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Der junge Autor Lucas Friedrich (*1998) lässt den Leser mit seinem Erstlingswerk "Anthrazit" in die Welt der Schatten abtauchen. Der Autor hebt die 16 Kurzgeschichten auf ein neues Level. "Ein Level, das den Leser nicht kalt lässt", wie ein Rezensent schreibt. In der nahen Zukunft ist Europa zerfallen, ein Teddybär erwacht zum Leben und Jack the Ripper spaziert durch New York.
In der San Francisco Bay bekommt der Leser den Liebeskummer in der vollen Breitseite ab, und durch den Kölner Dom sehen wir den drogensüchtigen Protagonisten aus seinem Leben erzählen. Eine Hommage an die Beat Generation ist ebenfalls in der Anthologie enthalten.
Unser Buchtipp: Der 188-seitige Kurzgeschichten-Band "Anthrazit", ist als Taschenbuch sowie als E-Book im Onlinehandel erhältlich. Die einzelnen Geschichten zeichnen sich durch hohe sprachliche Qualität aus.
Ihr Herz schlug langsamer, als sie die Tinte beim Trocknen beobachtete. Das Papier lag bereits seit längerer Zeit auf ihrem Schreibtisch, deshalb war die Farbe auch schon verblasst, aber darauf hatte sie vorher keine Rücksicht genommen. Jetzt störte sie sich jedoch daran. Die Schriftzeichen wirkten karg, das geschriebene Wort hörte sich beim zweiten Mal Lesen stumpf an und ihr Kopf schmerzte mit jedem Satz ein wenig mehr.
Obwohl der Brief keinen besonderen Zweck erfüllte, wollte sie ihn so nicht abschicken. Daher schob sie ihn kurzerhand in eine der Schreibtischschubladen und dachte nach. Auf dem Aschenbecher klebte ein riesengroßes Stück Asche fest, daneben standen zwei kleine Kaffeebecher, die dort wohl schon seit Tagen standen. Es kamen aber immer noch keine Gedanken, obwohl sie versuchte, sich etwas in ihr Bewusstsein zu rufen. Sie hämmerte mit ihren Fingerspitzen auf dem Tisch herum, aber auch das half nichts.
Am Morgen hatte sie sich bereits schwer aus dem Bett unter die Dusche gequält, nur um festzustellen, dass ihr linker Oberschenkel aufgekratzt war und ihr Kopf unaufhörlich pochte. Sie fasste sich an die Stirn, griff unter ihr Shirt und tastete ihre Brüste ab, fand aber auch dort nichts Ungewöhnliches. Die Chance, dass ihre Periode aus dem Nichts aufgetaucht war, fiel somit auch weg.
Im Haus war es so still, dass ihr die Situation bizarr vorkam. Draußen hingen die Wolken vom Himmel herab und zerstörten jegliche Hoffnung auf einen Sommertag mitten im Winter.
Sie schaute sich ihre Handfläche an und fuhr die Spur ihrer Adern bis zum Ellenbogen nach, wo sie schließlich in alle Himmelsrichtungen ihres Körpers verschwanden. Ein Außenstehender hätte meinen können, ihre trägen Bewegungen würden von der Sphäre selbst verschluckt werden, nur um dieses Etwas namens Zeit zu überbrücken, das wie ein dunkles Unheil über ihr schwebte.
Ihr letzter Tagebucheintrag war bereits eine enorme Zeit lang her und es schien ihr unsinnig, an so einem Tag ihre Gefühle niederzuschreiben. Wie sollte sie auch? Gedanken kamen ihr ja nicht einmal welche in den Sinn.
Schließlich loggte sie sich auf der internen Chatplattform ihrer Schwester ein und schaute, wer gerade online war. Fünfzehn Namen tauchten auf. Sie klickte zielstrebig auf Sir Lilith. Sir war bei diesem Namen allerdings irreführend, da es sich um Sarah handelte, ihre zwei Jahre jüngere Freundin.
"Hallo, Sir Lilith", schrieb sie in den Chat. Um die Wartezeit zu überbrücken, holte sie sich unten einen Kaffee und einen Salat. Als sie wieder zurück kam und immer noch keine Antwort gekommen war, fügte sie noch schnell "Edler Ritter meiner Träume und großer Bruder" hinzu. Sie zündete sich eine Zigarette an und wartete, aber Sarah schien vergessen zu haben, dass sie im Chat war.
Sie legte sich ins Bett und wartete. Der Rauch verteilte sich im ganzen Zimmer und lag schwer in der Luft. Wieder zeichnete sie die Linien ihrer Arme nach, diesmal fing sie am Handrücken an und hörte nicht am Ellenbogen auf. Sie berührte ihren Hals, vergewisserte sich, dass ihr Puls noch schlug. ...
Wie es in "Das Mädchen ohne Namen hat ein Kopfproblem" und den anderen tiefgründigen Kurzgeschichten weitergeht, können Sie in "Anthrazit" lesen.
© "Das Mädchen ohne Namen hat ein Kopfproblem": Für Leseprobe und Coverbild zum Kurzgeschichten-Band "Anthrazit" danken wir dem Autor Lucas Friedrich, 05/2018.
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