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Eine einzigartige Gelegenheit sollte die Möglichkeit darstellen, dass Arbeitslose sich etwas dazuverdienen können. Der Ein-Euro-Job wurde aus der Taufe gehoben und sollte Probleme lösen. Das sollte er für alle Beteiligten, vor allem aber für die Kommunen. Natürlich brauchte es eine gewisse Reglementierung, und die wurde tatsächlich erstellt und sah vor, dass diese Art der Beschäftigung ausschließlich als "Nischenbediener" gesehen werden durfte. Es sollte bei der ganzen Angelegenheit um "Zusätzlichkeit" – so das Schlagwort – gehen. Also nur zusätzliche Hilfsarbeiten sollten geleistet werden, und nicht etwa der Arbeitsprozess als ganzer von 1-Euro-Jobbern bewältigt werden. Vor allem sollte es durch diese Maßnahmen nicht zu Kündigungen kommen.
Soweit war das alles klar – die meisten Arbeitslosen freuten sich über die gezahlte "Aufwandsentschädigung" und gingen überall da, wo sie eingesetzt wurden, zur Hand. Die Firmen und städtischen bzw. kommunalen Einrichtungen freuten sich auch, denn für die Betriebe gab es Förderungen und für die anderen gab es saubere Parkanlagen und viele Möglichkeiten zum Sparen. Klar, dass ab da nichts mehr übersichtlich und klar war, sondern sich im Nebel der Irr- und Umwege verlor.
In der Praxis nämlich zeigte sich, dass es viele Möglichkeiten gab, diese Klausel der Zusätzlichkeit zu umgehen. So wurden viele der Jobber zur Stütze ihres "Gastbetriebes", denn viele von ihnen waren durchaus fachlich versiert und hatten eine Ausbildung. Wer nun eine fähige Kraft in der Firma hat, die ebenso arbeitet wie ein normal bezahlter Mitarbeiter, der findet mit Sicherheit einen Weg, um die lieb gewordene Einsparung beibehalten zu können. Und Entlassungen laufen unter vielen Etiketten, wie die Bürger in diesem unserem Land zu ihrem Leidwesen erfahren mussten.
Es kam natürlich, wie es kommen musste: Die Glanzidee der Regierung führte unterm Strich zu einem verdeckten Abbau von Arbeitsplätzen und zusätzlich zu einigen Insolvenzverfahren kleinerer Firmen, die im Bereich "Dienstleistung" tätig waren. Sie konnten nicht mehr unterbieten, hatten Personal, das sie regulär bezahlen mussten und verloren Aufträge. Dafür konnten große Firmen mit gutem "Draht" zu den kommunalen Behörden weitaus mehr Aufträge annehmen – und das, ohne die Preise dramatisch zu erhöhen. Es gab ja diese Ein-Euro-Jobber, die man sich in die Firma holen konnte und wofür man noch bezuschusst wurde. Jeder Bürger konnte diese Entwicklung entweder schon beim Anlaufen der 1-Euro-Ära klar oder wenig später erkennen.
Bei der Bundesregierung ist das Bewusstsein, was dieses Fiasko betrifft, dann auch endlich angekommen und man recherchiert hier und da verstärkt – allerdings Jahre zu spät für viele gewesene Arbeitnehmer und kleine Betriebe. Und die Jobber? Die waren auch nicht unbedingt besser dran. Die wurden zwar benutzt, aber ihre Arbeit nicht anerkannt. Zwar packten sie nicht selten mehr an und arbeiteten ebenso viel und hart wie ihre fest angestellten Kollegen – wurden aber von diesen nicht anerkannt. Natürlich war Angst vor Entlassung ein Grund dafür, aber auch ein völlig fehlgeleitetes elitäres Denken. Die Arbeitnehmer verstanden nicht, dass sie wahrscheinlich nur zufällig auf der vermeintlich sicheren Seite standen und ließen ihren Frust an den "Jobbern" aus.
Die Firmen ließen ein Bewusstsein über gut geleistete Arbeit erst gar nicht aufkommen und taten das ihrige dazu, dass sich niemand von den Arbeitslosen wohl fühlte. Unterm Strich, und ebenso präzise wie einfach ausgedrückt, ging es um modernen Sklavenhandel. Die Jobbörse vermietete Arbeitskräfte an Firmen oder Kommunen, zahlte den Leuten eine kleine Aufwandsentschädigung und kassierte die Differenz. Die Firmen und öffentlichen Betriebe hatten billigste Arbeitskräfte, die keine Ansprüche stellen konnten. Bei Auffälligkeiten konnte man einen Jobber aussortieren, welcher dann mit Kürzungen bestraft wurde.
Da mittlerweile bekannt ist, dass die Legalität der ganzen Angelegenheit oftmals außen vor gelassen wurde, wird es wohl die eine oder andere Untersuchung geben. Und das kostet wiederum Unmengen von Geld. Böse Zungen behaupten ja, dass es eigentlich gar nicht so sehr an Mitteln mangelt – nur an der Kurvenlage der Verteilungsgleise, die dafür sorgen, dass die Summen irgendwo in einem weit geöffneten dunklen Kanal verschwinden und irgendwohin gelangen, wo sie der Allgemeinheit mit Sicherheit nicht nützen. Statt in Ein-Euro-Jobs hätte man auch in Arbeitsplätze investieren können.
© "Ein-Euro-Jobs: Der verdeckte Arbeitsplatz-Abbau. Der moderne Sklavenhandel in diesem unserem Land": Textbeitrag von Winfried Brumma (Pressenet), 2011. Illustration: Thomas Alwin Müller, littleART.
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