Die Karte kann auch auf Seelenverwandtschaft hindeuten, auf eine Verschmelzung, die etwas Neues hervorbringt. Man spricht nicht umsonst von "fruchtbaren Verbindungen".
Wenn sich die richtigen Menschen treffen, können sie Großes bewirken – das gilt für berufliche Partnerschaften ebenso wie für emotionale. Man denke an das Ehepaar Curie – die beiden Forscher waren auf allen Ebenen tief verbunden und leisteten einen sehr großen Beitrag für die Wissenschaft. Für die Literatur war das Zusammentreffen von Simone de Beauvoir und Jean Paul Sartre äußerst fruchtbar, und solche Beispiele gibt es sehr viele.
Auf dem Arkanum schwebt über den beiden Menschen ein roter, geflügelter Löwenkopf – beides, Farbe und Löwe, sind Symbole für das Feuer. Das kann auf die flammende Leidenschaft hindeuten, die entsteht, wenn sich zwei Liebende finden, oder auch auf das Feuer der Begeisterung für eine Sache, die Menschen zusammenführt. Ob Freundschaft oder Liebe, immer ist es ein Austausch zwischen Menschen. Immer ist das Aufeinander-Zugehen wichtig, das sich Öffnen und auch das Vertrauen. Den anderen annehmen und sich nicht verweigern, zusammen etwas Gutes schaffen allein durch die Verbindung – das ist das wahre Miteinander.
Die Karte weist also in jedem Fall auf Beziehungen zwischen Menschen hin. Sie ermuntert dazu, sich wirklich einzulassen, denn in vielen Beziehungen liegt es an mangelndem Vertrauen in sich selbst oder in den anderen, dass es nicht so recht klappen will.
Man muss verstehen, zu nehmen und zu geben, in der Liebe wie in der Freundschaft. Wer allein ist, kann im Auftauchen der Karte eine neue Chance sehen – man muss nur mit offenen Augen die Menschen um sich herum wahrnehmen. Auf jeden Fall rät die Zwei der Kelche dazu, aufeinander zuzugehen und Nähe zuzulassen.
Die beiden auf dem Bild stehen sich offen und vor allem von Gleich zu Gleich gegenüber – das ist das wahre Wesen des Zusammenseins: Zwei mögen verschieden sein, aber niemals ist einer besser als der andere. Was hier fehlt, kommt da hinzu – was da misslingt, geht hier gut – und umgekehrt. Ein Beispiel aus der Welt der Technik: Das duale System besteht nur aus zwei Zeichen, aber damit kann alles ausgedrückt werden.
Zwei der Münzen
Ein ganz in roten Farben gekleideter Gaukler oder Artist jongliert mit zwei Münzen, die mit einem großen Band verbunden sind, das die Form einer großen Acht hat. Die liegende Acht ist eine Lemniskate, das Symbol für Unendlichkeit, und begegnet uns oft beim Tarot.
Der Mann ist konzentriert und beherrscht das Spiel mit den Münzen völlig – er hebt einen Fuß, so als tanze er, während er die Münzen im Gleichgewicht hält. Hinter ihm ist das Meer, man erkennt hohen Wellengang und zwei Schiffe. Ein kleines Boot und eine große Fregatte reiten sozusagen auf den hohen Wellen und trotzen der See. Es ist viel Bewegung auf dem Bild, es wirkt spielerisch und ansprechend.
Der Gaukler scheint keine Schwierigkeiten zu haben, spielt aus seiner Mitte heraus mit dem Band und den Münzen – er hat die Bewegungen im Griff und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. So könnte man das Leben sehen – alles ist immer in Bewegung, nichts ist wirklich konstant. Was heute oben ist, ist morgen unten – und umgekehrt.
Der Ozean des Lebens ist manchmal ruhig und manchmal stürmisch, nichts ist sicher vorherzusagen. Der Mann auf der Karte weiß das, er hat aber seine Mitte gefunden und ist somit nicht der Spielball der Elemente und Strömungen. Er nimmt das Leben an, sein Schiff reitet auf den Wellen oder segelt über spiegelglatte See – er selber ist sein Mittelpunkt.
Und weil er ein Gaukler ist, nimmt er nichts so ernst, dass er nicht einen Schritt zurücktreten könnte, um einen anderen Blickwinkel zu finden. Er spielt mit seinen Möglichkeiten, er variiert und probiert sich aus. Nichts allzu ernst nehmen, sich nicht festlegen lassen oder wollen und flexibel bleiben kann man, obwohl man sich treu bleibt – die Mitte nicht verliert.
Ist man erst festgefahren und erkennt die Möglichkeiten nicht, die sich bieten, verabschiedet man sich vom Leben. Die Beweglichkeit des Gauklers hat nichts von "Mantel nach dem Wind hängen", sie lässt ihn das Leben als Fluss begreifen – oder auch als Ozean – das Bild ist stimmig.
Die Karte warnt vor übereilten, nicht rückgängig zu machenden Entschlüssen und weist darauf hin, dass jede Münze zwei Seiten hat. Es lohnt sich meist nach Alternativen zu suchen. Sich trauen, mit Möglichkeiten zu spielen, kann sehr viele Vorteile haben. Allerdings empfiehlt es sich nicht, mit acht Bällen zu jonglieren, wenn man sie nicht unter Kontrolle hat – das wäre nichts als Leichtsinn.
Der Spieler auf der Karte tut, was er tut, nicht um des Spieles willen, sondern weil er das Leben als ständige Bewegung erkannt hat. Was hier steigt, wird dort sinken – wenn etwas geht, dann wird etwas kommen – Stockung und Fluss wechseln einander ab.
Nutzloses Beharren verschwendet unnötig Kräfte, die anderswo vielleicht sinnvoller eingesetzt werden könnten. Die Hauptbotschaft der Karte könnte man so sehen: Suche nach Alternativen, sei beweglich, aber sei nicht unnötig leichtsinnig. Spiele kein Spiel, dem Du nicht gewachsen bist – entscheide Dich im Sinne Deiner Seele!
* * * Tarot-Karte II Kelche und Münzen: Ende der Leseprobe aus unserem Buch * * *
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© "Die Karte Zwei: Kelche und Münzen": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), Eleonore Radtberger, 2010.
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