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Ehrgeiz ist etwas, das man haben muss – in den heutigen Zeiten sowieso. Das ist so ein Glaubenssatz, den jeder verinnerlicht hat und nach dem so mancher lebt. Ehrgeizig sein bedeutet, jede Gelegenheit zu nutzen und niemals nachzulassen, wenn es darum geht, etwas zu erreichen. Und es gehört tatsächlich zum guten Ton, ehrgeizig zu sein. Sieht man sich viele so genannte Leitfäden zum Erfolg an, so gehört brennender Ehrgeiz zum allerwichtigsten Rüstzeug dazu – ohne diesen geht gar nichts. Also stellt sich die Welt als Tummelplatz für Menschen mit Ambitionen für glänzende Karrieren, Ruhm und besonders hochgesteckte Ziele an. Jedenfalls erweckt es den Eindruck.
Wo aber wären die vielen Menschen mit "gesundem" und auch übersteigertem Ehrgeiz ohne ihre völlig gegensätzlichen Mitmenschen? Da gibt es solche, denen es völlig gleichgültig ist, ob ihre Idee die eigene Signatur trägt und die achselzuckend darüber hinweggehen, wenn sich jemand mit dem Geistesblitz schmückt, den sie selber hatten. Diese Menschen halten die Sache für weitaus wichtiger als persönliche Profilierung – ihnen liegt am Gelingen. Außerdem, wer sich selber seiner Fähigkeiten bewusst ist, kann sich schon hier und da einmal leisten, über ein Plagiat hinwegzusehen, auch wenn es auf eigene Kosten geht. Wer unbedingt mit den Ideen anderer hausieren gehen muss, hat vielleicht selber keine – ungeachtet seines Ehrgeizes. Der Bestohlene allerdings wird wieder den einen oder anderen Einfall haben.
Ehrgeiz kann auch bedeuten, dass alles dem angestrebten Ziel untergeordnet wird, was einige Ratgeber in Sachen Erfolg und Karriere als unabdingbar betrachten. Nun, die Menschen, die diesen Ratschlägen folgen, sind mit Sicherheit ehrgeizig – aber auch zu bedauern, denn neben dem Willen zu Ruhm und Ehre sollte es so etwas wie ein Leben geben. Der Gedanke, dass man sich um eben dieses Leben dann kümmert, wenn man erreicht hat, was man erreichen wollte, ist nicht sehr realistisch. Wahrscheinlich hat man, an der Spitze angekommen, erst recht keine entspannte Minute, um die Seele baumeln zu lassen und unwichtige, aber wunderschöne Dinge zu tun. Wie auch immer – John Lennon soll einmal sinngemäß gesagt haben: "Leben ist das, was geschieht, während du anderes planst." Berechenbar ist nämlich überhaupt nichts.
Die von Ehrgeiz gejagte Assistentin benutzt ihre Intelligenz ebenso wie ihre Ellbogen, um die Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen – und wenn sie es geschafft hat, muss sie Mutterschaftsurlaub nehmen. Im Mitarbeiter-Dschungel werden viele neue Leittiere aufgetaucht sein, wenn sie wieder in die Firma eintritt. Ein ehrgeiziger Manager hat alles, wirklich alles getan, um sich in eine Position zu boxen, auch Dinge, die er lieber vergessen möchte – und dann hat er einen Unfall, der ihn zu monatelangem Aussetzen zwingt, was nichts anderes bedeutet, als bei Null beginnen zu müssen.
Scheint unsere Zeit nicht schneller geworden zu sein, jedenfalls was das Vergessen betrifft? Denn Strukturen in einem Gefüge, wie einer Firma, ändern sich sehr schnell und ebenso schnell passen sich die Beteiligten an. Loyalität für an bestimmte Menschen gekoppelte Innovationen können nicht erwartet werden. Wo jedoch das eigene Porträt in der Eingangshalle der Firma hängt, geht es nicht mehr um Ehrgeiz, sondern um Macht – das ist ein anderes Thema.
Ehrgeiz kann auch ein Dart-Turnier betreffen oder den Kuchen zum Jubiläum. Das ist allerdings eine temporäre Angelegenheit und wird zugunsten anderer Dinge wieder zurückgeschraubt – eine gesunde Sache also. Man hat gewonnen, oder alle loben das Backwerk, und man ist zufrieden bis zur nächsten Herausforderung. Ungesund wird es, hört man die Lobesreden über das leckere Törtchen gar nicht, weil man mit ängstlichen Augen die Erzeugnisse der Konkurrenz betrachtet oder mit den Gedanken schon beim nächsten Familienfest ist, wo jemand den Thron streitig machen könnte. Wenn es soweit kommt, ist der eigentliche Zweck des Ehrgeizes verschwunden und es gerät zu einer Art Zwang. Das kommt sehr oft vor und ist, vor allem im Berufsleben, sehr herzinfarktträchtig.
Es gibt den Begriff des gesunden Ehrgeizes. Dieser beinhaltet jedoch nicht, den schon vor Erschöpfung zusammengebrochenen Gaul – ohne nach links oder rechts zu sehen – mit Gewalt durchs Ziel zu dreschen. Das bringt nichts als Verunsicherung, was die Umwelt betrifft und gewaltige Selbstzweifel – so weit braucht man es nicht kommen zu lassen. Man denke an den Autofahrer, der zur Gefahr für Fußgänger und Tauben wird und mitten in der Stadt mit überhöhter Geschwindigkeit über den Asphalt rauscht ... nur, um an der nächsten Ampel dann doch warten zu müssen. Ehrgeiz ist ein Antrieb, der hochtouriger eingestellt werden sollte, wenn es Sinn macht ... aber ständig so zu fahren, beschädigt den Motor.
© "Mit gesundem Ehrgeiz auf Platz eins": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2010. Illustration: Thomas Alwin Müller, littleART.
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